Im kleinen Österreich fokussiert sich die Debatte auf die Auswirkungen der Geldpolitik auf die Kreditnehmer mit variabler Verzinsung. Die rasanten Zinserhöhungen haben bekanntlich so manche Häuslbauer in Bedrängnis gebracht. Willibald Cernko, Bundesobmann der Sparte Banken in der Wirtschaftskammer und CEO der Erste Bank Group, verteidigte am Wochenende im Ö1-Journal zu Gast die Institute. "Wir sind angehalten, den Kunden alle Möglichkeiten offenzulegen." Fixzins oder variable Verzinsung, man würde in der Beratung auf Vor- und Nachteile verweisen. Wiewohl Cernko einräumt: "Es mag immer noch besser getan werden."

Während hierzulande über die Details angemessener Hilfe diskutiert wird, hatten die Währungshüter beim Notenbankertreffen in Jackson Hole, im US-Bundesstaat Wyoming, das große Ganze im Blick. Das gestaltet sich nicht weniger diffizil.

Der Fed-Chef Jerome Powell, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde und der Gouverneur der Bank of Japan Kazuo Ueda machen eine Pause im Freien, während sie am jährlichen wirtschaftspolitischen Symposium der Kansas City Federal Reserve Bank in Jackson Hole, Wyoming, teilnehmen.
Auch in luftiger Höh' in Jackson Hole bleiben EZB-Chefin Lagarde und Fed-Chef Powell bei ihrem Ziel: Die Inflationsrate muss runter – auf zwei Prozent.
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Die Hauptfrage im beschaulichen Städtchen am Fuße der Rocky Mountains auf 1.900 Meter Höhe lautet: Ist der Zinsgipfel erreicht, oder müssen die Zinsen weiter angehoben werden, um die hartnäckige Inflation in den Griff zu bekommen? Zuletzt sind die Stimmen lauter geworden, die eine Zinspause bei den Sitzungen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) im September für realistisch und geboten halten. Das auch vor dem Hintergrund zunehmender Rezessionsängste in Europa.

Seit 1976, als zuvor der erste Ölpreisschock eine lange Phase hoher Inflation ausgelöst hatte, treffen sich in Jackson Hole die führenden Notenbanker jährlich im August – und verkünden mitunter richtungsweisende Entscheidungen.

Komplexe Lage

Diesmal lässt sich ermessen, wie komplex die Lage ist. Wer eindeutige Signale erwartet hatte, wurde enttäuscht. Eine Zinspause scheint zumindest in Europa nicht in Sicht – noch. EZB-Chefin Christine Lagarde und Fed-Chef Jerome Powell zeigten sich entschlossen, dem Kampf gegen die Inflation weiterhin mit strenger Geldpolitik zu begegnen. "Wir müssen und wir werden die Inflation mittelfristig bei zwei Prozent halten", beteuerte Lagarde. Die Inflation in der Eurozone sinkt zwar, ist aber immer noch mehr als doppelt so hoch wie das mittelfristige Inflationsziel der EZB.

Auch Fed-Chef Powell begrüßte zwar den Rückgang der Inflation, man müsse aber "immer noch einen langen Weg gehen". Dennoch schloss Powell nicht aus, dass die Fed auf ihrer nächsten Sitzung stillhält: "In Anbetracht der Fortschritte, die wir gemacht haben, sind wir in der Lage, bei den kommenden Sitzungen vorsichtig vorzugehen."

Das große Ganze

In Jackson Hole denken die führenden Köpfe naturgemäß ohnehin weiter. Lagarde hielt eine nachdenkliche Rede über die Entwicklung der Rahmenbedingungen. Sie sprach laut Financial Times über die Auswirkungen der angespannteren Arbeitsmärkte, den Übergang zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft und die Fragmentierung in konkurrierende Blöcke. "Für die Situation, mit der wir heute konfrontiert sind, gibt es kein vorgefertigtes Drehbuch – unsere Aufgabe ist es also, ein neues zu erstellen", sagte die EZB-Chefin. Die Umwälzungen der letzten drei Jahre würden wahrscheinlich zu einem hartnäckigeren Preisdruck führen, warnte sie. Und ein solcher sei schwieriger zu beseitigen.

Gut möglich, dass die Zentralbanken die Zinssätze für einen längeren Zeitraum auf hohem Niveau halten müssen. Das lässt erwarten, dass die EZB bei ihrer Sitzung Mitte September die Zinsen weiter erhöhen wird. Die Euronotenbank hat im Kampf gegen die Inflation seit Sommer 2022 neun Mal in Folge die Zinsen angehoben. Der am Finanzmarkt wichtige Einlagensatz liegt inzwischen bei 3,75 Prozent, das höchste Niveau seit 23 Jahren.

Ein weiterer Anstieg würde für Häuslbauer bedeuten, dass auch Immo-Kredite absehbar teuer bleiben. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr bringt im Profil einen neuen Vorschlag aufs Tapet: Banken müssten bei fixverzinsten Krediten mehr verdienen, da Kreditnehmer vor Zinsänderungsrisiken geschützt seien. Bei festverzinsten Krediten könnten sie anstelle einer Quote einen Eurobetrag verlangen, der sich nach der Ausgleichszulage richten könnte, schlägt Felbermayr vor. (red, 27.8.2023)