Die BBC, ARD/ZDF und andere große europäische öffentlich-rechtliche Sender verloren in den letzten sechs Jahren rund ein Fünftel ihrer Zuschauerinnen und Zuschauer, wie eine Studie des Branchenanalysten Ampere Analysis ergab und deadline.com berichtet. Die Studie zeigt, dass sowohl lineare als auch Video-on-Demand-Dienste von öffentlich-rechtlichen Medien in den größten europäischen Märkten um rund 15 Prozent zurückgegangen sind.

Dies gilt vor allem für jüngere Altersgruppen, die auch in Europa eher andere, hauptsächlich soziale Medien konsumieren. In dem Bericht von Ampere heißt es, dass die Politik in den untersuchten Märkten die öffentliche Finanzierung entweder stagnieren oder sinken habe lassen, was die Möglichkeiten der öffentlich-rechtlichen Medien einschränkte, auf den Wettbewerbsdruck zu reagieren. Ausnahme seien die BBC und die italienische Rai. Sie könnten auf eine "starke" Akzeptanz ihrer Streaming-Dienste blicken, nachdem sie stark in den Ausbau ihrer VoD-Plattformen investiert hatten.

In öffentlich-rechtlichen Medien gehen die Zuschauerzahlen zurück. Ausnahme ist die BBC, die auf eine
In öffentlich-rechtlichen Medien gehen die Zuschauerzahlen zurück. Ausnahme ist die BBC, die auf eine "starke" Akzeptanz ihrer Streaming-Dienste blickt, nachdem sie stark in den Ausbau ihrer VoD-Plattformen investiert hat.
IMAGO/Vuk Valcic

Der iPlayer der BBC hat 2022 zum ersten Mal die Sieben-Milliarden-Zuschauer-Marke geknackt. Der Jahresbericht der Rai für das vergangene Jahr zeigt laut Ampere, dass der Dienst rund 1,7 Milliarden Aufrufe und 260 Millionen Stunden Streaming-Inhalte im Jahr verzeichnete.

Leichter Anstieg beim ZDF

Einen leichten Anstieg bei den Gesamtzuschauerzahlen verzeichnet auch das ZDF. France Télévisions und der spanische Sender RTVE verzeichneten deutliche Rückgänge, so die Studie.

Laut Ampere stehen die Öffentlich-Rechtlichen vor der schwierigen Herausforderung, traditionelle Zuschauergruppen zu bedienen, neue Zuschauerinnen zu finden und Bedürfnisse sowie Interessen von Minderheitengruppen zu berücksichtigen. Dazu kämen Finanzierungsprobleme durch sinkende Einnahmen, Haushaltskürzungen und Sparmaßnahmen.

In Verbindung mit dem "intensiven Wettbewerb mit digitalen Plattformen" seien die Möglichkeiten vieler öffentlicher Dienste eingeschränkt, in ihre eigenen VoD-Dienste und Programme zu investieren, sagt Ampere. Eine Erhöhung der Finanzierung der öffentlichen Dienste würde eine kurzfristige Lösung darstellen und den Broadcastern erlauben, mehr originäre Fernsehsendungen und Filme für digitale Plattformen zu produzieren. Längerfristig schlägt Ampere vor, mehrjährige Finanzierungsmechanismen einzuführen und zu "ehrgeizigen strategischen Partnerschaften" zu ermutigen.

Erfolg in öffentlich-rechtlichen Medien sei jedoch nicht allein in Quoten zu bemessen, analysiert Ampere: "Dieser enge Fokus auf die Einschaltquoten lässt andere entscheidende Aspekte außer Acht, die die Relevanz und die Wirkung von öffentlich-rechtlichen Medien bestimmen. Dazu gehören ihre Rolle bei der Förderung der kulturellen Vielfalt und ihre wichtige Unterstützung für den europäischen Fernsehproduktionssektor." (Doris Priesching, 22.8.2023)