Mehrere Windräder stehen auf einem Feld, im Hintergrund tobt ein Gewitter.
Noch hängen dunkle Wolken über den Produzenten von Windkraftanlagen. Dieses Jahr könnte sich die wirtschaftliche Situation leicht verbessern.
IMAGO / Andreas Franke

Anhaltende Probleme mit steigenden Kosten, Zulieferern und mit der Technik: Beim spanischen Windkraftbauer Gamesa läuft es derzeit alles andere als rund. Im aktuellen Geschäftsjahr dürfte das Unternehmen seine Muttergesellschaft Siemens Energy tief in die roten Zahlen drücken. Am Ende der Periode könnte ein Verlust von satten 4,5 Milliarden Euro zu Buche stehen, wie der Konzern am Montag mitteilte.

Gesamte Branche betroffen

Der Vorstandschef von Siemens Energy, Christian Bruch, will die Strategie im Windanlagengeschäft, das seit Jahren für negative Überraschungen sorgt, nun insgesamt auf den Prüfstand stellen. Zwar ist Situation bei Gamesa speziell, allein ist das Unternehmen mit seinen wirtschaftlichen Problemen aber keineswegs. Kaum einer der größeren Windanlagenbauer verdient derzeit Geld.

Neben Gamesa schrieben vergangenes Jahr auch das dänische Unternehmen Vestas, der Hamburger Windanlagenbauer Nordex und die Windanlagentochter von General Electric Verluste von insgesamt fünf Milliarden Euro. Der Ausblick für das laufende Geschäftsjahr ist zwar etwas besser; wenn überhaupt, dürften die vier Unternehmen, die knapp 90 Prozent des Marktes außerhalb Chinas beliefern, jedoch nur leicht in die Gewinnzone rutschen.

Hohe Kosten und Engpässe

Die Gründe für das Schwächeln der Branche sind vielseitig – und eigentlich sollte die Branche ja florieren: Sowohl die USA als auch Europa und China erklären, den Ausbau erneuerbarer Energiequellen ankurbeln zu wollen. Während die Betreiber der Windkraft von den hohen Strompreisen infolge des Ukrainekriegs profitieren, kommen die Anlagenbauer allerdings nur schwer in die Gänge.

Gamesa kämpfte zuletzt vor allem mit Qualitätsmängeln und Schäden an Rotorblättern. Für Garantie- und Wartungskosten musste es deshalb hunderte Millionen Euro an Rückstellungen bilden. Abgesehen davon führt das Unternehmen die Verluste aber auf Gründe zurück, die die Konkurrenz genauso betreffen: Mit Kundinnen und Kunden wurden meist feste Preise vereinbart; jetzt laufen die Kosten für Stahl und Energie davon. Die Branche kämpft zudem nach wie vor mit Lieferengpässen.

Langsame Bewilligungen

Verschärft werden diese Probleme durch langwierige Genehmigungsverfahren: Zwischen der Unterzeichnung eines Kaufvertrags und der Errichtung einer Anlage vergehen oft Jahre, in denen die Produzenten kein Geld sehen. Zwar will die EU Genehmigungsverfahren durch die Widmung von Vorrangzonen für erneuerbare Energien beschleunigen, Investorinnen und Investoren fehlen jedoch oft nach wie vor genaue Zeitpläne.

"Die Hersteller haben damit zu kämpfen, dass Europa einen enormen Ausbau der Windkraft proklamiert, wir uns aber seit zehn Jahren in einer Seitwärtsbewegung befinden und der Markt relativ gleich bleibt", sagt Stefan Moidl, Geschäftsführer bei der IG Windkraft, einer Branchenvertretung. "Das bringt die europäischen Hersteller unter Druck, weil sie oft mit einem größeren Markt rechnen."

Dazu kommt die wachsende Konkurrenz durch chinesische Produzenten – auch bei den Zulieferbetrieben. "In der deutschen Windindustrie sind in den letzten Jahren 60.000 Arbeitsplätze weggefallen, weil die Produktion an außereuropäische Standorte verlegt wurde", sagt Moidl. "Das ist ähnlich wie bei der Solarindustrie, wo das schon vor zehn oder fünfzehn Jahren passiert ist." Wichtig wäre jedenfalls, dass der Ausbau in die Gänge kommt. Davon würden auch die europäischen Anlagenbauer profitieren, ist der Branchenvertreter überzeugt.

Schwieriger Ausblick

Im laufenden Geschäftsjahr rechnen die vier großen Anlagenherstellern damit, Verluste zu schreiben oder nur leicht in die Gewinnzone zu kommen. Vestas erzielte im ersten Quartal zwar unerwartet einen Gewinn, bleibt jedoch bei einer vorsichtigen Prognose von einem Vorsteuergewinn (Ebit) zwischen minus zwei und plus drei Prozent. Sehr ähnlich ist der Vorausblick bei Nordex. Für Siemens' Sorgenkind Gamesa ist eine Rückkehr in die schwarzen Zahlen dagegen noch länger nicht absehbar. (Jakob Pflügl, 7.8.2023)