Die Dynamik ist enorm. Zunächst kündigte Italiens Regierung an, wegen der außerordentlich hohen Bankengewinne Kreditinstitute mit einer Sondersteuer zu belegen. Ein Großteil dieser Profite ist auf die hohen Differenzen zwischen Spar- und Kreditzinsen zurückzuführen, und so will sich Rom einen Teil davon holen. Die Zinslandschaft ist in der Eurozone überall ähnlich – auch in Österreich. Wer sein Geld auf der Bank anlegt, bekommt aktuell im Schnitt weniger als ein Prozent Zinsen. Die Zinsen für Kredite sind dreimal so hoch. Auch in Österreich sprang also die Politik auf das Thema auf, kein Tag bleibt ohne neue Vorschläge.

SPÖ-Niederösterreich-Chef Sven Hergovich will einen Zinspreisdeckel einführen, SPÖ und FPÖ wollen die Übergewinne der Banken besteuern, und der grüne Sozial- und Konsumentenschutzminister Johannes Rauch ließ wissen, dass er gegen die Bank Austria eine Verbandsklage einbringen habe lassen. Davor hatte sich schon der Vizekanzler Werner Kogler im ORF-Sommergespräch auf die Geldhäuser eingeschossen. Doch was genau wird eigentlich diskutiert?

Sollen Banken höhere Steuern zahlen? Aktuell leisten sie bereits einen zusätzlichen Beitrag über die Bankenabgabe, die seit der Krise eingehoben wird.
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Idee eins: Ein Deckel auf die Zinsen

Der Zinspreisdeckel, so wie ihn SPÖ-Politiker Hergovich vorschlägt, soll dafür sorgen, dass Wohnbaukredite bis zu maximal 300.000 Euro staatlich bezuschusst werden. Die Zinsbelastung für die Darlehensnehmer soll nicht über drei Prozent klettern dürfen. Die Differenz zu jenem Zinssatz, den die Banken verlangen, soll der Staat bezahlen – finanziert werden soll das aus einer Steuer auf Übergewinne der Banken. Die Maßnahme würde vor allem variablen Kreditnehmern zugutekomme, deren Raten zuletzt deutlich gestiegen sind.

Dieser Vorschlag sorgt seit Tagen für hitzige Diskussionen. Die Europäische Zentralbank hebt aktuell Zinsen an, um die Kreditaufnahme zurückzudrängen und so die Nachfrage und damit die Inflation zu senken. Der Deckel würde Kredite verbilligen und damit die Strategie der EZB unterlaufen, sagen Kritiker wie die Ökonomin Monika Köppl-Turyna vom arbeitgebernahen Institut Eco Austria. Tatsache ist, dass auch andere Länder das Instrumentarium nutzen. In Frankreich ist staatlich reguliert, was Kreditinstitute bei Immobilienkrediten von Haushalten maximal verlangen können. Für Kredite mit einer Laufzeit von über 20 Jahren dürfen Banken Haushalten derzeit nicht mehr als etwas über drei Prozent Zinsen verrechnen. Ebenso ist für bestimmte Spareinlagen festgelegt, welchen Schwellenwert die Zinsen nicht unterschreiten dürfen.

Die Chefökonomin des ÖGB, Helene Schuberth, sieht in einem solchen Modell Vorteile für Österreich – und die Geldpolitik. In Österreich liegt der Anteil der variabel verzinsten Kredite bei 50 Prozent, ist damit besonders hoch. Die Zinserhöhungen der EZB treffen Österreich daher stärker als andere Staaten. Hier gegenzusteuern könnte Sinn machen. Und: Wer für Spareinlagen mehr Zinsen bietet, unterstützt die Geldpolitik, weil damit höherer Anreiz besteht, zu sparen und nicht zu investieren.

Idee zwei: Eine Sondersteuer für Geld

Mindestens so umstritten wie der Zinsdeckel ist es, eine Sondersteuer auf Bankgewinne einzuführen. Die Profite der Kreditinstitute sind im Vorjahr stark gestiegen (siehe Grafik), wenn auch die Profitabilität der Banken im historischen Vergleich nicht außerordentlich hoch ist. Eine Reihe von Ökonomen warnt vor negativen Folgen für den Standort, sollten nach Energieunternehmen nun Kreditinstitute mit einer Sondersteuer belegt werden. Motto: Jeder, der etwas mehr Profit mache, werde schief angeschaut, wie Ökonomin Köppl-Turyna sagt. Bei der Nationalbank sieht man Sondersteuern als kontraproduktiv an: Sollen Banken mit den Erträgen doch ihre Kapitalpolster stärken.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten.

Der deutsche Steuerexperte Johannes Becker sieht rundum plausible Argumente: Eine Sondersteuer könne negative Folgen für neue Investitionen haben, sagt er. Auf der anderen Seite seien Steuern auf Gewinne, die den Unternehmen quasi in den Schoß fallen, eine mit wenig negativen Wirkungen verbundene Abgabe. Der Internationale Währungsfonds führt in einer Analyse aus, dass Sondersteuern sogar Investitionen ankurbeln können, wenn Firmen wegen der befristet höheren Steuern lieber investieren, als Gewinne zu machen.

Bankenübergewinnsteuern gibt es in mehreren Ländern, Tschechien, Ungarn und Spanien. Italiens Regierung hat ihren Vorschlag nach Turbulenzen an den Finanzmärkten abgeschwächt und schlägt nun eine moderate Abgabe vor.

Idee drei: Per Klage zu höheren Zinsen

Fast schon beiläufig erwähnte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) beim ORF- Sommergespräch am Montag eine Klage gegen Banken. Am Dienstag legte Sozialminister Johannes Rauch dann Details offen: Aufgrund der großen Schere zwischen Überziehungszinsen und Einlagezinsen bei Girokonten habe der Verein für Konsumenteninformation (VKI) eine Verbandsklage gegen die Bank Austria eingebracht.

Zum genauen Inhalt der Klage halten sich die Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer relativ bedeckt. Nur so viel: Eine Klausel in den Verträgen der Bank Austria verletze das "Gebot der Zweiseitigkeit" und sei "gröblich benachteiligend", weil die Habenzinsen null Prozent betrügen, sagt VKI-Jurist Joachim Kogelmann. Man versuche, eine Leitentscheidung zu erwirken; ein Urteil lasse sich aber freilich nicht prognostizieren. "Es ist davon auszugehen, dass das Jahre dauern wird, weil die Banken vermutlich den Instanzenzug beschreiten werden", sagt Kogelmann.

Die Bank Austria und die Bankensparte der Wirtschaftskammer wollten zum konkreten Verfahren nichts sagen. Rechtsanwalt Oliver Völkel, der immer wieder Banken vertritt, sieht das Verfahren aber kritisch. "An sich gibt es keine Pflicht für Banken, höhere Einlagezinsen weiterzugeben." Kundinnen und Kunden könnten etwa ihre Bank wechseln oder ein Konto in Deutschland eröffnen, wo die Zinsen tendenziell höher sind. (Renate Graber, Jakob Pflügl, András Szigetvari, 16.8.2023)