Angefangen hat es mit einem Onlinerollenspiel namens "Tera". Gelobt für seine Dungeons und sein skillbasiertes Kampfsystem konnte das 2011 in Südkorea und Japan sowie 2012 in Nordamerika und Europa veröffentlichte Game der Bluehole Studios aber zunächst die Erwartungen nicht erfüllen. Man reduzierte Server und stellte das ursprünglich kostenpflichtige Zugangssystem auf Free2Play um. Ein Schritt, der sich rentierte.

Jahrelang verdiente man gutes Geld mit dem Titel, ehe nachlassendes Interesse 2022 schließlich das Ende des Games besiegelte. In dieser Zeit hat sich Bluehole gewandelt. Aus einem Studio, das ein MMORPG pflegt, ist ein Spielekonzern beachtlicher Größe erwachsen, der heute unter dem Namen Krafton firmiert und aus Seongnam in den Geschäftsbezirk Gangnam in Seoul gezogen ist. DER STANDARD hat die Gelegenheit genutzt und dem Unternehmen einen Vor-Ort-Besuch abgestattet.

Besuch bei Krafton in Seoul
Krafton residiert in sieben Stockwerken des Centerfield East Tower in Gangnam, Seoul. Die Aussicht von dort ist fantastisch.
DER STANDARD/Pichler

Von der "Arma"-Mod zum Erfolgsspiel

Die Basis für die Krafton-Holding, deren Ursprünge immer noch an der unter seiner Flagge operierenden Bluehole Studios erkennbar sind, haben nicht nur Investoren gelegt, sondern vor allem der Erfolg eines Games. Nämlich "Playerunknown’s Battlegrounds", so der ursprüngliche Name, heute besser bekannt als "PUBG".

Für dessen Entwicklung tat man sich mit Brendan Greene zusammen. Dieser hatte für die Militärsimulation "Arma 2" und "Arma 3" per Modifikation einen neuartigen Spielmodus umgesetzt. "Battle Royale", jeder gegen jeden, alleine oder im Team, wobei man sich die Ausrüstung nach dem Start erst zusammenklauben muss. Eine durch einen immer kleiner werdenden Kreis schrumpfende Spielfläche führt die verbliebenen Teilnehmer immer weiter zusammen, bis ein Sieger gekürt ist.

Bei Bluehole sah man den Erfolg und das Potenzial in dieser Idee und überredete Greene, nach diesem Konzept gemeinsam ein eigenständiges Spiel zu machen. "PUBG" debütierte schließlich im März 2017 als Early Access-Game. Trotz so mancher früher Gebrechen wurde der Multiplayer-Shooter ein Hit und zog in den folgenden Monaten eine riesige Menge an Spielern in seinen Bann.

PLAYERUNKNOWN'S BATTLEGROUNDS - Steam Early Access Launch Trailer
Der Early Access-Launchtrailer von PUBG aus dem Jahr 2017.
PLAYERUNKNOWN'S BATTLEGROUNDS

Im Jänner 2018 wies die Spieleplattform Steam dem Game über 3,2 Millionen Teilnehmer aus, die gleichzeitig in "PUBG" online waren. Bis heute ist das ein Rekord auf der Plattform, Platz 2 hält der Dauerbrenner "Counterstrike: Global Offensive" deutlich abgeschlagen mit 1,8 Millionen gleichzeitigen Spielern im vergangenen Mai.

Es ist nicht die einzige Bestmarke, die das Spiel brechen sollte, ein Regal voller Zertifikate am Ausgang der Krafton-Cafeteria zeigt noch andere von Guinness anerkannte Meilensteine. Dazu kommen Lego-Nachbauten von Spielkarten und eine Bärenfigur mit dem PUBG-typischen "Level 3"-Helm. Sie ist das Maskottchen der Kakao Corporation, deren Plattformen in Korea sehr beliebt sind und dessen Games-Abteilung auch den nationalen Vertrieb von "PUBG" übernommen hat.

Prominente Namen

Der Erfolg spülte nicht wenig Geld durch den Verkauf des Spielens und später auch durch kosmetische Inhalte und Season Passes in die Kassen des Herstellers. 2018 wurde schließlich Krafton als Dachfirma gegründet und in weiterer Folge die Entwicklung von PUBG an eine eigenständige Tochter, die PUBG Studios (vormals PUBG Corporation) übertragen.

Besuch bei Krafton in Seoul
Die PUBG-Rekorde-Sammlung.
DER STANDARD/Pichler

Und das Geld wurde nicht nur in die Weiterentwicklung des hauseigenen Toptitels gesteckt, sondern auch in die Ausweitung der Geschäftstätigkeiten. 10 Studios gehören nun insgesamt zu Krafton, darunter auch Hersteller namhafter Titel. Da wäre etwa Unknown Worlds Games, das man für "Subnautica" kennt. Oder Striking Distance Studios, geführt von Branchenveteran Glen Schofield, dessen erster Titel "The Callisto Protocol" im Dezember zu überwiegend positiver Rezeption erschien.

In Kanada arbeitet derweil Krafton Montreal an "The Bird That Drinks Tears", einem Abenteuer, das Spieler in die mythologisch inspirierte Welt des gleichnamigen Buches des koreanischen Autors Lee Yeongdo entführen soll. Die Leitung des Studios hat Patrik Méthé inne. Ebenfalls kein Noname. Er wirkte zuvor bei Ubisoft an "Rainbow Six" und "Splinter Cell" mit, ehe er als Game Director die Entwicklung der "Far Cry"-Reihe verantwortete.

Besuch bei Krafton in Seoul
Im Eingangsbereich der Cafeteria finden sich Lego-Hommagen an "PUBG"- und "PUBG Mobile"-Maps.
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Mobile Monetarisierung

Mobile Gaming hat man ebenfalls nicht verschlafen. Mit "PUBG Mobile", das man allerdings nicht selbst entwickelt, und der Inhouse-Produktion "New State Mobile" bedient man auch hier das Shooter-Publikum. Firmen wie 5minlab oder Dreamotion widmen sich exklusiv dem Spielvergnügen auf Smartphones und Tablets.

Ein solches Game ist auch der wichtigste neue Release in diesem Jahr für Krafton. Er nennt sich "Defense Derby", kommt vom Studio RisingWings und ist vor wenigen Tagen gestartet. Es mischt das Konzept von kartenbasierten "Autobattlern" wie "Teamfight Tactics" mit Tower Defense und einem Auktionssystem. Runde für Runde versucht man, unter Beachtung von Kombinatonsboni eine Truppe an Kämpfern zu rekrutieren, die ihre Festung länger als andere gegen anstürmende Monster verteidigen soll.

Defense Derby is NOW AVAILABLE GLOBALLY! 🌍
Bei Krafton erhofft man sich viel vom Mobile Game "Defense Derby".
Defense Derby

Im Kurztest zeigt sich das Game als durchaus interessant und kurzweilig. Ein großes Fragezeichen hängt aber über der Monetarisierung. Denn die einzelnen Einheitenkarten lassen sich über eine Ingame-Währung, die man beim Spielen verdient, aufleveln. Wer echtes Geld einwirft, kommt über Angebote im Store aber nicht nur schneller an neue Karten, sondern auch an mehr Ressourcen für solche Level-ups. Ein gewisser Pay2Win-Einfluss lässt sich damit schwer abstreiten.

Finanziell funktioniert das Gesamtgerüst für Krafton bislang gut. Für 2022 meldete man einen Gesamtumsatz von umgerechnet knapp 1,5 Milliarden Dollar, wovon fast 400 Millionen Dollar als Reingewinn ausgewiesen werden. Damit ist man in Schlagdistanz zu NCSoft, einem anderen koreanischen Spieleriesen, der MMOs wie "Guild Wars", "Lineage" und "Blade & Soul" betreibt. Dessen Geschäftsbericht weist knapp 2 Milliarden Dollar Umsatz und 340 Millionen Dollar Gewinn aus.

Besuch bei Krafton in Seoul
Das Gaming-Café im Krafton-Hauptquartier.
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Die eigenen Mitarbeiter, so sagt eine Pressesprecherin von Krafton, sind auch angehalten, während der Arbeitszeit zu spielen, um Inspiration zu sammeln. Dafür gibt es in der Firmenzentrale ein Gaming-Café mit PCs und Konsolen-Eck. Beim Besuch an einem frühen Freitagnachmittag war dort allerdings niemand anzutreffen. Das erklärte man damit, dass die meisten Angestellten an Freitagen aus dem Homeoffice arbeiten können und diese Möglichkeit auch mehrheitlich wahrnehmen.

Zeichen der Zeit

An Zukunftsplänen mangelt es Krafton jedenfalls nicht. Neben neuen Spielen für PC, Konsole und Mobilgeräte tüftelt man auch an einem Metaverse-Projekt und der Implementation von fortgeschrittener KI auf verschiedenen Ebenen. Auch im Bereich der Erkennung von Cheatern – ein Problem, dass man auch in "PUBG" zur Genüge kennt – verspricht man sich damit große Fortschritte.

Besuch bei Krafton in Seoul
DER STANDARD/Pichler

Der Hype um das Spiel ist auf PC und Konsole mittlerweile abgeflaut und schwindende Spielerzahlen führten Anfang 2022 zum Wechsel auf ein Free2Play-Modell. Damit konnte man den Abwärtstrend aufhalten und nach eigenen Angaben 45 Millionen neue, aktive Teilnehmer hinzugewinnen. Mit einem Schnitt von 170.000 gleichzeitig aktiven Spielern pro Tag ist man zwar weit entfernt von der einstigen Rekordmarke, trägt aber immer noch gut ein Viertel des Konzernumsatzes bei.

Die Cashcow ist aber längst "PUBG Mobile", an dem man als Markeninhaber kräftig verdient. Alleine eine Milliarde an Umsatz brachte der Titel im vergangenen Jahr für Krafton ein. Man folgt den Zeichen der Zeit. Wird bei uns vielfach noch die Nase über Mobile Games gerümpft, sind Smartphones und Tablets in den bevölkerungsreichsten Teilen der Welt längst zur Spieleplattform Nummer 1 geworden. (gpi, 15.8.2023)