FOTOMONTAGE, Wegweiser mit Aufschrift Wärmepumpe und durchgestrichener Aufschrift Ölheizung und Gasheizung
Die Grünen wünschen sich Regeln für klimafreundliches Heizen, die ÖVP spielt seit Monaten nicht mit.
IMAGO/Christian Ohde

Es ist neben dem Klimaschutzgesetz das Leuchtturmprojekt der Grünen und ein wichtiger Pfeiler, die EU-Klimaziele zu erreichen: das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG), das den Umstieg hin zu klimafreundlichem Heizen regeln soll. Der Entwurf beinhaltet äußerst konkrete Ziele, die Umsetzung ist klar geregelt. Doch diese Stärke des EWG ist zugleich seine Schwäche. Denn die konkreten Vorgaben sorgen für politische Unstimmigkeiten – weshalb der Entwurf nun schon seit Monaten im Parlament hängt.

Aktuell lässt ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf im "Kurier" mit der Aussage aufhorchen, das Gesetz sei "von der Struktur her falsch aufgebaut" und müsse überdacht werden. Eine Einigung der schwarz-grünen Regierung scheint dadurch in weite Ferne gerückt. War's das jetzt? Oder besteht noch die Chance, das Gesetz bis Ende der Legislaturperiode 2024 in trockene Tücher zu bringen? Immerhin wäre der Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen von großer Bedeutung, schließlich machen Gebäude rund zehn Prozent der Gesamtemissionen Österreichs aus.

Mehrheit im Parlament nur mit SPÖ

Wie lange sich das Gesetz schon in der Warteschleife befindet, zeigt ein Blick auf die Website des Klimaschutzministeriums. Dort steht: "Ab 2023 keine Gasheizungen in Neubauten", bis Juli 2022 seien noch Stellungnahmen möglich. Dabei handelt es sich nicht etwa um falsche Jahreszahlen, sondern das Ergebnis eines Koalitionsstreits. Die ÖVP brachte immer wieder Einwände vor, zudem haben die Gas- und Wärmeversorger der Wirtschaftskammer unbestreitbaren Einfluss. Hinzu kommt, dass es für den Gesetzesbeschluss eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat benötigt. Da von der FPÖ kein Entgegenkommen zu erwarten ist, wird die Regierung auf die SPÖ zählen müssen. Deren bisherige Position lässt sich zumindest als uneindeutig beschreiben.

Die verfahrene Situation erinnert an Deutschland. Dort brachten die Verhandlungen um das geplante Gebäudeenergiegesetz (GEG), auch Heizungsgesetz genannt, die Ampelregierung gleich mehrfach an den Rand des Zusammenbruchs. Zwar herrschte über die Zielvorgaben schnell Einigkeit – ganz und gar nicht allerdings bei der Art, wie es erreicht werden soll. Ein Gezerre um Technologieoffenheit, Förderungen und Ausnahmen sollte eine Einigung der Ampel monatelang vertagen, besonders die FDP stellte sich quer. Letzten Freitag aber war es so weit, das Gesetz konnte – in abgeschwächter Form – den Bundestag passieren. Von entscheidender Bedeutung dürfte gewesen sein, dass die Mehrheit der Hausbesitzer erst ab 2026 bzw. 2028 vom Gasheizungsverbot betroffen ist, das Gesetz vorerst nur Neubauten betrifft.

SPÖ stellt Bedingungen

Eine Einigung in Österreich steht spätestens seit den Äußerungen von ÖVP-Energiesprecherin Graf zum Wochenbeginn auf Messers Schneide, auch wenn die Koalitionspartner sogleich zurückruderten: Die Verhandlungen gingen "zügig weiter", Verhandlungstermine seien vereinbart, so die Verhandlungsführenden August Wöginger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne).

Von entscheidender Bedeutung ist weiterhin die Position der SPÖ, da das Gesetz in Länderkompetenzen eingreift und somit eine Zweidrittelmehrheit benötigt. Doch die sendet widersprüchliche Signale aus: In Sachen Klimaschutz handle es sich um "völliges Regierungsversagen", heißt es einerseits – zugleich blockierte die SPÖ noch bis Juni Klimaschutzbeschlüsse im Parlament. Im Ö1-Mittagsjournal bemühte sich Vizeklubobfrau Julia Herr nun um Klarheit. Die SPÖ befürworte einen Ausstieg aus Öl und Gas, allerdings nicht auf Kosten der Mieter. Würden die "seit Monaten bekannten" Bedingungen berücksichtigt und der Umstieg "sozial gerecht", sei man zur Zustimmung bereit. Den letzten Verhandlungstermin habe man jedoch im März gehabt, von künftigen wisse man nichts, heißt es auf STANDARD-Anfrage.

Für Überraschung sorgt indes eine Maßnahme aus dem Justizministerium: Es hat laut STANDARD-Informationen für kommenden Montag eine wohnrechtliche Arbeitsgruppe einberufen. Diese soll auch über nötige wohnrechtlichen Begleitgesetze zum EWG beraten. Dabei geht es unter anderem um Duldungspflichten für Mieter, ohne die es Vermietern wie etwa auch Gemeinnützigen kaum möglich ist, in Wohnungen zu gelangen, um dort Installationsarbeiten durchzuführen. Ob freilich das EWG überhaupt zustande kommt, ist derzeit ungewiss. (Nicolas Dworak, András Szigetvari, Martin Putschögl, 12.9.2023)