Am Podium sitzen Clemens Hasenauer (Kanzlei Cerha Hempel) und Patricia Neumann (Siemens) im Gespräch mit Karin Bauer.
Clemens Hasenauer und Patricia Neumann bei einem Abend für Jus-Studierende in der Kanzlei Cerha Hempel. Karin Bauer hat moderiert.
Regine Hendrich

Anfangen kann schwer sein. Wie sich spezialisieren? Wo andocken nach dem Studium, wie sich positionieren, was verlangen, wie weit sich anpassen in der Arbeitswelt der Etablierten? Clemens Hasenauer, Partner in der Kanzlei Cerha Hempel, öffnet die Wirtschaftskanzlei jährlich jungen Fachstudierenden beim "Big Deal". Da wird ganztags eine Mergers-&-Acquisitions-(M&A-)Fallstudie durchexerziert, und abends stellt sich eine oder ein CEO für alle Fragen zum Berufseinstieg, zur Karriere nahbar zur Verfügung. Wie haben Sie das gemacht? Was ist wichtig, was wird verlangt, und wie groß ist der Spielraum?

Siemens-CEO Patricia Neumann, eine der wenigen Frauen in einem Spitzenjob der Digitalisierung, war mit ihrer Vorzeigekarriere diese Woche Stargast. Eine Frau, die physische und digitale Welt in ihrem Beruf verbindet. Gleich vorweg: Von Arbeitszeitverkürzung im Babler’schen Sinn halten die beiden nichts. Dafür umso mehr von Flexibilität und bestmöglicher Anpassung des Arbeitsmodells.

Motivation ist entscheidend

Muss ich früh den klaren Plan haben? Neumann erzählt von ihren vielen Berufswünschen als Jugendlicher, sie habe auch Jus inskribiert, sich dann aber für die WU und Internationale Finanzen sowie Marketing entschieden. Hätte es Wirtschaftsrecht damals schon gegeben, sie hätte es gemacht. Ihr Faible für Sprachen hat sie über zwei Jahrzehnte für IBM ins Ausland gebracht, schließlich kehrte sie an die IBM-Spitze nach Österreich zurück. Seit Mai leitet sie Siemens Österreich mit rund 9.000 Mitarbeitenden (zuletzt 2,8 Milliarden Euro Umsatz) und ist als Lead Country für 25 Länder verantwortlich.

Die Mutter zweier Kinder spricht offen über Investments in die Arbeit, in Netzwerke. Beide, Hasenauer und Neumann, versichern den rund 70 Jungen allerdings: Es klappt nur mit intrinsischer Motivation. Wenn grundlegend Freude und Lust am jeweiligen Tun fehlen, dann geht es nicht. Als leidenschaftlich erweisen sich beide – und natürlich können sie an diesem ihren Punkt der Karriere auch schon scherzen und glaubhaft vermitteln, dass es eine Arbeitswelt geben kann, die zwar sehr fordernd, aber eben auch sehr bereichernd sein kann.

Auf Umwegen ans Ziel

Erleichterung im Publikum: Gerade Wege gibt’s so nicht. Hasenauer: "Ich schaue mir an: Will dieser junge Mensch den Beruf gerne machen? Das zählt wirklich." Sein LL. M in New York habe ihn dann zu M&A ­gebracht, Anwalt wollte er eigentlich gar nicht werden. Auch im Studium, sagen beide, hätten sie Hänger gehabt und ein paar Umwege ­gemacht. "Ich war schon manchmal sehr gelassen", sagt Neumann und lacht. "Am Ziel angekommen, das ist doch wichtig!"

Neumann: "Netzwerke, das kann ich nur allen mitgeben, sind enorm wichtig. Der Beitrag, den man gibt, ist wichtig." Ob es für Frauen anders sei? Neumann steigt darauf nicht ein: "Hier im Raum sehe ich eigentlich mehr Frauen." Die Hürden seien heute ähnlich für Mann und Frau. In der Frage der Work-Life-Balance sprechen beide über Selbstkompetenz. Neumann steht morgens vor der Familie (zwei Kinder) auf, das sei ihre persönliche "Denkzeit". Hasenauer wird vom Hund geweckt, sagt er.

Keine Leistungsverweigerung

Beide weisen Klagen über die schwierige Lage gut ausgebildeter Junger von sich, sprechen von den großen Chancen, die Junge inmitten von Krisen hätten: gestalten, einen Beitrag leisten. Neumann: "Ich wünsche Ihnen für Ihren Beruf, dass Sie Dinge tun, die Sinn ergeben. Das ist Erfolg." Von Leistungsverweigerung oder einer Schneeflockenattitüde junger Generationen können beide nicht berichten. Neumann: "Ich sehe bei uns 15-, 16-Jährige in der Lehre und frage mich: War ich auch schon so strebsam in dem Alter?"

Und neue Technologien, Stichwort künstliche Intelligenz? Beide liefern keine Exegese zum Ausgang dieser Entwicklung. Neumann: "Der Mensch, wofür er es einsetzt, macht den Unterschied." Hasenauer sieht erweiterte Aufgaben, neue Anforderungen in seinem Bereich. Sicher kein "end of lawyers". Eine krisenfeste Branche offenbar, für die er Junge begeistern will. (Karin Bauer, 17.9.2023)