Der britische Premierminister Rishi Sunak und die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen schütteln Hände
Großbritannien und die Europäische Union einigten sichdarauf, dass das wichtige Förderprogramm gemeinsam weiterläuft. Das Foto vom britischen Premierminister Rishi Sunak und der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen wurde bereits im Februar aufgenommen.
AP/Dan Kitwood

Der Brexit hat weitreichende Veränderungen für Großbritannien mit sich gebracht, unter anderem im Bereich der Forschung. Innerhalb der EU macht das milliardenschwere Forschungsprogramm Horizon Europe viele internationale Kooperationen überhaupt erst möglich. Die Beteiligung Großbritanniens war durch den Austritt aus der EU beendet, 2020 wurde es aus dem Programm ausgeschlossen. Seitdem war die Zukunft der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit dieser Unterstützung ungewiss, über eine Rückkehr wurde verhandelt. Nun gibt es eine Einigung, wie der britische Premierminister Rishi Sunak und die EU-Kommission am Donnerstag mitteilten.

Dass das Vereinigte Königreich trotz des Brexits beitreten kann, liegt daran, dass nicht nur EU-Mitgliedsstaaten zum EU-Programm Horizon Europe gehören. Auch Länder wie Norwegen, Israel und Neuseeland sind dabei. Derzeit laufen Gespräche über einen möglichen Beitritt von Kanada und Südkorea. Das Budget beträgt gut 95 Milliarden Euro. Es ist für die Jahre 2021 bis 2027 ausgelegt, dann sollen weitere Sieben-Jahres-Zyklen zur Finanzierung folgen.

Einfacher für Studierende aus der EU

Mit dem Programm werden Forschungsvorhaben und die internationale Zusammenarbeit in der Wissenschaft gefördert. Wichtig ist dabei nicht nur das Geld, sondern auch die Kooperationsmöglichkeit. Die Einigung dürfte es mitunter für PhD-Studentinnen und -Studenten aus der EU leichter machen, an britischen Universitäten zu forschen. Auch Großbritannien profitierte stark von dem Programm und erhielt viele Förderungen zugesprochen. Manchmal wurden dadurch sogar mehr Projekte gefördert als in Deutschland, das hier zu den Spitzenreitern zählt. Der "Guardian" zitiert eine britische Quelle, die moniert, Großbritannien sei nach dem Ausschluss aus dem Horizon-Programm "auf demselben Niveau wie Belgien oder die Niederlande".

Der britische Premierminister Rishi Sunak steht neben einem Wissenschafter in einem Labor und deutet auf ein Mikroskop
Großbritannien profitierte stark von den Förderungen durch Horizon Europe.
AFP/POOL/CHRISTOPHER FURLONG

Der nunmehrige Schritt erfolgte als Reaktion auf Londons einseitiges Vorgehen im Streit um Brexit-Sonderregeln für Nordirland. Britische Wissenschafterinnen und Wissenschafter forderten wiederholt ihre Regierung auf, sich mit der EU auf eine Rückkehr zu einigen. Nun werten sie die Rückkehr als wichtigen Schritt. "Von der Früherkennung von Eierstockkrebs bis zur Entwicklung sauberer Energienetzwerke unter Beteiligung dutzender Universitäten und vieler Industriepartner – Horizon lässt uns Dinge tun, die ohne dieses Maß an Zusammenarbeit nicht möglich wären", teilte die Präsidentin von Universities UK, Sally Mapstone, mit.

Großbritannien dürfte jährlich mehr als zwei Milliarden Euro für Horizon beisteuern (das 95-Milliarden-Euro-Budget ist auf sieben Jahre gerechnet). Hinzu kommen nochmals mehr als zwei Milliarden Euro für das Wissenschaftsprogramm des EU-Erdbeobachtungsservice Copernicus, an dem sich Großbritannien ebenfalls beteiligen wird. Hingegen wird es die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) verlassen und somit nicht am gemeinsamen Kernforschungsprogramm mitarbeiten. Damit fällt auch die Beteiligung am Fusionsreaktor Iter in Frankreich weg, stattdessen ist ein eigenes britisches Fusionsenergieprogramm geplant.

Streit über Finanzielles

Streitpunkt bei den Verhandlungen über eine Rückkehr zum Horizon-Programm waren finanzielle Fragen, für die nun aber nach Angaben von London und Brüssel Lösungen gefunden wurden. Darunter fällt unter anderem ein Korrekturmechanismus, falls Großbritannien mehr oder weniger Zuschüsse bekommt, als es beiträgt.

Erfreut wurde die Rückkehr Großbritanniens auch in Österreich kommentiert. "Nach jahrelangem Stillstand in der Forschungskooperation ist das ein wichtiger und überfälliger Schritt", schrieb der Brexit-Berichterstatter im Europaparlament, Andreas Schieder (SPÖ), in einer Aussendung. Er wies darauf hin, dass die britischen Universitäten zu den besten der Welt zählen und Wissenschaft "disziplinen- und institutionenübergreifende Kooperation wie die Luft zum Atmen" brauche. Schieder äußerte die Hoffnung einer Signalwirkung für weitere Politikbereiche.

WKO-Vizegeneralsekretärin Mariana Kühnel sprach von einer "guten Nachricht für die österreichische Wirtschaft und den heimischen Forschungs- und Innovationsstandort". Es gebe nun zahlreiche Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und Österreich. Beide Staaten hätten Stärken in der Quantenforschung und im Bereich der Life Sciences. (APA, red, 8.9.2023)