Kochlehrlinge beim Zubereiten von Speisen.
Angehende Köche in der Berufsschule Längenfeldgasse in Wien. In Großküchen, nicht im Gastgewerbe gibt es ab sofort die Verpflichtung, die Herkunft bestimmter Lebensmittel auszuschildern.
Christian Fischer

Der heutige 1. September ist in gewissem Sinn geschichtsträchtig, markiert er doch den Anfang vom Ende der Intransparenz bei Lebensmitteln. Ab sofort muss in Betriebsküchen und Kantinen die Herkunft bestimmter Lebensmittel klar ausgewiesen werden. Dazu gehören Fleisch, Milch und Eier.

Die Dimension ist durchaus beträchtlich, werden in Österreich doch tagtäglich an die 2,2 Millionen Speisen in Großküchen ausgegeben. Vorausgegangen ist ein langes Tauziehen, was alles der Nachweispflicht unterworfen werden soll.

Langes Tauziehen

Interessenvertreter der Großküchen pochten auf Praktikabilität. Die Landwirtschaftskammer als Interessenvertreterin der heimischen Bäuerinnen und Bauern wollte die Pflicht zum Herkunftsnachweis möglichst breitflächig umgesetzt wissen. Ihr Interesse ist, dass so viele Lebensmittel österreichischer Herkunft auf die Teller kommen wie nur möglich. Bei der Gastronomie ist sie damit gescheitert. Eine verpflichtende Kennzeichnung von Lebensmitteln gibt es im Wirtshaus und im Hotelrestaurant weiter nicht.

Die Regelung gilt vorerst für alle öffentlichen und privaten Kantinen. Damit müssen sowohl sämtliche Betriebskantinen als auch Gesundheits- und Bildungseinrichtungen klar ausweisen, woher bestimmte Speisen stammen. Laut Landwirtschaftsministerium ist künftig der Ursprung von Fleisch (Rind, Schwein, Geflügel, Schaf, Ziege, Wild), Milch und Milchprodukten wie Butter, Käse oder Topfen sowie von Eiern anzugeben.

Aushang mit Prozentangaben

Verpflichtend ist die Ausschilderung in einer transparenten Form, etwa durch Aushang oder eine entsprechende Notiz in der Speisekarte. Der Großteil der betroffenen Einrichtungen dürfte das dergestalt machen, dass im Aushang angegeben wird, wie viel Prozent der jeweiligen Lebensmittel im Schnitt aus Österreich, aus dem EU-Raum oder, sofern das der Fall ist, von außerhalb Europas stammt. Darauf hat zumindest der Geschäftsführer des Dachverbands der österreichischen Gemeinschaftsverpfleger, Manfred Ronge, am Freitag im Ö1-"Morgenjournal" hingewiesen. Für Faschiertes bedarf es keines Herkunftsnachweises, weil das definitionsgemäß kein Frischfleisch ist.

Kontrollieren soll die Richtigkeit der Herkunftsangabe die jeweilige Lebensmittelaufsicht der Länder. Bei mehrfachen Verstößen droht nach Angaben des Ministeriums eine Verwaltungsstrafe.

Problem bei Geflügel

Nach Angeben des Vereins Nachhaltige Tierhaltung Österreich (NTÖ) stammen derzeit 70 bis 80 Prozent des in der Gemeinschaftsverpflegung eingesetzten Schweinefrischfleischs aus Österreich. Bei Rindfleisch beträgt der Wert gut 80 Prozent, bei Geflügel lediglich zehn Prozent. Bei Eiern würden immerhin 70 Prozent aus österreichischer Produktion verwertet. Insbesondere bei Rindfleisch sei der Selbstversorgungsgrad in Österreich hoch. Der Bedarf in der öffentlichen Verpflegung könne damit gedeckt werden, schreibt der Verein in einer Mitteilung, die von der Austria Presseagentur wiedergegeben wurde. Auch bei Schweinefleisch wäre dies den Angaben zufolge möglich.

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) erwartet sich von der Umsetzung eine höhere Transparenz für die Leistung der heimischen Bäuerinnen und Bauern, wie er am Freitag in einer Aussendung betonte. Einen "Gewinn" für Konsumentinnen und Konsumenten ortet Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Mit der Kennzeichnung ermögliche man eine bewusste Entscheidung hin zu österreichischen Lebensmitteln. Mit Zustimmung reagierten auch der ÖVP-Bauernbund sowie die Initiative Oekoreich, die die "Mauer des Schweigens" zur Herkunft österreichischer Lebensmittel bröckeln sieht.

Freiwilligkeit in Gastronomie

Für eine Ausweitung auf die Gastronomie sprachen sich zuletzt SPÖ und Grüne sowie die Landwirtschaftskammer und Tierschutzorganisationen aus. Auch die Umweltschützer von Greenpeace sowie WWF oder die Initiative Land schafft Leben drängten am Freitag in Aussendungen auf eine Kennzeichnung in Gasthäusern und Restaurants. Ein Großteil der Betriebe argumentiert mit erheblichem bürokratischem Zusatzaufwand, der damit einhergehe.

Auf freiwilliger Basis können Gastronomiebetriebe die Herkunft ihrer Produkte natürlich ausweisen. Manche machen das auch, weil sie sich davon einen verstärkten Zustrom von Personen versprechen, die Wert auf heimische Produkte legen. Wenn Betriebe mit Herkunftsnachweisen werben, müssen sie aber auch den Beweis antreten können, dass ihre Angaben zutreffen. (Günther Strobl, 1.9.2023)