Der Sommer wie damals ist gut, aber aus. Das Sommergespräch als Genre entstand im ORF Anfang der 1980er, als es noch so etwas wie ein Sommerloch gab und die wenigen Politikjournalisten (gendern war damals kaum nötig), die nicht auf Urlaub waren, Zeit hatten, um etwas tiefgründiger und auch privater nachzufragen.

Moderatorin Susanne Schnabl und SPÖ-Chef Andreas Babler im Sprechzimmer 23.
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1988 baute man etwa die Kameras um den seinerzeitigen FPÖ-Chef Jörg Haider und den Journalisten Johannes Fischer auf einer Kärntner Alm auf. In dem Idyll nannte Haider die österreichische Nation eine "ideologische Missgeburt". Zehn Jahre später sprach der damalige ORF-Anchorman Robert Hochner mit Alexander Van der Bellen – damals Grünen-Chef. Manchmal holte man auch Künstler dazu. So vernahm 2009 Tatort-Kommissar Harald Krassnitzer den damaligen ÖVP-Chef Josef Pröll.

Lange waren die Gespräche live – in der Natur, manchmal mit Publikum vor Ort. Der damalige Kanzler Werner Faymann (SPÖ) kämpfte 2012 in einem nächtlichen Gartenhotel nicht nur gegen Armin Wolfs Fragen, sondern auch gegen Gelsen. Der mittlerweile Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) verteidigte 2018 in einem Wachauer Weingut den Besuch Putins auf der Hochzeit einer Ministerin.

ZIB 2: Andreas Babler (SPÖ) im ORF Sommergespräch
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Einen Sommer wie damals gibt es nicht mehr. Jetzt finden sich die Parteichefs und -chefinnen im holzgetäfelten Sprechzimmer 23 zur Befragung wieder. Dort betete Montagabend der SPÖ-Chef Andreas Babler sein Programm wie ein Poetry-Slammer, den der Geheimdienst geschnappt hat, der Interviewerin Susanne Schnabl herunter. Das Politische ist vielleicht privat, aber privat war einmal. Schnell muss man sein. Sonst herbstelt es, bevor man "Freundschaft" sagen kann. (Colette M. Schmidt, 29.8.2023)