Mit großer Spannung blicken Investoren an den Finanzmärkten ab Donnerstag auf das Notenbankentreffen in Jackson Hole, einem beschaulichen Tal im US-Bundesstaat Wyoming. Seit 1976, als zuvor der erste Ölpreisschock eine anhaltende Phase sehr hoher Inflation ausgelöst hatte, treffen sich dort die weltweit führenden Notenbanker jedes Jahr im August zum Austausch. Fernab heißer Großstädte – der namensgebende Ort Jackson mit 11.000 Einwohnern liegt am Fuße der Rocky Mountains zwischen Seen und Wäldern auf 1.900 Meter Höhe – erörtern die Währungshüter geldpolitische Themen und verkünden mitunter richtungsweisende Entscheidungen.

John C. Williams von der New Yorker Fed unterhält sich beim vorjährigen Treffen in Jackson Hole mit Fed-Vize Lael Brainard und Notenbankchef Jerome Powell
John C. Williams von der New Yorker Fed unterhält sich beim vorjährigen Treffen in Jackson Hole mit Fed-Vize Lael Brainard und Notenbankchef Jerome Powell.
REUTERS

Bei dem von einem regionalen Ableger der US-Notenbank Fed ausgerichteten dreitägigen Symposium werden heuer Signale für den weiteren geldpolitischen Kurs auf beiden Seiten des Atlantiks erwartet. Die Hauptfrage lautet: Ist der Zinsgipfel erreicht, oder müssen die Zinsen noch weiter angehoben werden, um die aus dem Ruder gelaufene Inflation in den Griff zu bekommen?

"Bei den Marktbewegungen wird sicherlich das große Stelldichein der Notenbanker in Jackson Hole ab Donnerstagabend seine Schatten vorauswerfen", erwartet Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Fachleute und Anleger aus aller Welt werden die Reden – vor allem von Fed-Chef Jerome Powell oder Christine Lagarde, Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) – daraufhin durchleuchten, wie es nach der raschen Abfolge von Zinserhöhungen weitergeht. Sowohl Powell als auch Lagarde haben sich bisher bedeckt gehalten, welchen Kurs sie einschlagen wollen, und verweisen unisono auf die Datenlage.

Weitere Erhöhung oder Pause

Die Protokolle der jüngsten Fed-Sitzung vom Juli zeigen, dass sich die Währungshüter in den USA noch uneins sind über den weiteren Kurs. Die meisten sehen dabei die Inflation als Hauptrisiko, was für eine weitere Straffung sprechen würde. Powell könnte die Chance ergreifen und den weitgehend im Nebel stochernden Finanzmärkten einen Fingerzeig geben, wohin die Fed beim nächsten Zinsentscheid am 20. September steuert. Sie hatte den Leitzins auf ihrer Juli-Sitzung um einen Viertelprozentpunkt das elfte Mal seit Anfang 2022 angehoben, auf die Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent.

Powell hatte nach der Sitzung im Juli gesagt, im September sei eine Pause oder auch eine Erhöhung drin – abhängig von der Datenlage. Ähnlich hatte sich auch EZB-Präsidentin Lagarde nach der Zinssitzung im Juli geäußert, die mit der neunten Zinsanhebung in der Eurozone in Folge geendet hatte. Nur eine Senkung schloss Lagarde definitiv aus, nachdem die EZB ihren Leitzins seit Juli 2022 von null um 4,25 Prozent gehievt hatte. Dadurch nehme nun der Gegenwind für die Wirtschaft bereits zu, sagt Commerzbank-Volkswirt Marco Wagner, der für September mit einer Zinspause der EZB rechnet. (Alexander Hahn, 24.8.2023)