Schauspieler Florian Teichtmeister bei einem Interview vor einer roten Treppe.
Im Oktober 2021 war Florian Teichtmeister noch ein gefeierter Mime – die Ermittlungen gegen ihn liefen da bereits.
APA / FLORIAN WIESER

Wien – Drei Frauen und ein Mann werden am Dienstag ab 9.45 Uhr über das strafrechtliche Schicksal von Florian Teichtmeister entscheiden. Läuft alles nach Plan, wird der 43-jährige Schauspieler zu diesem Zeitpunkt auf dem Anklagestuhl im altehrwürdigen Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen Wien Platz nehmen, um sich vor einem Schöffengericht wegen der Herstellung und des Besitzes von pornografischen Darstellungen Minderjähriger zu verantworten. Eigentlich hätte der Prozess bereits am 8. Februar stattfinden sollen – doch damals entschuldigte sich der Angeklagte aus gesundheitlichen Gründen.

Nun liegt es also am Vorsitzenden Stefan Apostol, Beisitzerin Eva Brandstetter und zwei Laienrichterinnen, zu beurteilen, ob der von Beginn an geständige Unbescholtene die ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfenen Taten begangen hat und wie streng er dafür bestraft werden soll. Theoretisch drohen für den Paragrafen 207a im Strafgesetzbuch bis zu drei Jahre Haft, zusätzlich könnte Teichtmeister auch strafrechtlich in einem forensisch-therapeutischen Zentrum untergebracht werden. Denn der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann ist in einem vom Vorsitzenden Apostol in Auftrag gegebenen Ergänzungsgutachten zum Schluss gekommen, dass der Künstler an einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung leidet, die ihn gefährlich macht.

Video: Vor dem Gerichtsgebäude versammelten sich Demonstranten, die unter anderem einen Galgen mitführten.
DER STANDARD

Verstörende Anmerkungen

Rund 76.000 einschlägige strafbare Dateien soll sich Teichtmeister von Februar 2008 bis Sommer 2021 im Internet besorgt haben. 47.000 Bilder und Videos zeigten den Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren, der Rest Abbildungen von 14- bis 18-Jährigen. Damit nicht genug. Laut Anklage hat er knapp 35.000 davon aktiv bearbeitet – indem er sie mit Kommentaren versah, Video- und Diashows erstellte und Collagen anfertigte. Besonders die Anmerkungen sind dem Vernehmen nach verstörend und begründeten Hofmanns Einschätzung der potenziellen Gefährlichkeit des Angeklagten.

Allerdings: Da der Ex-Burgschauspieler nach Angaben seiner Verteidiger Philipp Wolm und Rudolf Mayer bereits während der Ermittlungen freiwillig eine Psychotherapie begonnen hat, kommt auch eine bedingte Einweisung in Betracht. Das bedeutet, dass Teichmeister dem Gericht beispielsweise vierteljährlich nachweisen muss, dass er sich weiter behandeln lässt und dafür im Gegenzug nicht zwangsweise in einem Zentrum untergebracht wird. Das ist aber nur möglich, wenn auch die Haftstrafe bedingt ausfällt.

Über die Höhe der Strafe gehen die Meinungen unter Justizinsidern auseinander. Vorsitzender Apostol ist nicht als besonders milder Richter bekannt, erst im Sommer verurteilte er einen leugnenden Ex-Fußballtrainer trotz dessen Unbescholtenheit nicht rechtskräftig zu teilbedingter Haft, nachdem dieser sein Autoritätsverhältnis missbraucht hatte. Die Tipps für Dienstag reichen also von einer gänzlich bedingten Haftstrafe über eine teilbedingte Gefängnisstrafe bis hin zu einer bedingten Freiheits- und einer unbedingten Geldstrafe.

Offen ist auch, wie viel die Öffentlichkeit von dem Verfahren überhaupt verfolgen kann. Denn sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung haben das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen, da es um den höchstpersönlichen Lebensbereich des prominenten Angeklagten geht. Auch diese Entscheidung obliegt dem Senat. Der dann noch dazu festlegen kann, ab wann das Publikum den Saal mit der verheerenden Akustik verlassen muss. In Einzelfällen ist das sogar bereits vor den Eröffnungsplädoyers geschehen, in anderen erst bei der Erörterung des psychiatrischen Gutachtens. Nur das Urteil samt Begründung muss in jedem Fall öffentlich verkündet werden.

Bedenkliche Demonstrationen

Für Diskussionen wird das Urteil in dem auf drei Stunden anberaumten Verfahren wohl sorgen – nachdem am Wochenende in der Waldviertler Heimatstadt von Teichtmeisters Mutter rund 100 Menschen mit bedenklicher Symbolik, darunter einem Galgen, demonstriert haben, ist auch für Dienstag ein Protest vor dem Grauen Haus angekündigt, auch im Haus werden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft.

Ein Einzelfall ist Teichmeister beileibe nicht, wie ein Blick in die Verurteilungsstatistik der Statistik Austria verrät. Zwei Parameter springen ins Auge: Die Delinquenten sind vorwiegend jung und männlich. Im Vorjahr waren es 757 Menschen, die wegen des Besitzes oder der Herstellung von Missbrauchsdarstellungen von einem Gericht verurteilt worden sind, 20 davon waren Frauen. Mit 377 Personen fällt knapp die Hälfte davon in die Alterskategorie der 14- bis 29-Jährigen. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor waren es insgesamt 495 Verurteilungen, im Jahr 2014 gar nur 244. (Michael Möseneder, 4.9.2023)