Auf dem Papier klingt die Sache einfach: Wer Reiche zur Kasse bitten will, führt eine Vermögens- und oder Erbschaftssteuer ein. Doch im Detail ergeben sich zahlreiche schwierige Abgrenzungs- und Abwägungsfragen, mitunter auch ein großer bürokratischer Aufwand. Nicht umsonst hat der juristische Praxiskommentar zum deutschen Erbschaftssteuergesetz 1.600 Seiten. Dabei sind sich noch alle Steuerexperten einig, dass eine Erbschaftssteuer technisch leichter umsetzbar wäre als die Vermögenssteuer, allein schon deshalb, weil es für Erstere viele internationale Vorbilder gibt, für Letztere nur wenige.

Die SPÖ hat kein tausendseitiges Konzept vorgelegt, aber immerhin präsentierten die Sozialdemokraten am Donnerstag weitere Details zu ihren am Vortag vorgestellten neuen Plänen für die Erbschafts- und Vermögenssteuer. Ein Überblick über drei heikle Hürden bei der Umsetzung des Konzepts

1. Der Staat muss ein Register schaffen

Sowohl bei der Erbschaftssteuer als auch einer Vermögenssteuer müsste, damit sie funktioniert, der Staat tieferen Einblick in die Finanzgebarung seiner Bürgerinnen und Bürger bekommen. Bei beiden Steuern soll laut SPÖ-Vorschlag das Eigenheim bis zu einer Wertgrenze von 1,5 Millionen Euro nicht von den neuen Abgaben erfasst werden. Beim restlichen Vermögen gibt es eine Freigrenze von einer Million Euro. Vermögenssteuer fällt jährlich an, Erbschaftssteuer bei Erbschaften.

Um die Abgaben zu administrieren, bräuchte es ein Vermögensregister, in der große Schenkungen erfasst sind. Die Schenkung eines Autos müsste erfasst werden, im Prinzip auch, wenn teurer Schmuck oder Bargeld den Eigentümer wechselt. Schon aktuell gibt es eine verpflichtende Schenkungsmeldung ab 50.000 Euro, in der Praxis dürfte diese aktuell selten stattfinden, außer es sind Notare beteiligt, die dies melden müssen. Die SPÖ stellt sich Selbsteinmeldungen vor, die stichprobenartig geprüft werden sollen. Das bietet viel Spielraum für Falschmeldungen. Für Liegenschaften würde der Verkehrswert der Immobilie herangezogen werden, wobei die Finanz laufend den Wert an aktuelle Marktentwicklungen anpassen müsste, das soll automatisiert geschehen. Erbschaften und Schenkungen werden über 30 Jahre zusammengerechnet, kommt in dieser Zeit mehr als eine Million zusammen, fällt die Steuer an.

2. Der Unternehmer soll zahlen

Der größte Teil des Privatvermögens der Reichen in Österreich steckt in deren Unternehmen. Auch da will die SPÖ ran. Je nach Ausgestaltung kann das extrem teuer werden für Großunternehmen, wobei das hier Gesagte nur für die laufend eingehobene Vermögenssteuer gilt. Ein Beispiel: Die Nachrichtenagentur Bloomberg schätzt das Vermögen des Red-Bull-Erben Mark Mateschitz auf umgerechnet 14,7 Milliarden Euro. Im Wesentlichen ist das sein Anteil am Getränkehersteller. Ab Vermögen von über 50 Millionen Euro soll eine zweiprozentige Vermögensabgabe anfallen. Das würde für Mateschitz bedeuten, er müsste mehr als 300 Millionen pro Jahr aus dem Unternehmen als Ertrag rausbekommen. Weil er nur die Hälfte des Unternehmens besitzt und auch sonstige Steuern für den Gewinn anfallen, müsste Red Bull unterm Strich mehr als eine Milliarde Euro Gewinn vor Steuern machen, damit Mateschitz das zahlen kann. Was würde mit Unternehmen geschehen, die in die Verlustzone geraten? Müssten sie in der Folge verkauft werden, um Vermögenssteuer zahlen zu können?

Hier meldet die SPÖ Einspruch an: Für Unternehmensbewertung soll ein eigenes Verfahren angewendet werden, das in der Praxis schon existiert und auf Ertragslage und Eigenkapital abzielt, also auch die Verschuldung berücksichtigt. Dadurch würde die Bemessungsgrundlage für die Steuer sinken, die Belastung der Unternehmer wäre deutlich niedriger. Bliebe dennoch: Unternehmen, die Minus machen, käme die Steuer teuer zu stehen.

Das Problem mit den Steuerflüchtlingen

Ziel des SPÖ-Steuermodells ist es, die Steuerlast in Österreich umzuverteilen: Arbeit ist sehr stark belastet, Kapital im internationalen Vergleich kaum. Das soll sich ändern. Wer mit den Einnahmen aus den Steuern konkret wie entlastet werden soll, will die Sozialdemokratie noch ausarbeiten. Sicher ist, dass bei einer Vermögenssteuer Steuerflucht ein Thema wird. Die Steuer fällt immer beim Eigentümer an. Eine Firma ins Ausland zu verlegen hilft nichts, da das Weltvermögen besteuert werden soll. Wohl kann die Verlegung des Wohnsitzes aber dazu führen, dass die Steuer vermieden wird. Wer ins Ausland zieht, unterliegt zwar einer Wegzugsbesteuerung. Bei Unternehmensbeteiligungen fällt die aber erst an, wenn die Beteiligungen verkauft werden – dann kann der heimische Fiskus also nicht mehr zugreifen. (András Szigetvari, 7.9.2023)

SPÖ-Parteichef Andreas Babler will eine Vermögens- und Erbschaftssteuer.
APA/GEORG HOCHMUTH