Nouria Newman
Nouria Newman im Element ihres Lebens. Die Französin gewann im Team 2014 im Slalom den Weltmeistertitel. Heuer nahm sie am Dolomitenmann teil.
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Nouria Newman war im ersten Moment grantig. Sicher auch müde, aber vor allem einmal grantig. Grund für die Müdigkeit: Die französische Kanutin hatte mit ihrem Team "Red Bull Damen" am Wochenende den Dolomitenmann absolviert, einen der weltweit härtesten Extremsport-Teambewerbe. Vier Teammitglieder kämpfen dabei in den Disziplinen Berglauf, Paragleiten, Mountainbike und Wildwasserkajak gegen die Zeit und die gegnerischen Teams – aber vor allem gegen die Natur und den Schweinehund. Erfunden hat's der ehemalige ÖSV-Abfahrer Werner Grissmann, organisiert wird der Dolomitenmann von Sohn Nikolaus.

Das Spektakel findet seit 1988 jährlich in Lienz in Osttirol statt. In den 36 Jahren wurde vor allem das "Mann" in "Dolomitenmann" großgeschrieben. Der Event war Männern vorbehalten, heuer durften sich erstmals Frauen kompetitiv in die Dolomiten wagen.

Unter ihnen eben auch die Weltklasse-Kanutin Newman. Der Grund für ihren Grant lag in der Siegerehrung. Denn dort wurden die Sieger geehrt, und die Siegerinnen wurden zur Randnotiz. "Gestern wurde ich 32 Jahre alt, und ich denke nicht, dass ich mich in meinem Leben und während meiner Karriere jemals so respektlos behandelt gefühlt habe", schreibt Newman auf Instagram. Auf einem Video sieht man bei den Männern ein Spektakel, goldenes Konfetti inklusive. Bei den Frauen wirkt es ein bisschen wie die Medaillenzeremonie eines Schulskikurses – brav gewesen, niemand hat sich verletzt.

Genau das stieß Newman sauer auf: "Bei den Frauen wurden nur die Siegerinnen auf das Podium geholt, während bei den Männern die fünf besten Profiteams, die fünf besten Amateurteams und die Kategoriensieger ausgezeichnet wurden. Das trifft einen härter als das Rennen selbst. Es fühlt sich so an, als würden wir Frauen nichts zählen, als wäre unsere Leistung nicht wert, dargestellt zu werden, geschweige denn Preisgelder zu bekommen", ist unter Newmans Video zu lesen. Darunter gab es Zustimmung, aber auch Gegenstimmen.

Optik

Die Veranstalter sind sich der etwas schiefen Optik bewusst. "Wir haben uns kurzfristig dazu entschieden, das schnellste Damenteam auf die Bühne zu holen. Aber gut gemeint ist offenbar nicht immer gut gemacht. Auch wir lernen noch", so Grissmann jun. zum STANDARD. Dass nach 36 Jahren erstmals Frauen für das Rennen zugelassen wurden, war auch für die Organisation Neuland. "Wir wussten nicht, ob überhaupt ein Damenteam zustande kommt. Wenn ja, wie viele? Sind es Profis oder Amateure? Es war auch für uns ein Learning."

Die Kategorisierung und Bewertung ist für die Organisation eine Herausforderung, gerade die Mixed-Teams ziehen eine genauere Spezifizierung nach sich. "Es gibt Mixed-Teams mit einer, zwei oder drei Frauen. Da müssen wir uns als Veranstalter zusammensetzen, es gibt jedenfalls Verbesserungspotenzial", sagt der Osttiroler.

Das Interesse am Dolomitenmann war keinesfalls nur männlich. Acht reine Frauenteams und fünf Mixed-Teams gingen an den Start, das beste Frauenteam "Kolland Topsport Energy" um Bergläuferin Andrea Mayr wurde im Gesamtklassement 34., Mayr selbst belegte in der Berglauf-Gesamtwertung Rang 19. Warum aber hat es so lange gedauert, bis überhaupt ganze Frauenteams teilnehmen durften? Dazu sagt Grissmann: "Früher war es tatsächlich eine Men-only-Veranstaltung, aber das kommt noch aus den 1980er-Jahren."

Red Bull Ladies Team
Da war die Welt noch in Ordnung: Das "Red Bull Ladies Team" mit Nouria Newman, Severine Petersen, Elisabeth Egger und Katazina Sonza.
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Laut Grissmann gab es "vereinzelt Anfragen und Teilnahmen von Frauen, aber nie so, dass ganze Teams zustande gekommen wären". Nach einer Anfrage eines Frauenteams vergangenen Herbst habe man sich dann im Organisationsteam mit der Frage auseinandergesetzt und befunden: "Warum nicht? Es geht um den Kampf Mensch gegen Element und die Frage nach der Leistung."

Auch in der Preisgeldfrage zeigt man sich offen. So soll es in Zukunft eine bepreiste Frauenwertung, eine bepreiste Amateurwertung und die Overallwertung geben. Am Namen "Dolomitenmann" will man nicht rütteln. "Beim Ironman wird darüber auch nicht diskutiert. Es ist eine eingetragene Marke", sagt Grissmann. Abgesehen von der Farce um die Siegerehrung war man aber von der Öffnung des Events begeistert. Auch Newman schrieb in einem weiteren Beitrag: "Bis zur Zeremonie hatte ich die beste Zeit. Es ist ein außergewöhnliches Event." (Andreas Hagenauer, 12.9.2023)