Die inoffizielle Ausschreibung steht schon auf der Homepage der rechten Heritage Foundation: Interessierte können sich für einen Job in einer möglichen Trump-Regierung ab 2025 bewerben: "Mit den richtigen konservativen Politikempfehlungen und sauber ausgewähltem und geschultem Personal werden wir uns die Regierung zurückholen." Auf einem Fragebogen muss man neben der eigenen Haltung auch Auskunft über politische Vorbilder und Bücher geben. Dann soll man einige Thesen gutheißen oder ablehnen. "Der Präsident muss seine Agenda ohne Behinderung durch ungewählte Bürokraten umsetzen können", lautet eine.

Trump macht Faust.
Im Wahlkampf ist Donald Trump in seinem Element. Analysten sehen ihn bereits jetzt auf einem "Rachefeldzug".
EPA/ALEX WROBLEWSKI

Die erste Amtszeit von Donald Trump hatte 2017 mit einer aberwitzigen Mischung aus Drama, Inkompetenz und Chaos begonnen. Weder inhaltlich noch personell war der Reality-TV-Star auf den Präsidentenposten vorbereitet. Politische Konzepte gab es nicht.

Eilig umgab sich der narzisstische Rechtspopulist mit Generälen und Geschäftsleuten, die ihm Seriosität verleihen sollten. Ein fataler Irrtum – auch aufseiten des befreundeten Auslands, das auf "die Erwachsenen" im Kabinett vertraute: Weder Ex-Manager Rex Tillerson als Außenminister noch die vormaligen Generäle James Mattis als Verteidigungsminister und John Kelly als Stabschef überlebten lange. Tillerson sei "dumm wie Brot", Mattis "total überbewertet" und Kelly mit einem "sehr kleinen Gehirn" ausgestattet, befand das selbsternannte Genie Trump.

Detaillierte Vorplanungen

Die Wiederholung solcher Chaostage wollen der Ex-Präsident und einflussreiche Strippenzieher in seinem Umfeld nun unbedingt verhindern. Fast alles spricht, trotz Gerichtsverfahrens, dafür, dass die Republikaner 2024 erneut mit Trump antreten werden. Für den Fall seines Sieges bereitet man sich vor: Hunderte Politstrategen und Berater arbeiten in Trumps Team und bei rechten Denkfabriken an Blaupausen für die ersten Regierungsmonate. Sie verfassen Papiere, knüpfen Kontakte und überprüfen mögliche Kandidaten für Ministerien und Bundesbehörden.

"Bei früheren Wahlkämpfen haben die Präsidentschaftskandidaten im späten Frühling des Wahljahres begonnen, die Machtübernahme zu planen. Das ist zu spät", sagt Paul Dans, der in der ersten Trump-Regierung für die Personalplanung zuständig war: "Wir wollen am 20. Jänner 2025 zum Regieren bereit sein." Dans leitet bei der Heritage Foundation das "Project 2025".

Das ultrarechte Center for Renewing America unter Russ Vought hat einen Budgetentwurf vorgelegt, der die Mittel für die Steuerverwaltung und Rechtsterrorismusbekämpfung drastisch kürzt. Und das America First Policy Institute unter Leitung von Brooke Rollins umreißt Leitlinien für praktisch alle Politikfelder.

Grenzenloser Machthunger

Dass Trump einen der Wälzer je lesen wird, ist so gut wie ausgeschlossen. Außerdem ist der 77-Jährige viel zu sehr mit seinen Strafverfahren und sich selbst beschäftigt. Doch die Konzepte passen auf fatale Weise zur narzisstischen Persönlichkeit und zum grenzenlosen Machthunger. Sie laufen auf eine massive Konzentration der Macht im Oval Office, eine weitgehende Entmachtung der Institutionen und ein Ende des bewährten Systems der "Checks and Balances" hinaus.

"Das große Thema einer zweiten Trump-Präsidentschaft wird Rache sein", glaubt Geoffrey Kabaservice: "Rache am liberalen Establishment und an allen seinen Feinde." Kabaservice arbeitet als Direktor für politische Studien beim kleinen Niskanen Center. Die moderat-konservative Denkfabrik fühlt sich marktliberalen Werten verpflichtet. Das unterscheidet sie von manchem progressiven Institut in Washington.

"Extrem zerstörerisch"

"Mich beunruhigt, dass Trump dieses Mal die Regierung besser im Griff haben wird", sagt Yale-Absolvent Kabaservice: "Er wird sich nicht am republikanischen Establishment orientieren, das beim letzten Mal seine schlimmsten Impulse zurückhielt. Wenn der Mann seine Fantasien wirklich umsetzen kann, ist das extrem zerstörerisch und gefährlich für die USA und die ganze Welt."

Tatsächlich lesen sich die Vorhaben der America-First-Ideologen für ein liberales Publikum wie ein Horrorroman: Trump will die Putschisten vom 6. Jänner 2021 begnadigen, die Mauer zu Mexiko vollenden, Steuersenkungen für Reiche dauerhaft festschreiben, ausländische Unternehmen mit Strafzöllen belegen und mutmaßlich aus der Nato austreten. Und den Ukraine-Krieg, brüstet er sich regelmäßig, werde er "in 24 Stunden" beenden.

Fatal sind die Vorhaben in der Klima- und Energiepolitik. "Wenn ihr Geld für elektrische Autos ausgeben wollt, dann investiert besser in ein Abschleppunternehmen", donnerte Trump in Pennsylvania – seine Anhänger johlten. Seine Pläne sehen die Aufhebung zahlreicher Auflagen für die Emission von Treibhausgasen vor. Praktisch alle Programme zur Förderung sauberer Energien, einschließlich der Milliardensubventionen durch das Klimapaket, sollen gekippt und die Arktis für die Ölkonzerne geöffnet werden. Zielvorgaben zur Senkung der Treibhausgase finden sich im "Project 2025" nicht.

Die USA, eine künftige Autokratie?

Am dramatischsten aber klingen die Pläne für eine Ausweitung der präsidialen Macht, die die USA bedenklich in die Nähe autokratischer Regime rücken würde. Der von Trumps einstigem Chefideologen Steve Bannon verkündete "Abriss des Verwaltungsstaats" soll in einer zweiten Amtszeit angegangen werden. Paul Dans, Vordenker von "Project 2025", beklagt den "langen Marsch des kulturellen Marxismus" durch die Institutionen: "Die Regierung ist zu einem Koloss geworden, der gegen amerikanische Bürger und konservative Werte kämpft. Unsere Freiheiten sind eingeengt wie nie zuvor."

Damit soll nun Schluss sein. Der ideologische Kampf gegen den starken Staat paart sich mit Trumps persönlichem Interesse, jede Begrenzung seiner vermeintlich absoluten Macht (bis hin zur Strafverfolgung) zu verhindern. "Jeder, der Zweifel an Trumps Vorhaben äußert, muss deshalb ein linksradikaler Aktivist sein", warnt Kabaservice.

Am Beginn einer zweiten Präsidentschaft soll deshalb eine gigantische Säuberungsaktion in den Ministerien und Behörden stehen. "Wir werden den Deep State zerstören", kündigte Trump an: "Wir werden die Kriegstreiber und Globalisten aus unserer Regierung werfen. Wir werden die Kommunisten, Marxisten und Faschisten vertreiben. Und wir werden die kranke politische Klasse herausschmeißen, die unser Land hasst."

Den Hebel dazu liefert das von Trump im Oktober 2020 unterzeichnete Dekret "Schedule F", das von seinem Nachfolger Joe Biden kassiert wurde und nun wiederbelebt werden soll: Es ermöglicht die Entlassung aller Bundesbediensteten, die auf irgendeine Weise an der Umsetzung der Regierungspolitik beteiligt sind. "Trump glaubt, als Präsident machen zu können, was er will", sagt Kabaservice: "Deswegen sollen Leute, die ihren Job aufgrund ihrer Kompetenz bekommen haben, ersetzt werden durch solche, deren Qualifikation eine absolute Loyalität zu Trump ist."

In seiner zweiten Amtszeit würde sich Trump so immer mehr zum imperialen Herrscher entwickeln. Mit Sicherheit dürfte er das Justizministerium, dessen Chefs ihm trotz ultrakonservativer Gesinnung in der ersten Amtszeit gelegentlich widersprachen, komplett unter seine Kontrolle bringen und die Politisierung der Streitkräfte vorantreiben. "Trump First" wäre überall das Motto. Auf militärischen Beistand der USA könnte sich der Westen dann wohl nicht mehr verlassen.

Kabaservice hofft immer noch, dass es im US-Kongress genügend vernünftige republikanische Stimmen gibt, die helfen, das Allerschlimmste zu verhindern. Aber sicher kann man nicht sein: "Es ist an der Zeit, dass unsere europäischen Verbündeten ein Worst-Case-Szenario entwickeln." (Karl Doemens aus Washington, 14.8.2023)