Florian Teichtmeister und Verteidiger Rudolf Mayer betreten den Großen Schwurgerichtssaal
Der ehemalige Burgschauspieler Florian Teichtmeister und sein Verteidiger Rudolf Mayer betreten den Großen Schwurgerichtssaal für den Prozess wegen Besitzes zehntausender Dateien mit Darstellungen von Kindesmissbrauch.
Heribert Corn

Es wird ganz still im übervollen Großen Schwurgerichtssaal, als Beisitzerin Eva Brandstetter ihre Stimme erhebt. Und einen Teil jener Gewaltfantasien vorliest, mit denen der ehemalige Burgschauspieler Florian Teichtmeister Bilder von Kindesmissbrauch versehen hat, die er sich 13 Jahre lang aus dem Internet besorgt hat. Selbst erfahrene Gerichtsreporterinnen und Gerichtsreporter verfolgen mit versteinerter Miene die fast unerträglichen Äußerungen, in denen der Angeklagte schildert, was er mit den abgebildeten Mädchen alles anstellen würde. Als "Daddy" und "böser Onkel". Stefan Apostol, der Vorsitzende des Schöffensenats im Prozess gegen den unbescholtenen 43-Jährigen, fasst es so zusammen: "Das ist gar nicht pädosadistisch, sondern sadistisch."

Rund 76.000 einschlägige Dateien wurden auf den sichergestellten Datenträgern vom IT-Sachverständigen Karsten Theiner gefunden, darunter sind auch Kopien und automatisch gespeicherte Bilder und Videos. Die ältesten stammen aus dem Februar 2008, die jüngsten aus dem Sommer 2021, als Teichtmeister aufflog. Wegen einer häuslichen Auseinandersetzung hatte seine damalige Lebensgefährtin die Polizei alarmiert und auf die Missbrauchsbilder auf Teichmeisters Handy hingewiesen – worauf der freiwillig eingestand, solche Dateien zu besitzen. "Wollten Sie erwischt werden?", interessiert den Vorsitzenden. "Ja. Obwohl, erwischt vielleicht nicht – es war eine Erleichterung, dass es jetzt vorbei ist", antwortet der Angeklagte.

Pornosucht seit 20 Jahren

"Wie hat das Ganze angefangen?", will Apostol auch wissen. Vor rund 20 Jahren habe er eine Pornosucht entwickelt, erzählt Teichtmeister. Dann habe er sich für das "Lolita-Schema" interessiert, schließlich wurden die Abgebildeten immer jünger. "Das Unrechtsbewusstsein wurde immer geringer." Doch auch er habe eine Grenze gehabt, beteuert der Angeklagte. "Welche?", fragt der Vorsitzende. Wenn die Opfer zu jung oder Folter und Schläge zu sehen gewesen seien, habe er die Dateien gelöscht. "Sie haben also solche Dateien gelöscht, in denen die Dinge zu sehen waren, die Sie in Ihren Texten geschrieben haben?", versichert sich Beisitzerin Brandstetter, es richtig verstanden zu haben. "Ja", bestätigt Teichtmeister knapp.

Ein Galgen mit den Aufschriften
Mit einem selbstgemachten Galgen demonstrieren selbsternannte Kinderschützer vor dem Gerichtsgebäude.
Heribert Corn

Im Jahr 2014 gab es den ersten Gipfel, in diesem Jahr wurden über 5.500 Dateien gespeichert. "Warum gerade dann?", will Apostol wissen. "Das korreliert mit einer Rolle. Ich spielte die Rolle eines Mannes, der mit Kinderpornos in Verbindung gebracht wurde", sagt der im blauen Anzug und mit Brille erschienene Angeklagte dazu. 2020 und 2021 eskalierte es dann: 40.000 Dateien im ersten, 10.000 im zweiten Jahr. Es war die Pandemiezeit. "Beruflich war ich nicht gefragt. Ich war nicht gebraucht, nicht gewollt", meint Teichtmeister dazu. Zusätzlich sei sein Kokainkonsum völlig außer Kontrolle geraten: "Ich habe über Monate täglich drei Gramm Kokain genommen", verrät er.

"Haben Sie die Bilder auch erregt?", fragt der Vorsitzende. "Ja. Sie haben mich auch erregt", gibt Teichtmeister zu. Leugnen hätte auch wenig Sinn: Schließlich wurden bei ihm auch mehr als ein Dutzend selbstgedrehter Filme gefunden, auf denen er bei der Betrachtung der Missbrauchsdarstellungen onaniert. Staatsanwältin Julia Kalmar wird noch direkter: "Sind Sie pädophil?" – "Mittlerweile muss ich sagen, ja." Kurz nach dem Auffliegen der Sache habe er aber mit einer Therapie begonnen, um seine Probleme in den Griff zu bekommen. Auch einen Entzug habe er absolviert, beteuert er.

Schwere und nachhaltige Störung

Und die Probleme sind gravierend, wie der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann ausführt. Während er seine Expertise über den Befund und die derzeitige Therapie abliefert, wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Zu Hofmanns Gefährlichkeitsprognose dürfen die Zuseherinnenmassen dann wieder in den Verhandlungssaal. So können sie hören, dass Teichtmeister an einer schweren und nachhaltigen Störung leide, die wegen der damit einhergehenden Gefährlichkeit eine strafrechtliche Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum rechtfertige. Allerdings ortet Hofmann auch "eindeutige Fortschritte" und empfiehlt, die Unterbringung nur bedingt auszusprechen. Voraussetzung dafür seien aber Weisungen: Der Angeklagte müsse sich einer fachpsychiatrischen Behandlung unterziehen, weiterhin eine qualifizierte Psychotherapie besuchen, abstinent bleiben und benötige Bewährungshilfe.

"Wie soll es denn weitergehen mit Ihnen?", fragt Vorsitzender Apostol den von Rudolf Mayer und Philipp Wolm verteidigten Teichtmeister. "Ich habe eine Arbeitszusage und bin abstinent", gibt der Angeklagte bekannt. "Ich hänge nicht der Vorstellung an, dass ich auf die Bühne zurückkomme", beteuert er, er verfüge aber auch über eine zweite Ausbildung, die er nun nützen könne. In seinem Schlusswort bittet der Angeklagte um Entschuldigung: bei Bekannten, die er enttäuscht hat, und seiner Familie. Denn: "Auch ihr Name steht auf dem Galgen, nicht nur meiner", spielt er auf die Demonstration selbsternannter Kinderschützer an, die seit acht Uhr vor dem "Grauen Haus" stehen und unter anderem einen selbstgebastelten Galgen samt Schlinge und den Aufschriften "Teichtmeister", "Justiz" und "Politik" dabei haben.

Nach halbstündiger Beratung wird der Ex-Schauspieler zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt, auch die Unterbringung wird bedingt ausgesprochen, solange er sich an die im Sinne Hofmanns erteilten Weisungen hält. Während der Angeklagte akzeptiert, nimmt sich die Anklägerin Bedenkzeit, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 5.9.2023)