Tim Cook auf der Bühne
Tim Cook war nur kurz auf der Bühne. Trotzdem mangelte es nicht an Worten wie "Magic" und "Wonderful".
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Böse Zungen hatten sich schon im Vorfeld gefragt, ob vor der Keynote im Apple Park in Cupertino überhaupt noch Fragen offen sind. In den vergangenen Woche schien es, als wäre jedes Detail über die neuen iPhone-Modelle, die Apple Watch und das neue iOS 17 geleakt worden – ob von Apple gewollt oder nicht bleibt letztendlich offen.

Am Dienstag wurde die Frage, ob schon alle Details verraten wurden, von Apple selbst mit einem "ja, fast" beantwortet. Die Kurzvariante: Das neue iPhone ist laut den Angaben von Apple natürlich einmal mehr das aufregendste, schnellste und beste Smartphone der Welt. Die Verbesserungen gegenüber dem Vorgänger halten sich in Grenzen, dafür blieb aber der von der Gerüchteküche erwartete Preisanstieg aus.

Das neue iPhone 15 sowie das iPhone Plus sind ab 949 bzw. 1.099 Euro zu haben.
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Aber der Reihe nach: Apple bleibt bei den Modellkategorien des neuen iPhone 15 dem firmeneigenen Schema treu. Das iPhone 15 in der Standardvariante kommt mit einem 6,1-Zoll-Display daher, während der Bildschirm der Plus-Variante 6,7 Zoll groß bleibt. Das OLED-Display wird von "Ceramic Shield" geschützt und erreicht nun eine Helligkeit von bis zu 1600 nits, bis zu 2000 unter Sonnenlicht. Das iPhone 15 Pro bleibt auch bei 6,1 Zoll Bildschirmdiagonale und natürlich gibt es auch das 6,7-Zoll-Spitzenmodell iPhone 15 Pro Max. Gerüchte, wonach diese Variante in "Ultra" umbenannt oder ein neues Modell dieses Namens vorgestellt werden sollte, erwiesen sich als falsch.

Kommen wir zu den weiteren offensichtlichen Updates: Auch die Basismodelle setzen in der neuen Generation Kurs auf Dynamic Island. Wie erwartet, spendiert Apple dem iPhone 15 sowie der Plus-Variante ein Upgrade auf das im Vorjahr eingeführte Feature. Sprich der klassische Notch ist auch bei den kleineren Smartphones Geschichte und Apple versteckt die Frontkamera und andere Sensoren hinter einem eigenen Benachrichtigungsbereich.

Erstmals fünffacher optischer Zoom

Die größeren Updates erhalten aber die beiden Pro-Modelle: Zum einen verwendet Apple statt einem Gehäuse aus Edelstahl einen Rahmen aus Titan, was das Gewicht senken und die teuersten iPhones widerstandsfähiger machen. Außerdem sollte die Rückseite für Reparaturen leichter zugänglich sein. Die Titan-Modelle gibt es in schwarz, weiß, blau und "natürlichem" Titan.

Apple iphone 15 pro und pro Max
Die neuen Pro und Pro Max iPhones gibt es in schwarz, weiß, blau oder "natürlichem" Titan.
Apple

Das Pro Max bekommt erstmals – zumindest für Apple – eine Telekamera im Periskopaufbau mit sieben Linsen spendiert. Diese bietet einen fünffachen optischen Zoom. Eine Prismenkonstruktion soll 120 Millimeter Brennweite ermöglichen. Der Hauptsensor bleibt bei 48 MP, soll aber dank größerer Fläche bessere Lichtempfindlichkeit und bessere Detailerfassung bieten. Simulieren kann man drei verschiedene Brennweiten von 24 bis 38mm. Der Nachtmodus wird verbessert und soll dabei speziell vom Lidar-Sensor profitieren. Die Telefoto-Kamera des Pro ermöglicht optischen Zoom bis 3-fach. Die optische Bildstabilisierung nutzt nun drei Achsen. Die Pro-iPhones können in Hinkunft auch Spatial Videos aufzeichnen, die man sich künftig wohl am besten mit der Vision Pro-Brille ansehen sollte. Dieses Feature wird aber erst im Laufe des Jahres per Update nachgereicht.

Baba, Stummschalter

Beide Premium-Modelle wurden nun mit einem Action-Button ausgestattet. Dieser ist jenem der Apple Watch Ultra nicht unähnlich. Der Button ersetzt die Stummschalttaste und man kann ihn als Verknüpfungen zu verschiedenen Apps benutzen. Damit kann man etwa die Kamera aufrufen oder die Diktierfunktion nutzen.

Die beiden Flagships bekommen auch erstmals den neuen A17 Pro-Chip spendiert. Dieser nutzt den 3-Nanometer-Fertigungsprozess von TSMC. Dieser verfügt über eine neu entwickelte shaderbasierte GPU und soll 20 Prozent mehr Leistung als der Vorgänger liefern. Damit soll man sogar Titel wie "Resident Evil: Village", "The Division" oder "Assassin’s Creed Mirage" auf dem iPhone spielen können. Im iPhone 15 und iPhone 15 Plus geht der ältere A16-Chip zu Werke, wie er schon im iPhone 14 Pro verbaut war. Ob in der Praxis große Leistungssprünge feststellbar sind, müssen die Benchmarks erst zeigen, auch wenn Apple auf dem Papier deutliche Sprünge unter anderem bei der Spieleleistung verspricht. Neu dabei ist auch der 2nd gen Ultrabreitband-Chip, der auf kurze Distanzen die Navigation verbessern soll. Die Rauschunterdrückung kann im "Voice Isolation"-Modus auf Wunsch KI-gestützt die eigene Stimme priorisieren und soll klarere Kommunikation erlauben.

Langsamer USB, wenig Hertz

Zum unfreiwilligen Star der Show wurde aber der neue USB-C-Anschluss, der Apples proprietären Lightning-Stecker ersetzen muss. Die Europäische Union hat das Unternehmen mittels Verordnung dazu gezwungen, nachgekommen ist man der Pflicht bereits ein Jahr früher als notwendig. Viel Freude hatte man bei Apple damit nicht. Das Unternehmen kritisierte im Vorfeld, das Gesetz würde Innovationen, wie etwa beim kabellosen Laden, ersticken. Dementsprechend behandelt man in Cupertino den neuen Anschluss auch: Die beiden Basismodelle des iPhones bieten nur USB 2.0. Wer einen modernen Standard will, muss zu den Pro-Ausführungen greifen, diese unterstützen nämlich USB 3-Übertragungsgeschwindigkeiten. Sämtliche iPhones, auch die "kleinen" Modelle, können nun mit bis zu 35 Watt Leistung aufgeladen werden. Ein deutliches Upgrade gegenüber den 20 Watt der Vorgängergeneration. Ob diese Form des Schnellladens auch ohne von Apple zertifiziertes Zubehör funktioniert, bleibt abzuwarten.

Menschenmenge im Apple Hauptquartier
Das Steve Jobs Theatre in Cupertino
Stefan Mey

Das hielt Apple nicht davon ab, die Vorzüge von USB-C zu betonen. So wurde man nicht müde herauszustreichen, dass man nun neben seinen Airpods und dem iPhone auch das Macbook mit einem einzigen Kabel laden kann. Dass Apple selbst das Steckerchaos verursacht hat, blieb unerwähnt.

Dies ist aber nicht die einzige Entscheidung, die für Kontroversen sorgen dürfte. Apple verzichtet bei den beiden Basismodellen des iPhones erneut auf ein Upgrade des Bildschirms und setzt weiterhin auf eine nicht mehr zeitgemäße Bildwiederholungsrate von 60 Hertz. Selbst bei Mittelklasse-Smartphones dürfen 120 oder gar 144 Hertz im Jahr 2023 als Standard angenommen werden. Allein bei Apple bleiben die Vorzüge von Displays mit schneller Refresh-Rate auch in diesem Jahr den Pro-Modellen vorbehalten.

Dafür werden das iPhone 15 und das Plus-Modell nicht von den befürchteten Preissteigerungen betroffen sein. Sie werden weiterhin 949 Euro bzw. 1.099 Euro in der Variante mit 128 GB kosten. Das iPhone Pro und Pro Max-werden in Österreich um 1.199 bzw. 1.449 Euro zu haben sein, womit die Pro-Variante sogar um 100 Euro billiger wird. Erhältlich sind die neuen iPhones in Österreich ab dem 22. September, die Vorbestellung ist ab 15. September möglich.

Applaus für die Watch

Wie erwartet hatte Apple auch eine neue Variante seiner Smartwatch im Gepäck. Äußerlich gibt es keine großen Änderungen, außer dass man nun von der Series 9 spricht. Im Inneren werkt aber nun das neue S9 SiP. Dieser Chip basiert auf dem A15-Prozessor des iPhone 13 und soll für mehr Performance bei gleichzeitig geringerem Stromverbrauch sorgen, damit die Uhr die versprochenen 18 Stunden durchhält.

Apple Watch 9
In der Apple Watch Series 9 werkelt ein neuer Chip.
Apple

Außerdem verspricht Apple einige Funktionen der Watch verbessert zu haben. Für kurzen Applaus im Saal sorgte eine neue Form der Gestensteuerung namens Doubletap, die als "Haupttaste" von Apps eingesetzt wird. Wenn man Zeigefinger und Daumen zweimal gegeneinander tippt, erkennt das die Watch und man kann einen Anruf entgegennehmen oder beenden, Wecker ausschalten, durch Widgets scrollen oder die Kamera am iPhone auslösen.

Außerdem funktionieren Basisfunktionen von Siri auf der neuen Watch auch ohne aktive Internetverbindung. Der Bildschirm erbringt nun bis zu 2.000 nits an Helligkeit und soll auch draußen immer gut ablesbar sein. Die minimale Helligkeit kann nun einen nit erreichen, was angenehmere Darstellung im Dunklen erlauben soll.

Die neuen Apple Watches im Apple Hauptquartier in Cupertino
Die neuen Apple Watches
Stefan Mey / DER STANDARD

Ab 22. September ist die neue Watch Series 9 in Gold, Silber und Graphit verfügbar, ab einem Preis von 449 Euro. Die Ultra 2 gibt es ab 899 Euro. Diese stellt die Variante für Extremsportler dar und bietet mehr Funktionen für Läufer und Radsportler, Bergsteiger und andere. Die Akkulaufzeit bleibt bei 36 Stunden bzw. 70 Stunden im Low-Power-Modus.

Wie so oft mussten die Airpods während der Keynote ein Schattendasein fristen. Sie kamen nur als Randnotiz vor. Einzige Neuerung: Die aktuellen Airpods Pro der 2. Generation werden künftig mit einem USB-C-Port ausgestattet, dem heimlichen Star der Show. (Georg Pichler, Peter Zellinger, 12.9.2023)