Das Bild zeigt Tech-Youtuber Jeff Geerling mit Taubenmaske in einem Flugzeug
Im aktuellen Video von Tech-Youtuber Jeff Geerling sind echte und falsche Tauben im Spiel.
Screenshot Youtube/Jeff Geerling

In einer rasant fortschreitenden Tech-Welt erscheint der Gedanke, zu älteren Methoden und Praktiken zurückzukehren, beinahe undenkbar. Umso erfrischender das Erlebnis, wenn es dann doch jemand versucht – und damit unter Beweis stellt, dass "Oldschool" unter bestimmten Umständen moderne Alternativen übertreffen kann. Tech-Youtuber Jeff Geerling hat die klassische Debatte über die Datenübertragungsgeschwindigkeiten neu entfacht, indem er modernste Gigabit-Glasfasertechnologie gegen einen der ältesten Kommunikationsvermittler der Menschheit antreten ließ: die Brieftaube.

Testing one of the oldest Internet myths
Jeff Geerling

Dieses skurrile Experiment erinnert an das humorvolle, jedoch technisch fundierte Konzept des "IP over Avian Carriers" (IPoAC). Für diejenigen, die nicht vertraut sind mit dieser eher scherzhaften Idee: IPoAC schlägt vor, Brieftauben für die Datenübertragung zu nutzen, wobei die Daten auf kleinen Speichermedien transportiert werden, die an den Tauben befestigt sind. Ursprünglich am 1. April 1990 als Aprilscherz veröffentlicht, erhält das nicht ganz ernst gemeinte Netzwerkprotokoll durch Geerlings empirischen Ansatz neue Aufmerksamkeit.

Eine Taube mit 3TB Speicherplatz

In seinem Experiment verwendete Geerling Brieftauben, die mit nicht weniger als drei Ein-Terabyte-Flashspeichern ausgerüstet wurden. Das ist insofern nicht ganz unproblematisch, als dass Brieftauben normalerweise nur mit fast halb so großen Paketen unterwegs sind. Dennoch schaffte die Taube die Strecke über die Länge von rund einer Meile in nur einer Minute.

Durch die Kombination dieser Flugzeit mit der benötigten Zeit für die Datenübertragung von und auf die Flash-Laufwerke konnte Geerling eine beeindruckende Grundlage für die Übertragung von drei Terabyte Daten über diese Distanz schaffen. Überraschenderweise könnte diese Übertragungsmethode auf Strecken von bis zu 600 Meilen nicht nur konkurrenzfähig, sondern der Internetverbindung sogar überlegen sein.

Um die Reichweite der Möglichkeiten weiter zu untersuchen, setzte Geerling das Experiment fort, indem er sich selbst als menschliche Version einer "Brieftaube" verkleidete und als "Pijeff" (in Anlehnung an "pigeon" und "Jeff", Anm.) mit einem Flugzeug drei Terabyte Daten von den USA nach Kanada transportierte. Er fand heraus, dass diese Methode wiederum erst bei einer Entfernung ab etwa 5.000 Meilen von der Internetübertragung übertroffen werden dürfte.

Einschränkungen vorhanden

Die Relevanz dieses Experiments geht jedoch über einen bloßen Geschwindigkeitsvergleich hinaus. Es zeigt auch die inhärenten Einschränkungen der unterschiedlichen Methoden auf. Trotz beachtlicher Resultate sollte nicht vergessen werden, dass eine Brieftaube ihr Zuhause in der Regel nur aus eingeschränkter Entfernung finden kann – das bedeutet, dass für größere Distanzen mehrere "Relaisstationen" benötigt würden. Zudem besteht die Gefahr des "Paketverlusts" durch natürliche Jäger oder andere unvorhergesehene Ereignisse, die eine zuverlässige Datenübertragung erschweren könnten.

Auf der anderen Seite veranschaulicht das Experiment auch die tatsächliche Leistung moderner Internetdienste. Obwohl Geerlings Internetverbindung eine beworbene Geschwindigkeit von 1 Gbit/s hatte, lag die tatsächliche, kontinuierliche Übertragungsrate bei "nur" 75 MB/s. Das ist natürlich keine schlechte Internetverbindung, kann aber Fragen zu Effizienz und Zuverlässigkeit der Internetdienste oder aber zu den beworbenen Angaben der Anbieter aufwerfen. Ob man im Zweifelsfall dann doch zur Brieftaube greifen würde, ist bei aller Tierliebe dann doch stark anzuzweifeln. (bbr, 30.8.2023)