Starfield
Unendliche Weiten erwarten die Spieler.
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"Starfield" ist das Spiel des Jahres. Zumindest wird es das für viele Xbox- und PC-Besitzer sein. Das neue Weltraum-Epos baut auf klassischen Stärken typischer Bethesda-Games auf, also "Fallout" oder "The Elder Scrolls", und ergänzt diese mit einer spannenden neuen Franchise. "Starfield" macht wenig falsch und vieles richtig – ähnlich wie das kürzlich erschienene "Baldur's Gate 3", mit dem sich das neue Weltraum-Rollenspiel wohl die diesjährige Krone im Genre ausfechten muss.

Auf Story-Spoiler wird hier natürlich verzichtet.

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Das eigene Raumschiff kann nach vielen Stunden im Spiel den eigenen Wünschen entsprechend verändert werden.
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Die Sternenkarte lernt man als Spieler schnell kennen, gilt es hier doch die nächste Mission zu finden.
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Routine lernen

Rollenspieltypisch fängt "Starfield" mit der Erstellung eines Charakters an. Vom Aussehen über die eigene Hintergrundgeschichte bis hin zu einigen Spezialfertigkeiten kann einiges festgelegt werden, um eine sehr individuelle Reise zu starten. Nach einem kurzen Abschnitt als Minenarbeiter und einem kleinen Unfall geht es dann auch schon in die offene Welt oder, besser gesagt, Welten, die ab jetzt mit einem Raumschiff entdeckt werden können.

In den Anfangsmissionen lernt man den Umgang mit Schusswaffen und danach den Kampf im Weltall. Danach folgen Gespräche mit ersten relevanten Personen und erste Nebenmissionen. Die Sternenkarte öffnet sich immer mehr, und man sammelt Ressourcen und erforscht die Flora und Fauna auf Planeten, stark vergleichbar mit "No Man's Sky". So manche Natur wird sich an dieser Stelle überfordert fühlen und sich denken, wie soll man das alles machen? Noch nicht wissend, dass man später auch noch Außenposten errichten kann, um an bessere Ausrüstung zu gelangen, oder das eigene Raumschiff nach eigenem Belieben verändern kann.

Nimmt man sich allerdings Zeit und verbringt selbige vielfach im Spiel, erwirbt man eine gewisse Routine im Weltraum-Alltag: neue Mission auf der Sternenkarte suchen, hinfliegen, ein paar Bösewichte ausschalten, Gespräche führen, im Level steigen und Ausrüstung sammeln. Mit Level-ups verdient man sich genretypisch Skill-Punkte, die in Kampffertigkeiten, Fitness oder soziale Kompetenz investiert werden können. Um diese Fähigkeiten noch zu verstärken, muss man sie zunächst erfolgreich nutzen. Ein Beispiel wäre der Umgang mit Pistolen, deren Schaden man mit einer Fähigkeit um zehn Prozent steigern kann. Weitere Steigerungen können erst freigeschaltet werden, wenn man mit ebenjenen Pistolen eine bestimmte Anzahl an Gegnern erledigt hat. Ähnlich verhält es sich mit dem Überreden von Gesprächspartnern oder dem Tragen von mehr Gewicht.

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Feuergefechte sind fordernd und können – wie der Rest des Spiels – in Third-Person- oder Ego-Perspektive gespielt werden.
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Raumstationen können genauso erkundet werden wie die zahlreichen Planeten.
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Einzelkomponenten stark

Was man schnell merkt: Das Game gibt sich kaum Blößen. Die Kämpfe auf den einzelnen Planeten sind fordernd, verstecken sich Gegner doch geschickt hinter Deckungen. Im schwerelosen Raum muss bei bestimmten Waffen der Rückstoß berücksichtigt werden, und in Raumkämpfen kann die Energie gezielt auf unterschiedliche Systeme, etwa Schilde oder Antrieb, gelenkt werden. Diese Raumkämpfe machen aufgrund der unterschiedlichen Waffensysteme, der starken Inszenierung und der zusätzlichen Möglichkeit, Schiffe zu entern, unglaublich viel Spaß und sind eine klare Bereicherung für das Gesamtspielerlebnis.

Auch Gespräche bieten eine große Varianz, und mit den nötigen Fähigkeiten lassen sich viele Duelle durch die richtigen Worte vermeiden. Viele Städte bieten zudem Fraktionen, denen man sich anschließen kann, um dann ganz spezielle Missionen freizuschalten. Als Marshal muss man sich etwa Banküberfällen oder überfallenen Farmen widmen, was ein wenig an die Serie "Firefly" erinnert. Abseits von ehrlichen Berufen kann später auch auf Weltraumpirat umgesattelt werden. Schmuggelware kann dann aber auch nicht auf jedem Planeten gehandelt werden, und so ergeben sich ganz individuelle Spielerlebnisse, die man nur in Rollenspielen in diesen Ausmaßen erleben kann.

Es lohnt auch, Gespräche mit der Crew zu führen. Man lernt sie so nicht nur besser kennen und schaltet diverse Nebenmissionen frei, man kann auch – wenn man das möchte – Romanzen beginnen, wie das auch schon in "Mass Effect" möglich war. Im Gegensatz zu der kultigen Science-Fiction-Games-Serie von EA ist man diesmal allerdings immer nur mit einer Person unterwegs, was taktische Manöver im Kampf leider nicht oder nur durch Zufall zulässt, etwa wenn die Begleitung das Feuer kurzfristig auf sich zieht und man selbst die Feinde flankieren kann.

Ob die angebotene Größe wirklich hat sein müssen, kann jeder für sich selbst beantworten. Viele Dinge wiederholen sich selbstredend, etwa wenn man den x-ten Außenposten von Gegnern befreit hat oder das 3.495. Kupfer von einem Stein geschossen hat. Auch dass die Schiffserweiterungen und andere Elemente erst spät im Spiel auftauchen, wirkt manchmal so, als hätte man einfach geschaut, möglichst viel Spielzeit zu generieren. Ein bisserl weniger wäre für die Vielzahl der Spieler in diesem Fall wohl mehr gewesen.

Was dennoch auffällt, ist, dass das Spiel trotz der Größe schon jetzt kaum Bugs plagen. Okay, manchmal hat sich ein Feind in einer Tür festgehängt, aber das passiert wirklich selten. Sonst waren keine Fehler auszumachen, die speziell vor dem Release in solchen Spielen fast zur lästigen Angewohnheit geworden sind. Vielleicht war Microsoft auch deshalb so mutig, Journalisten den Zugang zum Spiel bereits viele Tage vor dem Release zur Verfügung zu stellen. Das machen heute nicht mehr viele Publisher, meist aus dem Grund, dass ein Day-One-Patch noch zahlreiche Bugs fixen muss. Ach ja, ein Patch für den Release-Tag wurde dennoch angekündigt.

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Die Crew wird immer größer und kann unterschiedlichen Aufgaben zugewiesen werden. Jede und jeder bringt zudem eigene Fertigkeiten mit.
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Auf dem Schiff oder in der Zentrale kann mit den Crew-Mitgliedern gesprochen werden.
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Noch so viel zu erzählen

Es soll an dieser Stelle gar nicht alles erwähnt werden, was "Starfield" zu bieten hat, denn ein paar (magische) Überraschungen zu erleben macht das Erlebnis noch besser. Nutzen wir die Zeit, um über Dinge zu sprechen, die nicht ganz so rund laufen. So ist das Inventar sehr eng kalkuliert, und der Weg zum nächsten Händler wird zur lästigen Pflichtaufgabe. Ein Tipp am Rande: Materialien kann man im Raumschiff bunkern. Generell sollte man immer Platz im Inventar haben, weil man mit übervollem Gepäck die komfortable Schnellreise, die fast jederzeit aktivierbar ist, nicht nutzen kann und Händler auf den Städtekarten auch nicht markiert sind. Munition auf der anderen Seite ist massiv teuer, und ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad sind wir öfter mal in die Situation gekommen, in den Nahkampf gehen zu müssen.

Was auf der Xbox Series X auffällt, auf der getestet wurde, ist die Fixierung auf 30 Frames pro Sekunde. Das ist zwar bei 4K-Auflösung möglich, aber mehr geht nicht. Eine bewusste Entscheidung der Entwickler, wie sie sagen, um für ein gleichmäßiges Spielgefühl zu sorgen, das nicht einmal 60 und einmal 30 Frames bietet. Bei der Series S sind es ebenfalls 30 Frames, allerdings bei einer maximalen Auflösung von 1440. Der PC erreicht im Idealfall mehr als 30 Frames, je nachdem, was verbaut wurde. Der STANDARD konnte mit einem Leihgerät von HP, dem aktuellen OMEN-Transcend-16-Laptop, das Spiel auch unter Windows testen, und die Ergebnisse sprechen für sich.

Gesichter und Umgebungen wirken detaillierter, genau wie die Qualität des Partikelleuchtens. Vielleicht auch deshalb, weil man auf PC mehr Einstellungsmöglichkeiten vorfindet. Bei der Xbox ist alles vordefiniert. Die Framerate kann auf Wunsch stabil gehalten werden, sonst passt sie sich dem Geschehen auf dem Bildschirm an und kann schon einmal kleine, aber merkbare Einbrüche aufweisen. Grafikfehler traten nur selten auf, etwa ungeplantes Leuchten am Himmel, aber sogar vor dem Day-One-Patch war hier keine spürbare Einschränkung bemerkbar. Bethesda scheint aus der Vergangenheit gelernt zu haben.

An der englischen Sprachausgabe kann man tatsächlich gar nichts aussetzen, genau wie an der übrigen audiovisuellen Inszenierung des Spiels. Stellt man auf deutsche Sprachausgabe um, sinkt allerdings die Qualität zumindest um zwei Stufen, und alles, was davor lippensynchron war, ist es spätestens jetzt nicht mehr.

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Auf dem PC sehen – gute Hardware vorausgesetzt – die Details des Spiels noch einen Tick besser aus (PC-Screenshot).
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Auch Flirten ist erlaubt, lernt man die Crew-Mitglieder besser kennen (PC-Screenshot).
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Verrückte Ausmaße

Nach 35 Stunden darf der Autor dieser Zeilen behaupten, eigentlich kaum etwas vom Spiel gesehen zu haben. Hätte ich nur die Hauptstory verfolgt, sollte ich wohl dem Ende nicht allzu fern sein. Aber sich strikt der durchaus dicht erzählten Haupthandlung zu widmen ist aufgrund der zahlreichen Ablenkungen nicht möglich. Auf der Spielemesse Gamescom vor wenigen Tagen wurden einige Microsoft-Verantwortliche gefragt, wie lange sie denn schon ihren Charakter in "Starfield" hochleveln. Die Antworten reichten von 100 bis 150 Stunden, und dabei wurde man nicht müde zu betonen, noch vieles nicht erlebt zu haben.

"Starfield" ist massiv, das ist schon nach wenigen Stunden und nach weiteren Stunden noch stärker zu spüren. Wer Planeten nach Mineralien abgrast, auch Routen abseits der Hauptstory erkunden möchte und aufgrund seiner Sammellaune dann auch viel mit dem kleinen Inventar kämpfen wird, bei dem summieren sich die Stunden im Spiel sehr schnell. Klar, man kann an einem Abend nach einem anstrengenden Arbeitstag eine Mission spielen, einen kleinen Erfolg einfahren und dann schlafen gehen, aber eigentlich muss man sich für das Rollenspiel Zeit nehmen. Viel Zeit nehmen. Wie Bethesdas Game Director Todd Howard in einem Interview meinte: "Wer viel gibt, wird viel von dem Spiel zurückbekommen."

"Starfield" ist ab 6. September für Xbox Series und PC für 69,99 Euro erhältlich, Vorbesteller dürfen sogar schon ab dem 1. September ins Weltall düsen, müssen dafür aber 110 Euro hinlegen. Das Spiel ist zudem im Abo-Dienst Gamepass enthalten. Wer trotz Gamepass früher loslegen will, muss 35 Euro für das Upgrade zahlen. Neben dem früheren Zugang ist in der Premium Edition neben einem Skin Pack, dem Soundtrack und einem digitalen Artbook auch die erste Story-Erweiterung "Shattered Space" enthalten.

Für den Test wurde das Spiel dem STANDARD zur Verfügung gestellt.

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Besonders die Städte im Spiel wirken beeindruckend und visuell sehr abwechslungsreich.
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Auf Planeten gilt es, die Flora und Fauna zu scannen, um mehr über sie herauszufinden.
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Kämpfe können manchmal mit geschickten Formulierungen umgangen werden. Oftmals kommt es aber zum Kampf, weshalb sowohl die Zunge als auch der Zeigefinger am Abzug wichtig sind.
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Fazit

Die Erwartungen gegenüber "Starfield" sind hoch, schließlich verspricht Microsoft mittlerweile seit Jahren, dass das neue Bethesda-Game revolutionär sein wird, und viele Xbox- und auch PC-Besitzer haben sich vor langer Zeit den Gamepass gesichert, um Blockbuster wie "Starfield" im Abo genießen zu können. Endlich wird dieses Warten belohnt, und auch wenn für diesen Text – nicht Test – das Spiel nicht länger als 35 Stunden gespielt wurde, darf gesagt werden, dass "Starfield" in einem hochkarätig besetzten Spielejahr ein Platz an der Sonne sicher ist.

So unendlich viel zu entdecken, Kämpfe und Konversationen gleichermaßen spannend und eine Blockbuster-würdige Inszenierung – Microsoft geht mit dem Vorzeigetitel kein Risiko ein. Wer sich für Rollenspiele oder Science-Fiction interessiert, wird hier fast sicher sein Spiel des Jahres finden. Für mich persönlich hätten es ein paar Planeten und sich wiederholende Aufgaben weniger sein dürfen. So werde ich wohl die nächsten Monate noch mit "Starfield" verbringen, bis ich wirklich alles gesehen habe. Wert ist es das Spiel meiner Meinung nach. (Alexander Amon, 31.8.2023)