der britische Forscher Ian Wilmut, ein Mann mit Brille und weiß-blondem Vollbart
Der britische Wissenschafter zählte zu den Pionieren des Klonens von Säugetieren.
AP/Michael Probst

Der britische Embryologe Ian Wilmut ist tot. Er starb im Alter von 79 Jahren, wie die schottische Universität Edinburgh am Montag mitteilte. Er hinterlässt eine Frau und drei Kinder sowie fünf Enkel. Bekannt wurde er als einer der geistigen Väter des Klonschafs Dolly.

Dolly – benannt nach Country-Sängerin Dolly Parton – war die erste nahezu exakte genetische Kopie eines Säugetiers, die durch gentechnische Methoden entstand, und kam am 5. Juli 1996 auf die Welt. Das Lamm war aus einer ausgereiften Körperzelle eines weiblichen Schafs geklont worden, einen biologischen Vater hatte Dolly nicht. Es benötigte mehr als 200 Eizellenübertragungen, bis das Experiment gelang. Sein kurzes Leben verbrachte das Tier im Dienst der Wissenschaft: Dolly wurde schwer bewacht in einem Stall gehalten.

Klonschaf Dolly
Dolly war das erste Schaf, das aus differenzierten Körperzellen erwachsener Schafe geklont wurde.
AP/John Chadwick

Direktor des Roslin-Instituts

Bis heute wurden 22 verschiedene Säugetierarten geklont, die Erfolgsraten sind nach wie vor gering. Dolly selbst starb früh, im Alter von sechs Jahren. Sie litt unter Gelenksbeschwerden und hatte ein Lungenleiden. Inzwischen steht sie ausgestopft in einer Vitrine im schottischen Nationalmuseum in Edinburgh.

Ian Wilmut trug wesentlich dazu bei, dass die Pionierarbeit am ersten künstlich geklonten Säugetier gelang. Er wurde am 7. Juli 1944 im englischen Hampton Lucey geboren. Zunächst studierte er Agrarwissenschaft an der Universität Nottingham, später wandte er sich der Embryologie zu und erlangte seinen Abschluss an der Universität Cambridge mit einer Arbeit über die Kältekonservierung von Samenzellen. Seine aufsehenerregenden Klonexperimente präsentierte er als Direktor des Roslin-Instituts der Universität Edinburgh.

Klon- und Stammzellenforschung

Der mit vielen Auszeichnungen geehrte Wilmut, der unter anderem zum Ritter geschlagen wurde, stand nicht nur aufgrund des umstrittenen Dolly-Experiments in der Kritik. Auch intern brannte ein Streit auf, wer im Forschungsteam den größten Anteil an dem Durchbruch hatte. Schließlich räumte Wilmut ein, dass diese Ehre seinem Kollegen Keith Campbell gebühre. Befürchtungen, er habe mit seinem Forschungsteam den Weg zum Klonen von Menschen geebnet, trat er entschieden entgegen: Sein Ziel sei es gewesen, durch das Klonen Möglichkeiten zu erforschen, wie Krankheiten geheilt werden können.

Wissenschafterinnen und Wissenschafter versuchen unter anderem, Fortschritte bei der Heilung von Demenzerkrankungen, Parkinson und Multipler Sklerose durch Stammzellenforschung zu machen. An Parkinson litt auch Wilmut selbst seit einigen Jahren. Noch im hohen Alter stand er Fachleuten auf diesem Gebiet als Berater zur Verfügung und nahm als Patient an Studien teil. (red, APA, 12.9.2023)