Ist es ein E-Scooter? Ist es ein E-Bike? Nein, es ist ein E-Scike! Das sagt zumindest die deutsche Firma Mito zu ihrem elektrischen Roller namens Parder One, den man als eine Kombination aus beidem beschreibt. Aus der Riege üblicher Scooter sticht das elektrische Gefährt jedenfalls schon optisch deutlich heraus.

Für 1.400 Euro soll er das Fahrvergnügen eines Rollers mit dem Komfort eines Fahrrads vereinen. Ob er das wirklich tut und welche Schwächen dieses Konzept womöglich mitbringt, hat DER STANDARD auf die Probe gestellt.

Mit etwa 20 Kilogramm Gewicht kommt der Parder One im bislang schwersten und auch größten Paket, in dem je ein Scooter-Testgerät angekommen ist. Der Roller selbst wiegt 18,9 Kilogramm. Zum Lieferumfang gehören zudem auch Reflektorensticker und ein Bund mit Sechskantschlüsseln in verschiedenen Größen. Die Packungsinhalte sind mit insgesamt 15 Kabelbindern fixiert.

Parder One Produktfoto
Der Aufbau des Parder One ist mit deutlich mehr Aufwand verbunden als bei einem üblichen E-Scooter (der zu diesem Zeitpunkt noch verkehrt montierte Lenker möge geflissentlich ignoriert werden).
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Montage, Maße, Verarbeitung

Der Aufbau gestaltet sich aufwendiger als bei einem Scooter, bei dem man in der Regel nur ein bis zwei Kabel verbinden und den oberen Teil der Lenkstange anschrauben muss. Hier sind verschiedene Elemente an den Lenker anzubringen, die Lenkstange selbst zu montieren und zudem auch das Vorderrad, dessen Spritzschutz und das Frontlicht. Der fix integrierte rote Rückstrahler fungiert gleichzeitig auch als Bremslicht.

Wer schon einmal ein Fahrrad montiert hat, wird hier trotzdem flott fertig. Andernfalls hilft die – allerdings nicht in allen Aspekten optimal gestaltete – Anleitung aus. Dankenswerterweise sind beinahe alle Elemente mit Schnellspannern angebracht, was den Aufbau beschleunigt und auch Änderungen vereinfacht. Die Höhe der Lenkstange lässt sich – soweit die Bremskabel es zulassen – verstellen bis auf eine Lenkerhöhe von maximal etwa 115 Zentimetern, gemessen vom Boden aus.

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Rahmen und Plattform sind aus Aluminium und gut verarbeitet. Die Konstruktion ist staub- und spritzwasserbeschützt gemäß IP54-Zertifizierung. Fertig aufgebaut kommt der Parder One damit auf Maße von 162 x 115 x 68 Zentimetern (L x H x B), wobei die Breite sich auf den Lenker bezieht. Der nutzbare Teil des Trittbretts misst 50 x 14 Zentimeter. Damit fällt die Scooter-Bike-Kombination deutlich länger aus, als herkömmliche E-Scooter. In kleinere Lifte passt er damit gar nicht oder nur mit kreativem Einparken.

Konzeptuell muss man darauf eingestellt sein, dass dieses Fahrgerät nicht auf hohe Transportabilität ausgelegt ist. Der Lenker lässt sich über einen mit einer Sperre gesicherten Griff einfach umklappen, aber es gibt keine Fixiervorrichtung. Gedacht ist diese Option also entweder für eine große Transporttasche oder den Kofferraum eines Pkw.

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Das Vorderrad kommt auf einen Durchmesser von 20 Zoll (2 ¼ Zoll Breite), das Hinterrad bringt es auf 16 Zoll (2,5 Zoll Breite). In beiden Fällen kommen Luftreifen zum Einsatz. Beide Räder verfügen über eine Scheibenbremse. Das Rücklicht ist integriert. Am Lenker linksseitig nach Bedarf platziert ist ein gut ablesbares und ordentlich beleuchtetes Display, das den aktuellen Fahrtmodus, Geschwindigkeit, Akkustand sowie Gesamtkilometer oder Kilometer der laufenden Fahrt anzeigt.

Dazu kommen ein Knopf für die Beleuchtung und eine elektronische Hupe, die positiverweise mit hoher Lautstärke auffällt. Auf der rechten Seite befindet sich eine Motorsicherung, die mit einem Schlüssel entsperrt werden kann und somit als Diebstahlsicherung dient. Was leider fehlt, sind Blinker. Aufgrund der breiten Lenkergriffe dürfte eine Nachrüstung mit üblichen Scooter-Blinkern von Drittherstellern hier eher schwierig werden. Der Ständer fällt recht klein aus, hält den Roller aber zuverlässig vom Umfallen ab.

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In kleinen Liftkabinen wird es mit dem Parder One kompliziert.
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Angetrieben wird der Parder One von einem 450-Watt-Radnabenmotor am Hinterrad, der den Roller bis zu einer Geschwindigkeit von maximal 25 km/h beschleunigt. Laut Auskunft des Herstellers erreicht der Motor eine Maximalleistung (Peak), die mit 480 Watt nur knapp höher liegt und entspricht damit der 600-Watt-Leistungsgrenze für E-Scooter in der österreichischen Straßenverkehrsordnung. Auch in Frankreich und Italien ist der Roller jedenfalls für öffentliche Straßen zugelassen, in Deutschland nicht. Eine für den deutschen Straßenverkehr zugelassene Version soll aber folgen.

Gutes Fahrgefühl, ordentliche Leistung

Einmal startklar, schaltet man den Scooter mit einem langen Druck auf den Modi-Knopf ein. Beschleunigt wird über einen im rechten Griff integrierten Drehregler, wie man ihn von E-Bikes, Mopeds und Motorrädern kennt. Ein vorheriges Antauchen ist nicht notwendig.

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Nach dem Einschalten befindet sich der Roller stets im langsamsten der drei Modi, in dem er maximal 8 km/h erreichen kann. In Stufe 2 sind bis zu 15 km/h möglich und im dritten "Gang" das erlaubte Maximum von 25 km/h. Umgestellt wird ausschließlich per Knopf. Eine App-Anbindung gibt es nicht, dementsprechend aber auch keine elektronische Motorsperre, Tempomat-Funktion oder Updates für die Steuerelektronik.

Als Nennlast für den Scooter werden vom Hersteller 120 Kilogramm angegeben. Die Beschleunigung auf ebenem Untergrund (Ausgangsbedingungen: Fahrergewicht 90 Kilogramm, trockener Asphalt) bringt den Parder One binnen sieben bis acht Sekunden auf 25 km/h. Der Bremsweg auf gleichem Untergrund unter Einsatz beider Bremsen bewegt sich bei rund fünf Metern, wobei es aufgrund des gut gesetzten Schwerpunkts nur zu einem minimalen seitlichen Ausbruchs des Hecks kommt. Dabei steht man stets sicher auf dem Trittbrett, dessen Belag gute Haftung bietet.

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Das Fahrgefühl ist ausgesprochen angenehm und der Parder One trotz seines höheren Gewichts und den großen Reifen recht wendig. Wenngleich der Autor dieser Zeilen Daumenregler bevorzugt, lässt sich mit dem Griff die Geschwindigkeit gut kontrollieren. Die Kombination aus großen Räder und Luftreifen sorgt für eine ruhige Fahrt auf fast allen urbanen Untergründen, obwohl es keine zusätzlichen Federungsmechanismen gibt. Das Betriebsgeräusch ist auch in voller Geschwindigkeit nicht lauter als die meisten E-Scooter, man hört den Motor aber jedenfalls "anziehen".

Die Leistung stellt absolut zufrieden. Selbst etwas strengere Steigungen bewältigt der Parder One ohne Tempoeinbußen. Einzig bei der Kombination aus Anhöhe und Kopfsteinpflaster gab er im Test um zwei bis drei km/h nach.

Auch auf feuchtem Untergrund ließ sich der Parder One sicher fahren, ohne Anzeichen von Haftungsproblemen zu zeigen. Auf Schotterwegen und festeren Wiesen lässt sich damit auch noch sicher fahren. Die vorhandene Beleuchtung ist ausreichend, zumindest für städtische Nachtfahrten. Der vordere Scheinwerfer dürfte gerne heller sein.

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Akku und Reichweite

Die Akkuanzeige ist mit etwas Vorsicht zu genießen. Sie stellt den Ladestand der mit einer Spannung von 48 Volt und Stromstärke von 7,5 Ampere laufenden Batterie in Prozent dar, schwankt aber teils ordentlich zwischen dem Ende der letzten Inbetriebnahme und einer neuen Fahrt. Im Test lagen diese Abweichungen – stets nach oben – bei bis zu sieben Prozent. Es dauert ein paar Minuten, ehe sich der angezeigte Ladestand auf das Vorniveau einpendelt.

In einem Fall kam es zu einer klaren Fehlanzeige, bei dem sich der Akkustand auf dem Display nach einer vollständigen Aufladung auch nach fünf Kilometern Fahrt immer noch nicht unter 100 Prozent bewegt hatte. Erst bei der nächsten Fahrt "normalisierte" er sich auf einen plausibel erscheinenden Stand. Mito nennt eine Dauer von fünf bis sechs Stunden für eine vollständige Aufladung, was sich in der Praxis bestätigt.

Für die Reichweite kann an dieser Stelle nur eine Schätzung abgegeben werden, da ein Lithium-Ionen-Akku mehrere Ladezyklen braucht, um seine volle Kapazität zu liefern. Mit dem genannten Fahrergewicht und unter meist sommerlichen Temperaturbedingungen von um die 30 Grad dürften 25 Kilometer oder mehr im schnellsten Fahrtmodus erzielbar sein. An kalten Wintertagen, die die Chemie der Batterie negativ beeinflussen wird die Reichweite eher unter 20 Kilometer liegen. Nicht untypisch ist auch, dass etwa zwischen 30 und 40 Prozent Ladestand ein zunehmend spürbarer Leistungsverlust einsetzt.

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Fazit

Der Parder One ist ein aus der Masse herausstechender E-Scooter mit "Fahrradelementen" in Form zweier großer Räder. Das gibt ihm sehr angenehme Fahreigenschaften, aufgrund dessen es eine Freude ist, auf ihm durch die Straßen zu brausen.

Allerdings gibt es auch klare Nachteile: Während sich gängige E-Scooter recht einfach zusammenklappen und mitnehmen lassen, ist das bei diesem hier keine Option. Dafür ist er schlicht zu groß, zu schwer und der Lenker in eingeklapptem Zustand auch nicht fixierbar.

Das entschädigt er mit ordentlicher Leistung, guter Verarbeitung und Ausstattung – vom fehlenden Blinker abgesehen – sowie passabler Reichweite. Dass man sich technisch aufs Wesentliche konzentriert und App-Support ausgespart hat, zeigt sich zumindest nicht als Nachteil. Wer abseits von Bedarf auch einen Abstellplatz hat und bereit ist, 1.400 Euro in eine gelungen umgesetzte Mikromobilitätslösung zu investieren, findet hier eine spannende Option vor. (Georg Pichler, 19.8.2023)