Wie viel Fleisch, Milch und Eier aus Österreich verarbeitet Österreichs Gastronomie? Ab kommendem Freitag geben darüber zumindest Betriebsküchen und Kantinen auf ihren Menüplänen Aufschluss. Manfred Ronge, Präsident des Dachverbands der Gemeinschaftsverpfleger, sieht diesem Stichtag entspannt entgegen.

Ab Freitag geben Großküchen der Gemeinschaftsverpfleger Auskunft über die Herkunft von Fleisch, Milch und Eiern in ihren Gerichten.
Regine Hendrich

Seine Branche überlasse bei ihren Einkäufen schon seit Jahren nichts dem Zufall, sagt Ronge. Die öffentliche Hand lege bei Spitälern, Kindergärten und Schulen viel Wert auf regionalen Einkauf. "Unsere Rohware ist klar definiert, wir kennen unsere Lieferanten." Dass dies nun künftig auch für Gäste transparent dokumentiert werde, tue dem Image der Großküchen gut, fügt Ronge hinzu.

Für ihn sei es allein schon aus diesem Grund unverständlich, warum sich die übrige Gastronomie weiter stark gegen die verpflichtende Herkunftsbezeichnung ihrer Grundzutaten sträube. Probleme mit ausreichender Verfügbarkeit österreichischer Lebensmittel halten sich seinen Erfahrungen nach in Grenzen.

Kritik, dass bei variierenden Bezugsquellen über das Jahr gerechnet auch pauschale Mengenbilanzen erlaubt sind, lässt Ronge nicht gelten: Bei 30 bis 40 verschiedenen Lieferstellen sei es schlicht nicht möglich, bei jedem einzelnen Gericht das exakte Herkunftsland zu dokumentieren. "Die ehrlichere Variante ist eine Prozentangabe im Jahresverlauf."

"Gängelung"

Anders als Ronge hält Großhändler Christof Kastner die Ausweitung der neuen Regeln auf alle Wirte für verzichtbar und spricht von einem "bürokratischen Monster". "Wer soll das alles kontrollieren, wie wird gestraft?", fragt sich der Gastronomielieferant. Besonderes werde auf den Speisekarten ohnehin ausgelobt. Alles andere seien überbordende Vorschriften und eine Gängelung durch die Politik, ärgert sich Kastner.

Auch Markus Gratzer, Generalsekretär der Hoteliervereinigung, bezweifelt, dass bisherige Kontrollapparate ausreichen, um alle Gastronomen zu prüfen. Die Hoteliers seien nicht kategorisch gegen weitere Kennzeichnungen, sagt er. Es gelte aber zuerst, sich Details und Erfahrungen anderer Länder anzusehen.

Vor allem jedoch gehöre mit Blick auf die jüngsten Tierwohl-Skandale sichergestellt, dass Bauern die Qualität lieferten, die sie versprächen, betont Gratzer. Er hat Vertreter der Landwirtschaft, die sich für tiefere Einblicke in die Töpfe der Gastronomie starkmachen, im Verdacht, von "ihren eigenen Problemen mit dem AMA-Gütesiegel abzulenken".

"Aus welchem Grund sollten wir das tun?", fragt Markus Lukas. Der Obmann der österreichischen Geflügelmäster sieht den wesentlichen Grund für den Widerstand zahlreicher Restaurants gegen Transparenz vorwiegend darin, "dass sich keiner traut, die ungarischen Hühner auf Speisekarten auszuschildern".

"Mehr Nutzen als Aufwand"

Jene Betriebe, die mehr österreichische Rohstoffe verarbeiteten und dies auslobten, zählten mehr Gäste — und hätten infolgedessen höheren Nutzen als Aufwand, ist sich Lukas sicher. Dass Gastronomen der Verzicht auf Importe teuer zu stehen kommt, ist aus seiner Sicht falsch.

Diese bezahlten für ein Hendl aus Österreich meist um einen Euro mehr als für ein importiertes, das anderen Tierhaltekriterien unterliege. Umgelegt auf eine Portion, mache dies 20 bis 60 Cent Mehrkosten aus. Gäste aber seien bereit, dafür gut einen Euro mehr auszugeben.

Andreas Haderer, der als Systemgastronom für den Einrichtungskonzern XXXLutz knapp 50 Restaurants führt, kalkuliert für ein Huhn aus Österreich um zwei bis drei höhere Kosten ein. Er versuche seit Jahren, mehr Geflügel aus dem eigenen Land zu verarbeiten, was nicht immer einfach sei, erzählt er. Unbestritten ist für Haderer jedoch, dass seine Branche trotz all ihrer Bedenken an genauerer Herkunftskennzeichnung nicht herumkommt. "Kunden brauchen Wahlfreiheit", sagt er, "wir müssen ihnen sagen, was auf ihren Tellern liegt."

Keine Hürde sei die Transparenz für Biogastronomen, zieht Joachim Ivany, der die Grünen in der Wiener Wirtschaftskammer vertritt, Bilanz. "Dass es für jene Betriebe, die einkaufen, wo es gerade am billigsten ist, mühsam ist, jedes Mal die Karte umzuschreiben, ist aber klar." (Verena Kainrath, 28.8.2023)