Wien – Heide Schmidt, Gründerin des Liberalen Forums, schrieb im Jahr 2004 drei Kolumnen, ehe sie sich wieder verabschiedete, und Falcos Der Kommissar ist für die Redaktion der wichtigste Popsong aus Österreich: Das österreichische Popkulturmagazin The Gap feiert Jubiläum. Im Jahr 1997 als Musikmagazin gegründet, erschien kürzlich die 200. Ausgabe des Printprodukts mit dem Charakter einer Wundertüte. Man weiß nie, was man bekommt: Geht es doch von ernsten Themen wie Queer-Feindlichkeit bis zu heiteren wie der Kolumne Sex and the Lugner City.

The Gap, Magazin für Popkultur.
Von der ersten Ausgabe (rechts unten) bis zur 200. (links oben): Schöne Cover pflastern den Weg von "The Gap" – vom reinen Musikmagazin hin zu einem Medium für das gesamte Spektrum von Popkultur.
The Gap/Montage: Der Standard

Inhaltlich ist das Magazin in den vergangenen Jahren viel breiter geworden, subsumiert unter dem Begriff Popkultur: "Das kann von Mode über Architektur bis zu Design und Medien gehen, wobei die Kernbereiche Musik, Film, Bühne und Kunst sind", erklärt Bernhard Frena, der seit dem Jahr 2019 als Autor an Bord ist und seit Anfang 2023 als Chefredakteur fungiert.

Auflage von 20.000 Stück

The Gap erscheint alle zwei Monate als Gratismagazin im Wiener Verlag Comrades. Die Auflage beträgt nach 1.000 Stück zum Start derzeit 20.000. Herausgeber sind Manuel Fronhofer und Thomas Heher, die das Magazin 1997 auch gemeinsam gründeten.

Dass das Geschäftsmodell seit mittlerweile mehr als 26 Jahren rein über die Schiene Werbung funktioniert, mag in Zeiten von sinkenden Werbeerlösen und erodierenden Printauflagen erstaunen. "Das ist dem Verkaufsteam zu verdanken", sagt Frena. Und etwa auch den geringen Personalkosten: The Gap hat derzeit vier Angestellte und greift für seine Geschichten auf ein Netz an freien Journalistinnen und Journalisten zurück. Was sie thematisch eint: Alle Artikel sollten einen Österreich-Bezug haben.

"The Gap"-Chefredakteur Bernhard Frena.
Alexander Galler

Medienwandel hin, Aufmerksamkeitsspanne her, Frena ortet eine Sehnsucht nach kuratierten Medienformen, wie sie The Gap biete: "Ich glaube, viele Leute werden etwas müde von algorithmisch generierten Inhalten." Ein Magazin gebe eine Struktur vor. Es sei schade, dass sich alles nach "massenmedialen Gegebenheiten richten muss, gerade online". Frena: "Was macht das mit den Inhalten, wenn man sie in die Verwertbarkeit von Instagram oder Tiktok presst?"

Überschneidungen mit FM4

The Gap wird gerne als der kleine Bruder von FM4 bezeichnet. Das ist nicht despektierlich gemeint, sondern als Kompliment zu verstehen. Oder auch als dessen Schwester, denn das Magazin gendert seit Jahren konsequent, indem es auf geschlechtergerechte Sprache setzt.

Auch von Hassliebe zu FM4 ist des Öfteren die Rede, wobei die Liebe überwiegen dürfte. "FM4 hat eine Vorreiterstellung in Österreich und bedient ein ähnliches Marktsegment wie wir", sagt Frena im Gespräch mit dem STANDARD.

Der Vergleich hinke aber, denn: "Sie haben ein Vielfaches an Finanzierung und Personalstand, den wir haben." Deswegen versuche The Gap auch, Nischen zu besetzen, die FM4 oder andere offen lassen. Entweder in Form von mehrseitigen Reportagen oder thematisch. "Wir können klar linke politische Positionen beziehen. FM4 macht das zwar implizit, muss aber explizit trotzdem ein breiteres Meinungsfeld abbilden, einfach aufgrund des öffentlich-rechtlichen Auftrags." Grundsätzlich sei FM4 aber "wahnsinnig wichtig für die österreichische Popkulturszene".

Gerade in Sachen Popkultur und Musikjournalismus gebe es noch sehr viel Luft nach oben: "In Österreich wird so viel Popmusik produziert." Was sich aber nicht in der Berichterstattung widerspiegle. Redaktionen würden ausgedünnt, und Portale wie Vice haben sich aus Österreich zurückgezogen. Werbefinanzierte Medien hätten es schwer, räumen doch die Plattformen wie Instagram oder Google einen Großteil der Werbegelder ab. Ein weiteres Manko: Die Musikredaktionen seien klar männlich dominiert.

Förderung fürs Digitale

Das Gratismagazin in ein abofinanziertes Medium umzuwandeln wäre schwer, glaubt Frena. Um es digital fitter zu machen, erhält The Gap eine Digitaltransformationsförderung von 160.000 Euro. Der Anker soll aber Print bleiben. "Die Online-Inhalte sollen die Leute zum Magazin führen." (Oliver Mark, 9.8.2023)