Ein iPhone ist in einem Geschäft ausgestellt. Dahinter eine Kundin, die auf ein Handy schaut.
Neues Handy, neuer Fernseher, neue Couch: Viele Konsumgüter werden mit Krediten finanziert. Das ist oft aber eine teure Last für die Kunden.
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Die Inflation ist in Österreich in Summe zwar etwas gesunken. Das Leben bleibt aber teuer. Für viele Menschen werden Anschaffungen – etwa ein neuer Fernseher – damit zur Herausforderung. Die Lösung liegt dann oft darin, dass diese Gegenstände auf Kredit gekauft werden.

Es ist ja auch verlockend. Fast jeder Händler bietet Konsumkredite an. Egal ob in Filialen oder online: Kaufe jetzt und zahle später oder in Raten – das Angebot ist überall präsent. Auch Banken bieten Konsumkredite an.

Video: Die Gefahren hinter Buy-now-pay-later-Modellen.
DER STANDARD

Nachfrage nimmt zu

"Die Nachfrage nach Konsumkrediten steigt", sagt Martin Spona, Leiter des Bereichs Consumer Finance beim Vergleichsportal Durchblicker.at. Vergleicht man die von dem Portal durchgeführten Kreditanfragen und vermittelten Auszahlungen vom Juli 2022 mit jenen vom heurigen Juli, so zeigt sich ein Anstieg um 33 Prozent. Als Konsumkredit gilt bei Durchblicker der Bereich zwischen 1.000 und 75.000 Euro. Auch der durchschnittlich ausbezahlte Betrag ist von rund 15.000 auf zuletzt 19.000 Euro gestiegen, sagt Sponer. Die Anfragen nach Finanzierungen unter 10.000 Euro sind von 39 auf 42 Prozent gestiegen.

"Drei von vier Haushalten kämpfen mit einem sinkenden Realeinkommen", sagt Spona. Bei diesen Menschen werden die Mehrausgaben, die durch höhere Kosten für Waren des täglichen Lebens sowie Miete und Strom entstehen, nicht von den Lohnsteigerungen gedeckt. Das zeige sich auch in den Gründen für eine Kreditanfrage. Im Vorjahr gab es die meisten Anfragen, um ein Auto zu finanzieren. Aktuell liegen Umschuldungen mit 17 Prozent auf Platz eins, gefolgt von Kfz-Finanzierungen (zwölf Prozent). Der Bereich "Einrichtung" liegt mit neun Prozent auf dem dritten Platz.

Nicht vergessen werden darf laut Spona aber, dass ein Konsumkredit genauso funktioniert wie jeder andere Kredit auch. Die Höhe der Rate hängt von der Bonität ab. Die Menschen, die sich ohne Kredit wohl die eine oder andere Konsumausgabe nicht leisten können, bezahlen auch die höchsten Zinsen.

Variable Verzinsung als Falle

"Viele Menschen beachten nicht, dass Konsumkredite zumeist variabel verzinst sind", warnt Gudrun Steinmann, Leiterin der Abteilung für Finanzbildung bei der FSW Schuldenberatung. Mit den Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhen sich auch diese Kreditkosten. Aktuell sei die Mehrheit der Konsumkredite variabel verzinst. Zudem seien Konsumkredite ohnehin oft schon sehr teuer, warnt die Expertin. Zinssätze von sechs bis neun Prozent seien die Norm für Konsumkredite, fügt Spona hinzu.

Der Handel suggeriere den Kunden, dass sie sich trotz finanzieller Engpässe alles kaufen könnten. Hier liegt für Steinmann auch eine Falle. Viele Kunden würden das Kleingedruckte nicht lesen, sich von billigen Finanzierungsangeboten blenden lassen. Nicht selten ufern die Finanzierungskosten dann rasch aus. Die Expertin ortet aber auch noch andere Themen: "Preisvergleiche bleiben oft aus", sagt Steinmann. Wer beim Händler etwas sieht, will es jetzt. Der rasche Konsum, um mit anderen mithalten zu können, sei eine große Gefahr für die Schuldenspirale.

Besser wäre es laut Steinmann, wenn Anschaffungen besser überlegt würden. Dazu gehören Fragen wie: Was ist nötig, was ist (aktuell) Luxus? Kann die Anschaffung nicht warten, bis das Urlaubs- oder Weihnachtsgeld etwas Spielraum verschafft? Welche Alternativen gibt es? Damit gemeint sind Portale für Preisvergleiche oder Gebrauchtgegenstände. Nicht alles muss wirklich sofort neu gekauft werden.

Kunden werden sensibler

Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei der auf Konsumkredite spezialisierten Bank Santander. Eine grundsätzlich steigende Nachfrage wird dort nicht registriert. "Die Anzahl der Finanzierungsanfragen im Barkreditsegment hat sich im Lauf des Jahres kaum verändert", sagt Bankchef Peter Poenisch. Deutlich zugenommen habe hingegen die Nachfrage nach Fixzinskrediten im Konsumkreditbereich, ebenso die Kreditnachfragen über Vergleichsportale. Das zeigt, dass Kunden auch sensibler werden bei der Finanzierung und den damit verbundenen Kosten.

"Die Anzahl der Kreditabschlüsse ist jedoch – im einstelligen Prozentbereich – rückläufig", sagt Poenisch. Denn die Teuerung hat sich negativ auf das Haushaltsbudget der Kunden ausgewirkt und somit die Bonität verschlechtert, was zu höheren Ablehnungsraten führt. "Gleichzeitig agieren viele Kunden aufgrund der gestiegenen Zinsen deutlich preissensibler", sagt Poenisch. Vor dem Kreditabschluss werde häufig noch ein zweites Mal überlegt, ob der Kredit wirklich benötigt werde. "Im ersten Halbjahr 2023 haben wir Barkredite in der Höhe von 267 Millionen Euro vergeben, was dem Niveau vom Vorjahr entspricht", fasst Poenisch zusammen.

Blick nach Deutschland

In Deutschland ergibt sich ein ähnliches Bild. Für Anschaffungen auf Pump nutzen Verbraucher zunehmend Kleinkredite. Vier von zehn (42,6 Prozent) neu vereinbarten Ratenkrediten in Deutschland lagen im vergangenen Jahr unter 1.000 Euro, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten "Risiko- und Kreditkompass" der Auskunftei Schufa hervorgeht.

Insgesamt sei die Zahl der neu abgeschlossenen Ratenkreditverträge 2022 "rasant" auf mehr als 9,1 Millionen gestiegen, teilt die Schufa mit. Das sei ein Zuwachs von 30 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021. Gut 3,8 Millionen der 9,1 Millionen Verträge waren demnach Kleinkredite unter 1.000 Euro. Ein Jahr zuvor hatte die Auskunftei in dieser Kategorie etwas mehr als zwei Millionen neue Verträge gezählt. Erstmals war nun der Anteil der Kleinstkredite größer als jener der neu abgeschlossenen Kredite mit Beträgen von mehr als 10.000 Euro.

Vor allem jüngere Menschen nutzen nach Erkenntnissen der Schufa häufig die Möglichkeit, Einkäufe zum Beispiel im Onlinehandel in Raten abzuzahlen. Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder warnt: "Auch die Rückzahlung von vielen kleinen Krediten kann schnell zu finanzieller Überlastung führen." (Bettina Pfluger, 5.9.2023)