Mouri, Tezuka, Gamescom 2023
Die beiden Japaner haben an zahlreichen Mario- und Zelda-Titeln mitgearbeitet und damit Nintendo-Legende Miyamoto beerbt.
STANDARD, aam

65 Dienstjahre bei Nintendo weisen Shiro Mouri und Takashi Tezuka gemeinsam auf. Vor allem die "The Legend of Zelda"-Reihe und diverse "Super Mario"-Games haben die beiden als Programmierer beziehungsweise Designer begleitet. Wenn jemand die DNA des japanischen Traditionsunternehmens kennt, dann sind es mit Sicherheit diese beiden.

Praktisch, dass der STANDARD auf der Spielemesse Gamescom die Gelegenheit hatte, mit den beiden Herren über ihr neuestes Spiel zu sprechen: "Super Mario Bros. Wonder". In diesem können sich Mario und seine Freunde in Elefanten verwandeln. Ja, richtig gelesen: in Elefanten.

STANDARD: Warum will Mario immer in Tierkostüme schlüpfen?

Mouri: Einerseits gab es die grundlegende Spielidee und dann einmal mehr den Gedanken, dass eine Tierfigur sehr gut ins Konzept passen würde. Dass sich Mario in "Super Mario Bros. Wonder" in einen Elefanten verwandeln kann, fußt daher auf drei Überlegungen: Zum einen wollten wir eine Figur von größerer Statur ins Spiel integrieren. Zudem sollte sie in der Lage sein, Blöcke von der Seite zu zerstören. Und als dritten Punkt sollte sie Wasser versprühen können, weil das für das neue Blumenkönigreich essenziell ist. So kann man in der Form eines Elefanten etwa Pflanzen "gießen", aus denen eine Ranke in die Höhe wächst. Der Elefant entsprach diesen drei Anforderungen auf ideale Weise.

STANDARD: Sie haben an vielen Mario-Titeln gearbeitet. Wie unterscheidet sich "Wonder"?

Mouri: Als wir während der Konzeptionsphase über "Super Mario Bros. Wonder" nachdachten, waren wir uns bewusst, dass ein neues "Super Mario"-Spiel in die heutige Zeit passen muss. Dafür waren zwei Dinge wichtig: Zunächst sollten die Rätsel und Geheimnisse in diesem Spiel dem Zeitgeist entsprechen. Und zweitens sollten die Spielerinnen und Spieler verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten haben.

Schon die ersten "Super Mario"-Spiele waren voller Rätsel und Geheimnisse und boten beispielsweise versteckte Höhlen unter einer Röhre oder Pilze, die Mario wachsen lassen. Mittlerweile kennen Spielerinnen und Spieler solche Mechaniken, weshalb wir neue Konzepte entwickelten. Wir haben vieles ausprobiert. Was könnte sonst noch passieren, wenn man in eine solche Röhre steigt oder an einer Pflanze nach oben klettert?

So haben wir etwa damit experimentiert, dass man beim Aufsammeln eines Gegenstands in einen anderen Bereich teleportiert wird. Basierend auf dieser Idee schlug Herr Tezuka vor, dass sich bei der Aufnahme des Gegenstands, der sich nun Wunderblume nennt, einfach die ganze Umgebung ändern könnte. Röhren bewegen sich plötzlich von selbst, der Bildschirm beginnt zu wackeln, oder es erscheinen Wesen, auf denen man reiten kann. All diese Ideen sind nun Teil des Spiels und werden als Wunder bezeichnet.

STANDARD: Stand irgendwann im Raum, "Wonder" als 3D-Mario zu veröffentlichen?

Tezuka: Als wir die Idee mit den Wundern hatten, war uns klar, dass wir das in einem 2D-Spiel wahrscheinlich besser umsetzen können. Die Entscheidung war schnell getroffen.

Mouri: Diese Idee würde in einem 3D-Spiel mit Mario ganz anders funktionieren als in einem 2D-Spiel. Tatsächlich entscheiden wir schon sehr früh im Entwicklungsprozess, in welche Richtung wir gehen möchten.

STANDARD: Viele Mario-Spiele hatten nur einen Schwierigkeitsgrad, diesmal gibt es mehrere, allerdings vor der Auswahl der einzelnen Levels ersichtlich. Wie unterscheiden Sie, welches Level wie schwer ist? Basiert das auf Mathematik oder auf Erfahrung?

Tezuka: Wir wollten diesmal die Spielerinnen und Spieler entscheiden lassen, an welchen Schwierigkeitsgrad sie sich heranwagen wollen. Aus diesem Gedanken heraus entwickelte sich auch die Entscheidung, die unverwundbaren Yoshis als spielbare Charaktere zu integrieren. Mit ihnen wird es unerfahrenen Spielerinnen und Spielern leichter fallen, das Ende von "Super Mario Bros. Wonder" zu erreichen. Auch mit den neuen Abzeichen kann man sich das Leben leichter machen. Eines der verschiedenen Abzeichen lässt Spielerinnen und Spieler zum Beispiel unsichtbar werden. Mit der Entscheidung, welches Abzeichen sie ausrüsten wollen, beeinflussen sie den Schwierigkeitsgrad auf ihre eigene Weise.

Mouri: Wie schwer ein Level ist, entscheiden wir tatsächlich basierend auf unserer Erfahrung. Wenn wir Spiele entwickeln, achten wir sehr darauf, den Schwierigkeitsgrad gut justieren zu können. Wenn zum Beispiel ein Level eine eher einfache Zwei-Sterne-Bewertung hat und wir bemerken, dass wir an dieser Stelle eigentlich eine größere Herausforderung benötigen, können wir durch die Anpassung bestimmter Sprungpassagen eine Schwierigkeit von vier Sternen herstellen.

Mouri, Tezuka, Gamescom 2023
Die Interviews auf der Messe mit den zwei Urgesteinen waren rar. Umso schöner, dass es mit dem STANDARD geklappt hat.
STANDARD, aam

STANDARD: Die neuen Animationen sind erneut sehr gelungen. Wie hoch bewerten Sie Animationen, etwa wenn der Elefant sich sichtlich durch eine Röhre quetschen muss oder Luigi seinen Hut festhält, wenn er sich duckt?

Mouri: Wir haben Animationen immer als sehr wichtig empfunden. In vergangenen 2D-Titeln waren sie allerdings dezenter, um die Steuerung der Charaktere so responsiv wie möglich zu gestalten. Animationen sollten immer Reaktionen auf das Spielgeschehen sein, dieses aber nie stören. Sicherzustellen, dass die Spielfigur trotz detaillierterer Animationen in "Super Mario Bros. Wonder" weiterhin präzise gesteuert werden kann, war eine Herausforderung.

STANDARD: Sie haben an vielen Zelda- und Mario-Titeln gearbeitet. Wie fühlt es sich an, auf der Gamescom Menschen mit den dazu passenden Shirts oder Rucksäcken zu sehen? Einen Mario-Kinofilm oder auch die Super Nintendo World in Japan, all das basierend auf diesen Spielen?

Mouri: Wir schätzen das sehr – und auch, dass Fans diese Charaktere außerhalb der Spiele lieben gelernt haben.

Tezuka: Diese Begeisterung führt auch dazu, dass sich uns neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit außerhalb der Welt der Videospiele ergeben.

Super Mario Bros. Wonder
Die Verwandlung in einen Elefanten hat mehrere Vorteile, erzählen die Entwickler.
Nintendo

STANDARD: Wie hat die Switch die Entwicklung Ihrer Spiele beeinflusst? Und wie hat sie Ihr persönliches Spielverhalten verändert?

Mouri: Die Nintendo Switch bietet die Möglichkeit, sowohl mobil als auch zu Hause vor dem Fernseher zu spielen. Das hat viele Menschen begeistert, weil man spielen kann, wo man will. "Super Mario Bros. Wonder" kann etwa auch dank der abnehmbaren Joy-Con-Controller überall im Mehrspieler-Modus erlebt werden. Persönlich spiele ich am liebsten auf dem Fernseher, aber nehme die Nintendo Switch auch immer wieder gerne mit nach draußen. So gesehen hat sich also auch mein Spielverhalten verändert.

Tezuka: Ich spiele oft im Handheld-Modus. Bei besonders eindrucksvollen Momenten versammelt sich meine Familie aber oft vor dem Fernseher, und wir erleben diese gemeinsam auf dem großen Bildschirm. (Alexander Amon, 1.9.2023)