Das Wortspiel zum Schluss drängt sich auf: Gemein fänden manche privaten Grundbesitzerinnen und Pächter den "Gemeingebrauch" für öffentliche Seen, den das Wasserrechtsgesetz vorschreibt. Denn er führt dazu, dass alle Menschen einen Uferstreifen zum Baden und Sonnen nutzen können. Und das sorgt doch für einiges Konfliktpotenzial. Wer will zum Beispiel schon für einen Streifen Pacht zahlen, der allen offensteht, und womöglich noch deren Müll wegräumen?

Für die Story geht der "Eco"-Moderator und Vorsitzende des ORF-Redaktionsrats schon einmal ins Wasser – mit den Füßen im Wörthersee moderiert er das "Eco Spezial" an.

"Eco"-Moderator Dieter Bornemann hat am Wörthersee einen Seezugang gefunden – und ihn gleich genutzt.
ORF Eco Spezial Screenshot

Martin Steiner und Lisa Lind haben für "Neue Ufer: Sind unsere Seen weniger privat als angenommen?" (Donnerstag, 22.30, ORF 2) einige Monate recherchiert, viele größere öffentliche Gewässer wie Wörthersee, Attersee, Wallersee und Bodensee besucht, mit Anrainern, Pächtern, Immobilienmaklern, Bürgermeistern und Badenden gesprochen. Und einige recht originelle Korrespondenz mit Bezirkshauptmannschaften (BH) geführt.

BH privatisiert Salzburger Seen komplett

Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung erklärte dem ORF-Wirtschaftsmagazin zum Beispiel in einem Schreiben durchaus überraschend, dass Salzburger Seen in öffentlichem Besitz gar keine öffentlichen Gewässer, sondern privat seien. Für privat erklärte die Behörde in dem Brief den Grabensee, den Mattsee, den Obertrumer See, den Wallersee, den Fuschlsee und den Wolfgangsee. Origineller wurde das Amt, als "Eco" noch einmal nachfragte, ob das denn sein Ernst sei: Im nächsten Schreiben war demnach nicht mehr die Rede von privaten Seen – aber im Ergebnis sei das ja egal, weil es ohnehin praktisch keinen öffentlichen Zugang zu den Seen gebe.

"Bin ich der einzige Depp?"

Das Recht auf Gemeingebrauch auch auf privaten Grundstücken oder gepachteten Seeufern gilt auf der Fläche vom höchsten regelmäßigen Wasserstand bis zum aktuellen Wasserstand; der ist im Sommer üblicherweise niedriger als im Frühjahr und lässt ein Stückchen Ufer frei, wo jede und jeder rechtlich gesehen sein Handtuch ausbreiten, sich sonnen, picknicken und baden gehen kann. Das bestätigt etwa der Wiener Rechtsanwalt Wolfram Proksch – und rechnet mit einigem Potenzial für Rechtsstreit, wenn der Streifen durch klimabedingte Hochwässer und Trockenphasen immer größer wird: "Diese Streitigkeiten werden wir sehen", sagt Proksch. Er hat auch ein gewisses Verständnis für Grant von Pächtern über den Gemeingebrauch: "Bin ich der einzige Depp, der dafür zahlen muss und vielleicht noch den Dreck wegräumen muss? So ein Verfahren wäre sicher interessant."

"Na, selbstverständlich wissen das die Pächter!"

Den Gemeingebrauch bestätigt in "Eco Spezial" auch der zuständige Manager der Bundesforste, Gernot Strasser: "Genau, ja, stimmt. Den unmittelbaren Uferbereich, der regelmäßig vom Wasser überspült wird, das erkennt man daran, dass fast keine Vegetation da ist, den können Sie betreten im Rahmen dieses Gemeingebrauches." Und wissen das die Pächter? "Natürlich weiß der Pächter, dass das Wasser an sich nicht vom Pachtvertrag umfasst ist. Das ist im Vertrag enthalten." Und weiß er auch, dass das Ufer betreten werden darf? "Na, selbstverständlich." Ein Pächter am Wallersee weiß in "Eco" vom Recht auf Gemeingebrauch, aber dass er für den Bereich Pacht zahlen muss, dafür hat er wenig Verständnis.

Vorarlberger Beispiel

In Vorarlberg und seinem Anteil am Bodensee sorgt die Debatte über öffentlichen Seezugang für Unverständnis: Dort bestimmt ein Landesgesetz, dass zehn Meter um das Gewässer frei für alle zugänglich und nutzbar sein müssen. So geht's also auch – ins Wasser. (fid, 17.8.2023)