Neymar als Teufel
Neymar schämt sich seiner Unterschrift für Al-Hilal nicht.
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Neymar hat die Qual der Wahl. Das Stadion von Paris Saint-Germain könnte der 31-Jährige von seinem künftigen Gehalt in Saudi-Arabien kaufen, oder gleich alle Spieler der Topklubs Flamengo und Palmeiras. Auch für zwölf Rolls-Royce Boat Tail, das teuerste Auto der Welt, würden die 320 Millionen Euro reichen (Vollkasko inklusive), die Neymar in zwei Jahren beim saudischen Klub Al-Hilal verdienen wird, rechnete die brasilianische Zeitung Lance vor. Wobei Neymar standhaft bleibt, ein eigenes Stadion fällt nicht in sein Beuteschema.

"Der Gesamtbetrag ist so hoch, dass man kaum eine Vorstellung davon bekommt, was man mit diesem Geld machen kann", schrieb Lance und erwähnte, dass Neymar 330 Euro pro Minute erhält – selbst wenn er schläft. Es sind Zahlen wie diese, die Neymars Karriere prägen. Die Rekordsumme von 222 Millionen Euro, die PSG im Jahr 2017 an den FC Barcelona zahlte, kleben als Preisschild noch immer an ihm. Mit sportlichen Bestmarken wird der Torjäger dagegen kaum in die Geschichte eingehen, sein Wechsel in die Wüste zementiert dieses Bild eher noch.

Marke statt Sohn

In der Heimat wächst daher auch die Kritik. "Zu Al-Hilal zu gehen wird ein ewiger Fleck in der Karriere von Neymar sein", schrieb Globo Esporte , die Zeitung Folhade S. Paulo nannte Neymar ein "weiteres Beispiel für das Sportwashing-Projekt" Saudi-Arabiens. Sein Vater und Berater Neymar Santos Sr. werde über den Deal "glücklicher sein als ein Beduine am Wasserfall", schrieb die Zeitung über den Mann, der seinen Filius "eher als Marke denn als Sohn" bezeichne.

War es das mit den sportlichen Ambitionen? Bisher hat Neymar den Olympiasieg 2016 und den Champions-League-Triumph 2014/15 mit Barça zu bieten. Hinzu kommen diverse Titel mit dem aus Katar finanzierten Abo-Meister Paris. Mit 77 Toren ist er gleichauf mit Pelé Brasiliens Rekordtorschütze. Keine unterirdische Bilanz, doch auf einer Stufe mit Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi wird Neymar eben nur finanziell stehen. Bei aller Kritik und Häme darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass er durchaus gerne in Europa geblieben wäre, aber schlicht keine Angebote erhielt. Und so war Al-Hilal die einzig Möglichkeit, aus dem bis 2027 laufenden Vertrag in Paris herauszukommen. Al-Hilal zahlte aus der Portokasse 90 Millionen Euro Ablöse.

Neymars Plan sieht vor, in zwei Jahren nach Europa zurückzukehren, um sich noch einmal für eine WM zu empfehlen. Das kann, muss aber nicht klappen, als besserer Fußballer wird er die Wüste kaum verlassen.

Die Vorgänger

Den Saudis ist das egal, die Shoppingtour wird fortgesetzt. Geld macht Kicker schwach. Neymar hat ja berühmte Vorgänger.

Cristiano Ronaldo
Cristiano Ronaldo hat es mit seiner Unterschrift für Al-Nassr vorgemacht.
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Cristiano Ronaldo machte es schon im Winter vor: den Wechsel in die Saudi Pro League, um zum Ende seiner Karriere das finanzielle Maximum herauszuholen. Nach der WM in Katar, als das Band zwischen dem Portugiesen und Manchester United zerschnitten war, wechselte Ronaldo (38) zu Al-Nassr. Immerhin schießt er dort viele Tore.

Sadio Mané
Sadio Mané stürmt für Al-Nassr an Ronaldos Seite.
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Sadio Mané ist der neueste Teamkollege von Ronaldo und das vielleicht größte Missverständnis der deutschen Bundesliga-Geschichte. Mit hohen Erwartungen kam der Senegalese 2022 vom FC Liverpool zum FC Bayern, der neue Trainer Thomas Tuchel hatte keine Verwendung für den 31-jährigen Stürmer. Immerhin 30 Millionen Euro bekamen die Münchner, Mané verdient bei Al-Nassr dem Vernehmen nach 40 Millionen pro Jahr. Den Durchbruch schaffte er einst in Salzburg.

Karim Benzema
Karim Benzema war der erste große Fang der Saudi Pro League. Er heuerte bei Al-Ittihad an.
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Karim Benzema eröffnete diesen Sommer den Ansturm der Stars. Er verlängerte seinen Vertrag bei Real Madrid, wo der 35-Jährige fünfmal die Champions League gewann, nach 14 Jahren im Verein nicht mehr. Stattdessen lässt er seine Karriere bei Al-Ittihad ausklingen.

N`Golo Kanté
Auch Benzemas französischer Landsmann N'Golo Kanté spielt für Al-Ittihad.
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N'Golo Kanté ist ausgebildeter Buchhalter, bei einem Blick auf seine Gehaltsabrechnung geht ihm wohl das Herzerl auf. Die Ausbildung machte der 32-jährige Franzose, als er noch daran zweifelte, ob er als Fußballer den Durchbruch schaffen würde. Der als sehr bescheiden geltende Kanté fuhr einst mit dem Tretroller zum Training eines Amateurvereins in Bologna, beim Wechsel des Mittelfeld-Allrounders vom FC Chelsea zu Al-Ittihad dürfte sich so mancher Fan verwundert die Augen gerieben haben.

Jordan Henderson
Jordan Henderson hat keine Bedenken, bei Al-Ettifaq viel Geld zu verdienen.
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Jordan Henderson setzt sich für die Rechte der LGBTIQ-Gemeinschaft ein. Oder? Der Wechsel des 33-jährigen Liverpool-Kapitäns zu Al-Ettifaq sorgte für Unverständnis. Beispielhaft schrieb Thomas Hitzlsperger bei X (vormals Twitter): "Viel Glück in Saudi-Arabien, Jordan. Aber du hast den Respekt vieler Menschen verloren, die dir vertraut haben." Der Engländer kassiert 800.000 Euro pro Woche, Trainer ist Liverpool-Legende Steven Gerrard.

Die Liste ist unvollständig, Erweiterung droht. (Christian Hackl, 17.8.2023)