Die Menschheit vermehrt sich – und mit ihr die Probleme. Erst vergangenen November verkündeten die Vereinten Nationen, dass nun acht Milliarden Menschen auf dem Planeten leben – natürlich nur symbolisch, denn genau kann das niemand sagen. Die nächste Milliardenmarke ist mit 2037 zwar noch nicht in näherer Sichtweite, doch die Bevölkerungsentwicklung kennt, wenn auch verlangsamt, nur eine Richtung: nach oben. Im Jahr 2050 sollen dann knapp zehn Milliarden Menschen den Planeten bevölkern.

Zwei Milliarden Menschen mehr also, die essen müssen. Gleichzeitig werden auf der Welt die Flächen, auf denen Lebensmittel produziert werden können, knapp – zumindest, wenn man den Naturschutz ernst nimmt. 2022 haben sich beinahe alle Nationen darauf verständigt, bis zum Ende des Jahrzehnts 30 Prozent der globalen Landesoberfläche unter Schutz zu stellen – aber auf 40 Prozent wächst bereits Essbares oder grasen Nutztiere. Die Ernährung der Welt und der Schutz der Artenvielfalt – geht sich das auf diesem Planeten zusammen aus?

Natur vs. Ackerbau

Viele sagen: Es muss. Die Landwirtschaft kann ohne halbwegs stabile Ökosysteme einpacken – und die gibt es wiederum nur, wenn die Artenvielfalt gewahrt wird und möglichst keine natürlichen Lebensräume mehr zerstört werden. Gleichzeitig ist die Landwirtschaft der Grund Nummer eins für den Verlust von Habitaten, von Lebensräumen. Lebensmittelproduktion und Naturschutz müssen also irgendwie Freunde werden.

Luftaufnahme brauens Feld, das bewässert wird, kleiner Regenbogen ist sichtbar
Intensive Landwirtschaft hat einen schlechten Ruf. Doch richtig eingesetzt könnte sie die Erde nachhaltiger machen.
APA/AFP/Belga/ERIC LALMAND

In den Berichten des Weltklimarats (IPCC) stolpert man deshalb immer wieder über den Begriff "nachhaltige Intensivierung". Im Grunde bedeutet das, mehr Essen auf weniger Fläche zu produzieren. Die Landwirtschaft soll also intensiver werden, um nachhaltiger zu werden. Bei intensiver Landwirtschaft denkt man schnell an Massentierhaltung, Monokulturen und in Schutzkleidung verhüllte Menschen, die Pestizide versprühen. Der Spagat zur Nachhaltigkeit ist zumindest im Kopf groß.

Mehr Essen auf weniger Fläche, und das Ganze auch noch nachhaltig – "natürlich klingt das auch ein wenig nach Wunschkonzert", sagt die Hydrologin Bano Mehdi-Schulz, die an der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) unter anderem zu nachhaltiger Intensivierung forscht. Aber man brauche den Idealismus, um das Ziel, auf das wir uns hinbewegen sollen, vor Augen zu behalten.

Intensiv ist nicht gleich Zerstörung

Intensive Landwirtschaft muss nicht immer gleich Umweltzerstörung heißen. Beispiele gibt es genug (siehe Kästen): Bei Agroforstwirtschaft teilen sich Ackerpflanzen den Platz mit Bäumen und tun sich so gegenseitig gut. Bei Aquaponik dienen Abfälle aus der Fischzucht Pflanzen als Dünger – und smarte Roboter könnten in Zukunft den Einsatz von Spritzmitteln minimieren.

In den vergangenen Jahrzehnten ist die Landwirtschaft aber vor allem durch den Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden effizienter geworden. Die Niederlande, mit nur einem Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Europas der zweitgrößte Agrarexporteur der Welt, haben das System perfektioniert.

Die Idee des "land sparing" sieht vor, dass durch intensiveren Ackerbau die nicht benötigte Fläche der Natur zurückgegeben wird – doch das passiert nur selten. In seinem Buch Regenesis bringt der britische Journalist George Monbiot das Dilemma der intensiven Landwirtschaft auf den Punkt: Wo sie gute Erträge abwirft, zieht sie Kapital an – und da sich Kapital vermehren will, werden auch die Flächen ausgeweitet.

Mehdi-Schulz sieht deshalb auch die Politik in einer wichtigen, kontrollierenden Rolle. Oft scheitern ertragssteigernde, aber nachhaltige Maßnahmen wie No-Till (siehe Kasten unten) aber auch an den fehlenden Erfahrungen der Landwirte, an Skepsis gegenüber den Methoden und hohen Investitionskosten für neue Maschinen. Eine einfache Lösung für alle Weltregionen gebe es zudem nicht. "Wir müssen deshalb darauf achten, wie wir diese Idee richtig kommunizieren", sagt Mehdi-Schulz.