Kommt er, oder kommt er nicht, der Mietpreisdeckel: Das ist die große innenpolitische Frage für die kommenden Wochen. Denn die Regierungsparteien ÖVP und Grüne haben sich zwar auf ein Modell geeinigt. Der am Mittwoch im Nationalrat eingebrachte Vorschlag enthält aber lauter Verfassungsbestimmungen, mit dem etwa das Mietrechts- und das Richtwertgesetz geändert werden sollen. Damit der Deckel also beschlossen werden kann, braucht es die Zustimmung von SPÖ oder FPÖ.

Vizekanzler und Kanzler präsentierten die Mietpreisbremse am Mittwoch.
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Allerdings melden Juristen Bedenken an und argumentieren, dass die Regierung ihren Deckel auch mit einfacher Mehrheit beschließen könnte. Sie müsste dabei auch nicht fürchten, dass die Regelung dann vom Höchstgericht wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben wird. Der Beschluss mit Zweidrittelmehrheit sei juristisch "überhaupt nicht notwendig", sagt etwa der auf Wohnrecht spezialisierte Zivilrechtler Andreas Vonkilch von der Universität Innsbruck.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) habe in einem Urteil im Jahr 2016 klargestellt, dass der Gesetzgeber bei Eingriffen in die Vertragsfreiheit im Mietrecht sehr weit gehen kann. Damals wurde ein Verbot für Lagezuschläge bei Richtwertmieten in Wiener Gründerzeitvierteln erfolglos angefochten. Um Wohnen leistbar zu halten, sei alles erlaubt, solange die Miete nicht zum Minusgeschäft für die Vermieter wird, fasst Vonklich das Urteil des Höchstgerichts zusammen.

Daher sei es auch kein Problem, einen Mietendeckel mit einfacher Mehrheit zu beschließen. Ähnlich argumentiert der Staats- und Verwaltungsrechtler Peter Bußjäger.

Auch er sieht nach Durchsicht der Vorlage keinen Grund, den Mietendeckel per Verfassungsgesetz zu beschließen. Keine der Bestimmungen, die abgeändert werden soll, stehe im Verfassungsrang. Auch die Erläuterungen zum Gesetz erklären die Notwendigkeit nicht.

Dem Vernehmen nach kam der Wunsch nach Absicherung mit Zweidrittelmehrheit aus dem grünen Justizministerium.

Das Ganze sieht nach einer Zwickmühle für die Opposition aus: Gehen sie mit der Regierung mit, können sie Kritik an hohen Wohnkosten kaum noch glaubhaft vorbringen. Stimmen sie gegen den Deckel, müssen sie sich vorhalten lassen, nichts unternommen zu haben.

Die SPÖ sieht den Deckel als wirkungslos an. Auch die FPÖ will dem aktuell vorliegenden Entwurf nicht zustimmen.

Im Justizministerium heißt es, dass der Deckel in viele geltende Verträge eingreife, mit den Verfassungsbestimmungen sollen die neuen Regeln abgesichert werden. Die ÖVP argumentiert ähnlich, sagt aber bereits, dass, sollte die Opposition nicht zustimmen, auch ein Beschluss mit einfachem Gesetz denkbar wäre. (András Szigetvari, 31.8.2023)