Noch will Luis Rubiales die Signale nicht hören, doch seine Position wird von Tag zu Tag schwächer.
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Eine Woche ist vergangen, seit sich Luis Rubiales demaskierte. Der Chef des spanischen Fußballverbands RFEF küsste die Weltmeisterin Jennifer Hermoso bei der Siegerehrung gegen ihren Willen auf den Mund, seither kämpft er um sein politisches Überleben – und bekommt dabei immer mehr Gegenwind. Die wichtigsten Akteurinnen und Akteure:

Luis Rubiales scheint die Tragweite seines Übergriffs nicht so richtig einzusehen – oder nicht einsehen zu wollen. Mag sein, dass das auch abfindungsrechtliche Gründe hat, doch der 46-Jährige beharrt auf seinem Lieblingssatz, den er bei einer Rede vor der außerordentlichen Verbands-Generalversammlung gleich fünfmal äußerte: "Ich werde nicht zurücktreten!"

Jennifer Hermoso hat Rubiales’ Märchen vom "einvernehmlichen" Kuss längst zerlegt. Sie schrieb in einer Erklärung, sie habe sich als "Opfer eines Übergriffs" gefühlt. Die Rede des Präsidenten sei "Teil der manipulativen Kultur, die er selbst geschaffen hat".

Jorge Vilda verdankt Rubiales seinen Job. Als 15 Spielerinnen gegen den Teamchef rebellierten, hielt ihm der Präsident die Stange. Vilda revanchierte sich mit fleißigem Applaus bei der Rede vor der Generalversammlung – am Samstag ruderte aber auch er zurück. Er bedaure, dass Rubiales’ "unangemessenes Verhalten" den Erfolg des Teams beeinträchtigt, erklärte Vilda.

Der RFEF erweist dem Noch-Präsidenten Nibelungentreue. Nachdem der Verband Hermoso anfangs ein entschärfendes Statement andichtete, kündigte ein Sprecher am Freitag an, "rechtliche Schritte einzuleiten, um die Ehre des Präsidenten zu verteidigen". Am Montag folgt die nächste Krisensitzung.

Die Uefa schweigt ohrenbetäubend. Rubiales ist Vizepräsident des europäischen Fußballverbands, dieser sah sich bisher nicht zu einer Reaktion veranlasst.

Die Fifa hat Rubiales vorläufig für 90 Tage suspendiert und ihm verboten, Kontakt zu Hermoso aufzunehmen. Der Fußball-Weltverband ist nicht zum feministischen Kampfverbund mutiert, das Durchgreifen kann man eher auf die Feindschaft mit der Uefa zurückführen.

Spaniens Politik würde Rubiales gerne loswerden. Regierungschef Pedro Sánchez ist Hermoso flott beigesprungen, doch die Regierung kann einen Verbandspräsidenten nicht einfach abberufen. Abhilfe könnte Spaniens Sportverwaltungsgericht TAD schaffen, laut Medienberichten tritt es am Montag wegen der Causa Rubiales zusammen. "Die einzigen im Sportgesetz vorgesehenen Sanktionen sind die Verhängung einer Geldstrafe oder eines Spielverbots für einen Zeitraum zwischen zwei und 15 Jahren", erklärte Sportanwalt Toni Roca in einem TV-Interview.

Spaniens Frauenteam ist in Streik getreten. 81 Spielerinnen unterschrieben ein von der Gewerkschaft Futpro verbreitetes Statement, wonach sie "eine nächste Einberufung nicht ehren, wenn die derzeitige Führung beibehalten wird".

Spaniens Profikicker haben sich nur vereinzelt geäußert, eine geschlossene Reaktion des Männer-Nationalteams lässt auf sich warten. Einzig Borja Iglesias kündigte an, nicht mehr für die Furia Roja kicken zu wollen, bis sich etwas ändere. Andere (Ex-)Profis wie David de Gea, Hector Bellerin oder Spaniens Torwartlegende Iker Casillas äußerten auf Social Media ihre Entrüstung über Rubiales. (Martin Schauhuber, 27.8.2023)