Das Euro-Symbol vor der EZB. Am Symbol der Gemeinschaftswährung hängen die Sterne aus der EU-Flagge.
Die EZB hat im Kampf gegen die Inflation noch einen weiten Weg vor sich. Die Währungshüter wollen die Teuerung bei zwei Prozent sehen, aktuell liegt die Inflation in der Eurozone noch bei 5,3 Prozent. Im Oktober 2022 hatte sie mit 10,6 Prozent den höchsten Wert seit Bestehen der Eurozone.
APA/dpa/Sebastian Gollnow

In der Hoffnung, die nach wie vor hohe Inflation in den Griff zu bekommen, hat die EZB den Leitzins erneut erhöht. Zum zehnten Mal in Folge steigen damit die Zinsen. Aktuell wurde der Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent angehoben. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, klettert damit von 3,75 auf 4 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.

Video: EZB erhöht Leitzinsen ein weiteres Mal um 0,25 Prozentpunkte.
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Im Vorfeld der EZB-Sitzung gingen die Erwartungen weit auseinander. Die Wirtschaft im Euroraum schwächelt, eine weitere Zinserhöhung erhöht den Druck. Finanzierungen werden erneut teurer, das hemmt die Investitionsfreude. Die Konjunktursorgen werden mit höheren Zinsen nun verstärkt. Die EU hatte in den vergangenen Tagen ihre Aussichten für die Wirtschaft in Europa und der Eurozone bereits nach unten angepasst und rechnet heuer nur noch mit einem Wachstum von 0,8 Prozent. Andererseits gilt es, die Inflation zu drosseln. Im Eurozonenschnitt liegt die Inflation noch bei über fünf Prozent und damit weit weg vom EZB-Ziel von zwei Prozent.

Analysten loben Anhebung

"Zum Glück hat sich die EZB heute zu einer weiteren Zinserhöhung durchgerungen. Dafür verdient sie Lob", sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank. Aber es sei fraglich, ob die Leitzinsen bereits hoch genug sind, um das tiefsitzende Inflationsproblem zu lösen. "Vermutlich sind weitere Zinsschritte notwendig", sagt Krämer. Aber die EZB-Ratsmitglieder dürften wegen der fallenden konjunkturellen Frühindikatoren bald kalte Füße bekommen und die Zinsen in den kommenden Monaten nicht weiter erhöhen. Die Inflation wird im Durchschnitt der kommenden Jahre wohl deutlich über dem Ziel von zwei Prozent liegen.

"Mit der erneuten, aber vermutlich letzten Zinserhöhung um 25 Basispunkte schreitet die EZB auf ihrem Pfad der Inflationsbekämpfung richtigerweise voran", sagt auch Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer vom Versichererverband GDV. Zuletzt stagnierte die Teuerungsrate im Euroraum nur, anstatt weiter zu sinken. Auch alle aktuellen Inflationsprognosen deuteten derzeit darauf hin, dass das Inflationsziel 2024 verfehlt werde. "Damit war es noch zu früh, eine Pause einzulegen oder das Ende des Zinsanhebungszyklus auszurufen", sagt Asmussen. Laut dem Experten könnte jetzt aber der Moment erreicht sein, ab dem das Zinsniveau für eine längere Zeit auf dem nun erreichten Niveau gehalten wird, bis deutlich ins nächste Jahr hinein.

Mittlerweile gehen viele Volkswirte davon aus, dass die Euro-Wächter auf ihrem im Sommer 2022 eingeleiteten Straffungskurs nun den Zinshöhepunkt erreicht haben. Sie erwarten, dass die EZB den Schlüsselsatz für längere Zeit auf diesem Niveau halten wird, um die Inflation weiter einzudämmen.

Blick in die USA

In den USA steht die nächste Zinsentscheidung am 20. September an. Dort hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Zinsen seit Anfang 2022 aggressiv von nahe null auf eine Spanne von inzwischen 5,25 bis 5,5 Prozent nach oben gesetzt, um die Inflation zu dämpfen und den heißgelaufenen Arbeitsmarkt abzukühlen. Experten zufolge liefern die zuletzt gestiegene Arbeitslosenquote und der abebbende Boom am Jobmarkt den US-Währungshütern um Fed-Chef Jerome Powell Argumente für eine Zinspause. (bpf, 14.9.2023)