Roland Weißmann kam wieder nicht. Zum dritten Mal wurde der ORF-Generaldirektor vom Arbeits- und Sozialgericht in Wien zur Einvernahme am Montag geladen, zum dritten Mal ließ er sich entschuldigen. Der Rechtsstreit einer ORF-Managerin gegen den ORF ging somit ohne ihn in die nächste Runde. Zur Erinnerung: Die Managerin sieht sich nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung durch ihren damaligen Vorgesetzten auf einen schlechteren Posten abgeschoben und will einen ihr adäquaten Job. Einem Vergleich hatte sie 2021 zwar zugestimmt, jedoch sei diese Zustimmung unter Zeitdruck geschehen, sagt sie heute. Der Vorgesetzte hat den ORF mittlerweile verlassen. Auch er war geladen – und kam. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Einem Vergleich hatte sie 2021 zwar zugestimmt, jedoch sei diese Zustimmung unter Zeitdruck geschehen, sagt sie heute.
Einem Vergleich hatte die ORF-Managerin 2021 zwar zugestimmt, jedoch sei diese Zustimmung unter Zeitdruck geschehen, sagt sie heute.
Heribert Corn

Den überwiegenden Teil der Zusammenarbeit habe er als "besonders positiv, erfolgreich und angenehm" erlebt, sagt der mittlerweile selbstständig tätige Unternehmer. Neben einer "engen beruflichen Zusammenarbeit" habe es eine "private Freundschaft" gegeben. 2019 sei es zu ersten Spannungen gekommen. "Zu so einer Situation gehören immer zwei", sagt der Manager. "Aufgabe eines Chefs ist es, Konflikte zu lösen. Das konnte ich nicht."

Den Vorwurf der sexuellen Belästigung weist er infolgedessen zurück: "Mit Sicherheit" seien unpassende Bemerkungen gefallen. Diese Äußerungen habe er aber "nicht als Belästigung eingeschätzt. Sie hat sich nicht beschwert, sie hat es nicht zurückgewiesen. Es war eher eine wechselseitige Blödelei, wo auch sie Witze über mein Privatleben gemacht hat. Ich habe das auch nicht auf die Goldwaage gelegt." Im Nachhinein bedauere er allerdings diese Aussagen: "Sie waren nie als Belästigung gemeint."

Laut ORF-Managerin soll der Vorgesetzte unter anderem gesagt haben, er wolle "einen Dreier" mit ihr, und er habe von seinen Sexträumen erzählt. Der Manager: "Wir hatten einen lockeren Umgangston." Dass sich die Kollegin gegen gewisse Äußerungen gewehrt haben soll, daran kann er sich bei der Einvernahme nicht mehr erinnern. Auch den Mobbingvorwurf möchte der Manager zurückweisen. Er habe sich bemüht, "trotz der sehr angespannten Situation aufgrund der Beschwerde bei der ORF-Gleichstellungskommission eine normale Zusammenarbeit zu ihr irgendwie aufrechtzuerhalten".

Überrumpelt?

Um die Frage, ob die Klägerin bei einem Vergleich überrumpelt wurde, dreht sich die Befragung Andreas Nadlers, heute Unternehmensberater, im Zeitraum der Geschehnisse kaufmännischer ORF-Direktor. Nadler hatte den Vergleich zwischen der Managerin und ihrem Vorgesetzten ausformuliert.

Er habe eine Einigung herbeiführen wollen, sagt der Manager. Die Klägerin wollte er in eine andere Abteilung des früheren Generaldirektors Alexander Wrabetz versetzen, doch der Streit sei weiter eskaliert. Danach habe sich die Gleichstellungskommission mit dem Fall befasst.

„Wir müssen schnell machen“, habe er zu Wrabetz gesagt, erinnert sich Nadler. Warum? "Weil beide Seiten massiv gelitten haben." So schnell, dass die Unterschrift während eines Krankenstands notwendig war? "Ich habe das überhaupt nicht als Problem gesehen. Das Okay war von allen Seiten da. Es ging nur mehr um die Unterschrift." Mehrere Schreiben würden das belegen.

Die Klägerin sagt im Nachhinein, sie fühlte sich überrumpelt, weil sie an dem Tag krank war. "Ich habe das eher umgekehrt empfunden", erinnert sich Nadler. "Beide haben sehr auf eine Lösung gedrängt.“ Mit der unterzeichneten Vereinbarung 2021 hatte er "den Eindruck, dass alle zufrieden waren."

Wurde die Klägerin degradiert und diskriminiert? "Klar war, dass sie nach dem Wechsel in eine neue Abteilung Aufgabengebiete verloren hat", sagt der Manager. Aber sie habe auch welche dazubekommen, etwa eine Aufsichtsratsposition und die Betreuung von neuen Projekten. Ob sie die höhere Qualifikation des mittlerweile ehemaligen Vorgesetzten erfüllt hätte? "Ja", sagt der Zeuge.

Nächster Verhandlungstermin: 21. September mit weiteren Zeugeneinvernahmen. (Doris Priesching, 21.8.2023)