Seit Sonntag ist es auch für die russischen Behörden offiziell: Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin ist tatsächlich tot. Ergebnisse von Gentests würden die Identität der zehn Menschen bestätigen, die am vergangenen Mittwoch bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sind – und darunter sei auch der Gründer der Söldnertruppe Wagner gewesen.

Prigoschin im Gespräch mit einem Söldner.
Jewgeni Prigoschin (li.) im Gespräch mit einem Wagner-Söldner in Belarus.
AP

Gleichzeitig verdichten sich Hinweise auf eine Bombe an Bord des Flugzeuges; inzwischen sind die Flugschreiber der Maschine gefunden worden. Unterdessen hat der Kreml jede Verwicklung am Tod Prigoschins zurückgewiesen. Alle Spekulationen in diese Richtung seien eine "absolute Lüge", so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

So sieht es auch Alexander Lukaschenko: Sein Amtskollege Wladimir Putin könne nicht hinter dem Absturz stecken, sagte der belarussische Machthaber. "Das war eine viel zu grobe, unprofessionelle Arbeit." Nach eigener Darstellung hatte Lukaschenko Prigoschin mehrfach gewarnt – der russische Söldnerführer habe jedoch die Warnungen in den Wind geschlagen.

Das erste Mal sei das nach dem Marsch der Söldner auf Moskau im Juni der Fall gewesen. "Zur Hölle damit – ich werde sterben", habe Prigoschin damals erwidert. Beim zweiten Mal habe Lukaschenko zu Prigoschin und auch zu Dmitri Utkin, dem Wagner-Kommandanten, gesagt: "Jungs, passt auf!"

Zelte in Belarus aufgeschlagen – und wieder abgebaut?

Nach der gescheiterten Rebellion hatten Prigoschins Kämpfer Zeltlager in Belarus bezogen. Untergebracht sind sie auch jetzt noch in einem Camp nahe dem Dorf Tsel in der Region Mogilew. Im Juli gründete und registrierte Prigoschin laut der Onlineplattform reform.by in Belarus dazu eine eigene Firma.

Laut Lukaschenko wird die Wagner-Truppe weiterhin in Belarus bleiben. "Wagner lebte, Wagner lebt, und Wagner wird in Belarus leben – auch wenn das jemandem nicht gefallen sollte", so Lukaschenko. Westliche Medien – so etwa der belarussische Dienst von Radio Liberty auf Basis von Satellitenbildern – hatten zuvor berichtet: Ein Drittel der Zelte sei abgebaut worden.

Zu vermuten ist, dass das Wagner-Camp in Zukunft als Basis für die Einsätze der Söldner in Afrika dienen wird, heißt es im Netz. Zumindest vor dem Tod Prigoschins war das wohl tatsächlich so geplant. "Die Jungs ruhen sich aus und gewinnen an Kraft. Jetzt ist es sehr wichtig, das afrikanische Kontingent auszuwechseln, das seit mehreren Jahren ohne Rotation ist", hieß es auf dem Militärblogger-Kanal "Belarussischer Silowik".

In Afrika war Prigoschin wohl auch in den Tagen vor dem Absturz gewesen. Am 18. August sei er in der Zentralafrikanischen Republik gelandet, berichten russische Militärblogger. Anschließend sei er über den Sudan und Mali nach Moskau gereist.

Im Sudan, der seit Monaten von schweren Gefechten zwischen den zwei stärksten Militärblöcken des Landes erschüttert wird, soll Prigoschin in der Vergangenheit im Gegenzug zu Waffenlieferungen Lizenzen für Goldminen erhalten haben.

2018 kam Prigoschins Truppe dem Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik, Faustin-Archange Touadéra, zu Hilfe, als dieser von Rebellen gestürzt zu werden drohte. Auch hier erhielt Prigoschin als Gegenleistung die Erlaubnis, Gold abbauen zu dürfen. Medienberichten zufolge beteuerte ein Berater Touadéras nun, dass Wagner trotz Prigoschins Tod weiterhin im Land bleibe. (Jo Angerer aus Moskau, 27.8.2023)