Drei Spielerinnen und Verbandspräsident Rubiales in der spanischen Kabine.
Da war die Stimmung in der Kabine der spanischen Weltmeisterinnen noch heiter. Jennifer Hermoso (rechts) hat dafür gesorgt, dass Luis Rubiales das Lachen inzwischen vergangen ist.
via REUTERS/RFEF

Während Jennifer Hermoso mit ihren Teamkolleginnen Misa Rodriguez und Alexia Putellas auf einer Motoryacht vor Ibiza die Party nach dem Weltmeistertitel der spanischen Fußballfrauen gut gelaunt verlängerte, dürfte sich Präsident Luis Rubiales am Freitag in einer außerordentlichen Generalversammlung des nationalen Verbandes RFEF in Madrid nur mit größter Mühe über Wasser halten können. Die Zeichen stehen auf Rücktritt des 46-Jährigen, seitdem die spanische Spielerinnengewerkschaft Futpro in Abstimmung mit Hermoso "beispielhafte Maßnahmen" infolge des skandalösen Verhaltens von Rubiales vor, während und nach der WM-Siegerinnenehrung am vergangenen Sonntag in Sydney gefordert hat. Das müsse Sanktionen nach sich ziehen, "um Fußballerinnen vor Handlungen zu schützen, die wir für inakzeptabel halten".

Fifa in Aktion

Die internationale Spielergewerkschaft FIFPro forderte eine Untersuchung der Fifa gemäß dem Ethikkodex des Weltverbandes. Rubiales, der als Vizepräsident in der Exekutive des europäischen Verbandes Uefa sitzt, habe den "besonderen Moment" für Hermoso "beschmutzt", schrieb FIFPro. Körperliche Annäherungen ohne Zustimmung seien "in keinem Zusammenhang angemessen oder akzeptabel". Prompt leitete die Fifa am Donnerstag ein Disziplinarverfahren gegen Rubiales ein, "bekräftigt ihr uneingeschränktes Bekenntnis zur Achtung der Integrität aller Personen und verurteilt deshalb jedes gegenteilige Verhalten aufs Schärfste".

Längst geht es aber nicht mehr nur um den erzwungenen Kuss auf den Mund Hermosos, der selbst Ministerpräsident Pedro Sanchez auf den Plan rief und mehr als bloß eine halbherzige Entschuldigung Rubiales fordern ließ. Den ehemaligen Fußballprofi aus Las Palmas de Gran Canaria, der die Real Federación Española de Fútbol seit Mai 2018 führt, holt schließlich die Vergangenheit ein.

Am Mittwoch, an dem Rubiales seinen 46er eher nicht groß gefeiert haben dürfte, gab Tamara Ramos, eine ehemalige Marketingdirektorin der seinerzeit von Rubiales geleiteten Spielergewerkschaft AFE in einem Interview mit dem TV-Sender Telecinco an, von ihrem damaligen Chef mit sexistischen Sprüchen vor Dritten gedemütigt worden zu sein. Sie habe auch Anzeige erstattet, allerdings dann einer außergerichtlichen Einigung zugestimmt und ihren Job verloren. Sie habe an Rubiales’ Verhalten nun lediglich überrascht, dass er in aller Öffentlichkeit so agierte.

Skandal royal

Vor dem Skandalkuss hatte sich Rubiales auf der Tribüne im Moment des Triumphes der Spanierinnen unmittelbar neben Königin Letizia und deren Tochter Sofia demonstrativ in den Schritt gegriffen. In der Kabine beliebte er zu scherzen, dass anlässlich eines den Spielerinnen versprochenen Urlaubs auf Ibiza die Hochzeit "von Jenni und Luis" gefeiert werde. Der Verdacht liegt zudem nahe, dass eine Verbandsaussendung, in der Hermoso mit entlastenden Worte zitiert wurde, nicht mit der Spielerin selbst abgesprochen war.

In diesem Zusammenhang gerät auch Erfolgstrainer Jorge Vilda erneut ins Zwielicht. Seiner Methoden wegen hatten vor einem Jahr 15 Teamspielerinnen in einem offenen Brief vergebens Vildas Entlassung gefordert. Aktuell geht ein Video um, auf dem die Hand des 42-Jährigen während des Jubels über den WM-Titel an der Brust einer Mitarbeiterin zu sehen ist. (Sigi Lützow, 24.8.2023)