Menschen in einem Sprühnebel am Praterstern in Wien.
Die nächste Hitzewelle kommt bestimmt. Was bedeutet das für den Arbeitsplatz?
APA/TOBIAS STEINMAURER

Im Gastbeitrag erklären die Juristen Christopher Peitsch und Nina Neumaier, welche Rechte Arbeitnehmer bei hohen Temperaturen haben.

In Europa sind immer häufiger Hitzeperioden zu verzeichnen. Auch in Österreich ist die nächste Welle angebrochen. Steigende Temperaturen am Arbeitsplatz und Auswirkungen auf Urlaubsorte führen nicht zuletzt zu diversen arbeitsrechtlichen Fragestellungen.

Hitzefrei

Eine der drängendsten Fragen betrifft Maximaltemperaturen und hitzefreie Tage. Absolute Höchsttemperaturen gibt es nicht. Geregelt ist nur, dass Arbeitgeber – wenn sie eine Klima- oder Lüftungsanlage haben – dafür sorgen müssen, dass die Raumtemperatur maximal 25 Grad beträgt. Gibt es keine solchen Anlagen, sind sie dazu verpflichtet, sonstige geeignete Maßnahmen zu setzen, um die Temperaturen zu senken. Darunter fallen beispielsweise nächtliches Lüften, die Installation von Abschattungen und Jalousien oder Ventilatoren und das Zurverfügungstellen von Getränken.

Strengere Regeln können sich für bestimmte vulnerable Gruppen (zum Beispiel für Schwangere, Personen mit Herzkreislaufproblemen etc.) aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergeben. Diese verpflichtet den Arbeitgeber dazu, Gesundheit und Leben der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu schützen. An heißen Sommertagen kann es daher im Einzelfall geboten sein, für diese besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmer zum Beispiel Homeoffice oder mehrere Pausen vorzusehen.

Unabhängig von der Temperatur besteht – mit Ausnahme bestimmter Branchen (zum Beispiel Bau) – kein Anspruch auf eine hitzebedingte Dienstfreistellung unter Fortzahlung des Entgelts. Der Arbeitnehmer riskiert daher eine Entlassung, wenn er der Arbeit bei großer Hitze fernbleibt oder früher aufhört.

Dresscode

Bestehende Kleidungsvorschriften werden durch Hitze nicht ausgehebelt. Der Arbeitgeber kann kurze Hosen, Flipflops oder Miniröcke auch im Hochsommer untersagen. Dies gilt insbesondere bei Kundenkontakt und der Notwendigkeit eines vertrauenerweckenden Auftretens. Sollte der Arbeitgeber – zum Beispiel aus seiner Fürsorgepflicht heraus – die Kleidungsvorschriften bei Hitze lockern wollen, kann er das nur insofern, als diese nicht gesetzlich geboten sind. Nicht aufweichbare Verpflichtungen bestehen etwa wegen des Arbeitnehmerschutzes (zum Beispiel beim Tragen von Sicherheitskleidung) oder Hygienevorschriften (zum Beispiel im Gesundheitsbereich oder in der Gastronomie).

Arbeitszeit und Siesta

Bei hohen Temperaturen leiden die Arbeitsleistung und die Konzentrationsfähigkeit der Arbeitnehmer. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer könnten daher erwägen, die Arbeitszeit in die kühleren Morgen- oder Abendstunden zu verlegen oder durch eine längere Pause in Form einer Siesta zu unterbrechen. Einseitige Änderungen sind aber schwierig, da Beginn und Ende der Arbeitszeit samt Pausen grundsätzlich im Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgelegt werden müssen.

Einseitige Gestaltungen durch den Arbeitnehmer sind möglich, wenn es zum Beispiel eine Gleitzeitvereinbarung gibt. Diesfalls können Arbeitnehmer Arbeitszeiten im Rahmen des Gleitzeitrahmens und allfälliger Kernzeiten sowie unter Berücksichtigung der betrieblichen Interessen frei festlegen und an die hohen Temperaturen anpassen. Einseitige Eingriffe durch den Arbeitgeber sind vorstellbar, wenn ein Änderungsrecht vorbehalten wurde und weitere Voraussetzungen erfüllt sind. So muss die Änderung etwa aus objektiven, in der Art der Arbeitsleistung gelegenen Gründen sachlich gerechtfertigt sein, berücksichtigungswürdige Interessen des Arbeitnehmers nicht entgegenstehen (z. B. familiäre Betreuungspflichten) und eine zweiwöchige Vorankündigungsfrist eingehalten werden.

In vielen anderen Fällen ist aber Einvernehmen notwendig. Jedenfalls sind gesetzliche Ruhezeiten zwingend einzuhalten. Auch kollektivvertragliche Vorgaben zu Lagezuschlägen (zum Beispiel für Arbeiten ab 20 Uhr etc.) sollten beachtet werden.

Urlaub und Waldbrände

Mit Hitzewellen gehen derzeit auch Waldbrände an beliebten Urlaubsdestinationen einher. Arbeitsrechtlich können sich Probleme ergeben, wenn Arbeitnehmer am Urlaubsort festsitzen oder den Urlaub doch nicht antreten wollen.

Grundsätzlich handelt es sich bei einem Naturereignis, das den Arbeitnehmer an der Erbringung der Arbeitsleistung hindert, um einen Dienstverhinderungsgrund. Kann der Arbeitnehmer die Rückreise nicht antreten, hat er dennoch Anspruch auf Entgelt. Zusätzlicher Urlaub oder Zeitausgleich müssen trotz Abwesenheit nicht verbraucht werden. Auch eine Entlassung ist nicht möglich. Voraussetzung ist, dass eine Rückreise tatsächlich nicht möglich ist und es auch keine anderen Varianten zur Erbringung der Tätigkeit gibt. Der Arbeitgeber sollte jedenfalls unverzüglich informiert werden.

Wollen Arbeitnehmer den vereinbarten Urlaub aufgrund eines Waldbrandes am Urlaubsziel nicht antreten, ist ein Rücktritt von der Urlaubsvereinbarung denkbar. Grundsätzlich können beide Parteien von einer Urlaubsvereinbarung nur zurücktreten, wenn wichtige Gründe vorliegen, die den Urlaubsverbrauch unzumutbar machen. Auf Arbeitnehmerseite müssen Gründe bestehen, die den Erholungszweck des Urlaubs stark beeinträchtigen. Ein hitzebedingtes Naturereignis am Urlaubsort wird in der Regel nicht ausreichen, da der Erholungszweck auch in Österreich oder durch eine Reise an ein anderes Reiseziel erfüllt werden könnte. Damit ein Urlaubsrücktritt möglich ist, müssten gewichtige Gründe auch gegen eine andere Nutzung des Urlaubs sprechen. Einvernehmlich ließe sich freilich vereinbaren, dass der Urlaub nicht verbraucht wird. (Christopher Peitsch, Nina Neumaier, 12.8.2023)