Nie Dagewesenes findet gerade in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) statt. Der Generalrat, das Kontrollgremium der OeNB, hat keine Spitze: Die Posten des Präsidenten und seines Stellvertreters oder seiner Stellvertreterin sind unbesetzt. Am 31. August sind die Mandate von Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer (ÖVP) als OeNB-Präsident und von seiner Stellvertreterin Barbara Kolm (FPÖ) als Vizepräsidentin ausgelaufen.

Und: Die für die Ernennung zuständige Regierung, bestehend aus ÖVP und Grünen, hat keine Nachbesetzungen vorgenommen. Wie das Finanzministerium der APA mitteilte, soll das bis zur nächsten Generalratssitzung im Oktober geschehen.

Dem Gremium fehlt freilich nicht nur seine Spitze – sondern auch einfache Mitglieder. Das Mandat von Investmentbanker Christoph Traunig lief ebenfalls am Donnerstag aus, das von Franz Maurer überhaupt schon im Frühling. Ex-Banker Stephan Koren hat noch bis 7. September Sitz und Stimme im Kontrollgremium. Ab da werden also fünf Personen fehlen, weitere fünf Mandate sind besetzt: mit Erwin Hameseder, dem Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ Wien, dem Chefökonomen der Industriellenvereinigung, Christian Helmenstein, Wüstenrot-Chefin Susanne Riess-Hahn und den Ökonominnen Sigrid Stagl und Brigitte Unger. Sollte sich die Koalitionsregierung nicht zu Nachbesetzungen durchringen, wäre also ab nächster Woche die Hälfte der Mandate im Generalrat unbesetzt.

Gerade noch beschlussfähig

Dessen wichtigste Aufgaben sind die Beratung des Direktoriums, das derzeit von Robert Holzmann (FPÖ-Ticket) geleitet wird, und bei der Neubesetzung des Direktoriums schlägt der Generalrat der Regierung die Mitglieder vor.

Beschlussfähig ist das Gremium derzeit gerade noch: Dazu müssen gemäß Nationalbankgesetz mindestens fünf Mitglieder anwesend sein. Dennoch wurde die für 6. September geplante Sitzung des Gremiums verschoben – auf 2. Oktober. Bis dahin hofft man, die Mandate nachbesetzt zu haben. Vorausgesetzt, ÖVP und Grüne können sich bis dahin einigen. Die ÖVP will erneut Mahrer bestellen, die Grünen dürften dagegen sein.

Dass die Koalition wichtige Posten nicht nachbesetzt, kennt man schon: aus dem Bundesverwaltungsgericht, der Bundeswettbewerbsbehörde BWB und dem Finanzmarktstabilitätsgremium. Bei all diesen Besetzungen konnten sich ÖVP und Grüne bisher nicht einigen. (Renate Graber, 1.9.2023)

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Nie dagewesen: Nur die Hälfte der Generalratsmandate ist besetzt, und es gibt kein Präsidium.
APA/Tobias Steinmaurer