"Ich kann nicht essen, ich kann nicht schlafen, ich beginne zu zittern, wenn ich Pakete sehe", sagt Anca Nitu gegenüber der CBC. Die Frau aus der kanadischen Provinz British Columbia hat von selbigen in der letzten Zeit mehr als genug bekommen, ohne danach gefragt zu haben.

Über 50 Sendungen von Amazon gingen bei ihr ein, keine davon hatte sie davor bestellt. Wer nun denkt, dass sie sich über Gratisprodukte freuen könne, der irrt.

Die Sendungen sorgten bei ihr für Stress, so Nitu. Zum einen werden sie vom Zustelldienst UPS ohne weitere Nachfrage vor ihrer Tür abgestellt, zum anderen verrechnet ihr UPS aber auch die Zollgebühren für die Ware. Und diese summieren sich mittlerweile auf über 300 Dollar.

In den Kartons befinden sich meistens Schuhe, mit denen die Empfängerin gar nichts anfangen kann. Für sie ist nicht ersichtlich, wie sie überhaupt zur Adressatin der Packerlflut geworden ist. Sie vermutet, dass jemand an die Daten ihres schon lange nicht mehr genutzten Amazon-Kontos gelangt sein könnte.

Versand günstiger als Lager

Das Better Business Bureau von British Columbia hat eine Vermutung, was hier vorgehen könnte. Schon in der Vergangenheit ist es vorgekommen, dass Händler aus Übersee retournierte Bestellungen einfach an andere Personen geschickt haben. Das kann sie nämlich häufiger günstiger kommen, als sie in Kanada zu lagern oder entsorgen zu lassen.

Das Vorgehen von UPS könnte laut "The Verge" die Vorgaben der Canadian Border Services Agency verletzen. Auf deren Website heißt es nämlich, dass Logistikdienste Sendungen so lange bei sich behalten müssen, bis die Empfänger die Einfuhrabgaben vollständig entrichtet haben.

Amazon teilte der CBC wiederum mit, dass man "korrigierende Schritte" gesetzt habe, damit Nitu keine unerwünschten Zusendungen mehr von Händlern auf der Plattform erhält. Zudem weist man darauf hin, dass Betroffene Vorfälle über ein Formular auf der Website melden sollen.

Dutzendfach trudelten bei Anca Nitu Pakete von Amazon ein (Symbolbild).
IMAGO/MiS

Wie umgehen mit unerwünschten Zusendungen?

Auch in unseren Breitengraden kommt es vor, dass Amazon-Kunden Lieferungen erhalten, die sie nie bestellt haben. Dabei kann es sich um eine Betrugsmasche namens "Brushing" handeln. Hierbei kaufen Händler Adressdatenbanken oder suchen Adressen in öffentlichen Quellen, um diese für die Generierung von Fake-Bestellungen zu nutzen.

Versandt werden aber nicht die tatsächlich angegebenen Produkte, sondern viel billigere Waren oder überhaupt nur leere Boxen. In Amazons System wird aber eine echte Bestellung vermerkt. Das kann helfen, um ein Produkt aufgrund seiner scheinbaren Beliebtheit vom Empfehlungsalgorithmus öfter anzeigen zu lassen, was wiederum zu mehr echten Verkäufen führt. Wer nicht bestellte Sendungen erhält, so erläutert Amazon, wird zwar gebeten, diese zu melden, muss sie aber nicht zurückgeben.

Auch die deutsche Verbraucherzentrale und die österreichische Arbeiterkammer halten auf ihren Websites fest, dass man grundsätzlich nicht zum Rückversand oder der Bezahlung von Waren verpflichtet ist, die man nicht bestellt hat. Diese kann man behalten oder entsorgen. Eine Ausnahme gilt für Sendungen, bei denen offensichtlich ein Irrtum oder Zustellungsfehler vorliegt. In diesem Falle sollte man den Händler darauf hinweisen. Dieser muss auch die Kosten für eine Rücksendung tragen. (gpi, 10.8.2023)