Das Licht geht aus. Die Scheinwerfer tauchen die Bühne in gleißendes Licht. Die ersten schiefen Töne des Schulchors erklingen. Die Lehrerin Erin Carter steht am Ende des Saals und beobachtet die Aufführung. Plötzlich steht eine Frau im Publikum auf, sieht Erin an und verschwindet nach draußen auf den Gang. Die Lehrerin ist irritiert und folgt ihr. "Du bist es wirklich", sagt die unbekannte Frau.

Evin Ahmad in
Evin Ahmad in "Who is Erin Carter?" auf Netflix.
Foto: Netflix, Unit Photography

Hasserfüllt stürzt sie sich auf Erin. Es folgt eine wilde Hetzjagd mit Karateeinlagen durch den Gang in ein Klassenzimmer. An der Tafel schnappt sich Erin einen Zirkel und sticht damit zielsicher in den Hals der Angreiferin. Sofortiger Tod.

Es wird klar: Erin Carter ist keine gewöhnliche Lehrerin. Sie hat eine dunkle Vergangenheit. Doch wer ist sie? Um diese Frage dreht sich die Serie Who is Erin Cater (Wer ist Erin Carter?), die seit Wochen zu den zehn meistgesehen Netflix-Serien in Österreich zählt.

Who is Erin Carter? | Official Trailer | Netflix
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Alle Zutaten für einen Mainstream­erfolg sind vorhanden: Geheimdienste, korrupte Polizisten, Drogen, Vorstadtnachbarschaftsgezeter, bedrohte Kinder und kämpfende Mütter. Erin will ihre brutale Vergangenheit hinter sich lassen und ein ruhiges Leben in einem Dorf in Spanien führen. Doch ihr Alter Ego holt sie ein, und sie verstrickt sich in immer ausweglosere Situationen.

Die Serie stellt ungewöhnliche Fragen: Was heißt es, Mutter zu sein – ohne genetische Verwandtschaft? Wie weit kann Vertrauen missbraucht werden? Hat Vergebung Grenzen? Anstatt diese Diskussionen in brachialen Kämpfen auszutragen, hält der Film manchmal inne und bietet eine andere Lösungsstrategie: Sprache statt Gewalt. (Natascha Ickert, 14.9.2023)