In großen Teilen Europas blickt man weiterhin kritisch auf die österreichischen Importe aus Russland. Das zeigte zuletzt eine Aussage des EU-Botschafters in Wien, Martin Selmayr, der davon sprach, dass Wien mit der Gasrechnung jeden Monat "Blutgeld" nach Russland überweise. Der schwarze Teil der Bundesregierung reagierte empört, Selmayr musste zum Rapport ins Außenministerium. Die FPÖ bezeichnete ihn gar als "arroganten Statthalter der EU-Elite".

Freilich sprach Selmayr nur aus, was sich auch viele Vertreter anderer EU-Mitgliedsländer denken. Selmayr habe "die unbequeme Wahrheit" ausgesprochen, sagt etwa der rumänische EU-Abgeordnete Eugen Tomac zum STANDARD. Tomac, der zur konservativen Fraktion der Volksparteien zählt, hat im EU-Parlament schon vor einigen Wochen eine Untersuchung der österreichischen "Umgehungen der Russland-Sanktionen" gefordert.

Wien "verbrüdert sich" mit Russland

Er verweist darauf, dass sich die österreichischen Ausgaben für Gasimport aus Russland in den vergangenen Jahren sogar deutlich erhöht hätten. Das liegt übrigens vor allem daran, dass die Preise für russisches Gas gestiegen sind – man also mehr für weniger bezahlt. Für Tomac nimmt Österreich "antieuropäische Positionen" ein. Die Regierung in Wien "verbrüdert sich mit Russland" und müsse erklären, warum sie "die gemeinsame Position der EU sabotiere". Man könne nicht erwarten, dass Drittstaaten wie die Türkei, Indien oder Kasachstan Sanktionen gegen Russland einführen, wenn sich nicht einmal ein Mitgliedsstaat wie Österreich an die selbst mitbeschlossenen Sanktionen halte.

Tomac glaubt nicht, dass er das Thema neutral mit seinen Fraktionskollegen aus der ÖVP besprechen könne. Immerhin sei das ja die Partei von Kanzler Karl Nehammer, den Tomac "offen kritisiert, seit die österreichische Regierung Rumäniens Beitritt in den Schengenraum blockiert hat".

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Demonstration gegen den Krieg in der Ukraine in Wien
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"Viel Geld 'für die Kriegskasse eines Aggressors'", hieß es zuletzt in einem Artikel der ARD-"Tagesschau" über Österreich. Besonders kritisch gesehen werden Spezialverträge der OMV mit Gazprom, die Österreich sehr abhängig von russischen Erdgaslieferungen machen. Auch der britische Economist (“zweitwichtigster Handlanger Russlands in der EU”) und Politico (“Putins Alpenfestung”) berichteten negativ über die österreichischen Beziehungen zu Russland.

Das Energieministerium erklärte die weiterhin hohen Gasimporte gegenüber dem "Münchner Merkur" auch damit, dass "die Verwendung der Speicher in Österreich durch ausländische Unternehmen zu erhöhten Importen im Sommer und erhöhten Exporten im Winter führen" könne. Wichtig sei es jedenfalls, Energie zu sparen.

Nach Erscheinen des Artikels meldete sich die EU-Abgeordnete Angelika Winzig (ÖVP) dazu zu Wort: "Die Aussagen unseres Fraktionskollegen Tomac sind falsch und mehr als entbehrlich. Er hat mit uns nicht einmal das Gespräch gesucht. Seine Aussagen sind weit weg von objektiver Kritik und aufs Schärfste zurückzuweisen." Es sei "traurig, dass solche rein politischen Anschuldigungen öffentlich ausgetragen werden"; Österreich arbeite daran, seine Gasversorgung zu diversifizieren. (Fabian Schmid, 13.9.2023)