Wieder einmal hat es die Politik im ostdeutschen Bundesland Thüringen geschafft, dass in ganz Deutschland über sie gesprochen wird – entweder mit Entsetzen oder mit Genugtuung. Das kommt auf die Betrachtungsweise an.

Thüringens AfD-Partei- und -Fraktionschef Björn Höcke ist mit der neuen Zusammenarbeit zufrieden. Demnächst muss er sich vor Gericht verantworten.
IMAGO/Jacob Schröter

Fakt ist: Diese Woche hat nun die Opposition im Thüringer Landtag, bestehend aus CDU, AfD und FDP, die rot-rot-grüne Minderheitsregierung unter Führung des Linken-Politikers Bodo Ramelow bei einem Gesetzesvorhaben überstimmt. So etwas kann vorkommen in einem Parlament, wenn die Regierung eben keine Mehrheit hat und sich die gesamte Opposition zusammentut.

Im Falle von Thüringen aber schlägt der Vorgang hohe Wellen. Denn eigentlich gibt es ja einen Beschluss der CDU, wonach diese auf keiner Ebene mit der rechtsextremen AfD zusammenarbeiten will. Nun ist es doch passiert.

Konkret geht es um die Senkung der Grunderwerbsteuer. Diese ist in Deutschland Ländersache und beträgt in Thüringen 6,5 Prozent des Kaufpreises einer Immobilie oder eines Grundstücks. Sie zählt damit zu den höchsten in Deutschland.

Das erschwere jungen Familien den Hauskauf oder -bau, befindet die CDU schon länger und verhandelte auch mit Rot-Rot-Grün über eine Senkung. Doch sie biss auf Granit. Also brachte die CDU einen eigenen Antrag in den Landtag ein, der eine Senkung auf fünf Prozent vorsieht. Dieser wurde dann mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP angenommen.

Auch gegen Gendern

Viele kritisieren nun, dass die CDU in Thüringen die Brandmauer zur AfD weiter einreiße. Denn im November hat die AfD bereits einen CDU-Antrag unterstützt, der geschlechtergerechte Sprache in Landtag und Landesregierung untersagt.

Nach dem Beschluss zur Grunderwerbsteuer sagt SPD-Chef Lars Klingbeil: "Friedrich Merz (CDU-Chef, Anm.) hat immer wieder gesagt, es gibt keine Zusammenarbeit mit der AfD. Heute hat man sich gemeinsam auf den Weg gemacht."

Der Thüringer CDU-Politiker Mario Voigt hingegen verweist auf eine Aussage von Kanzler Olaf Scholz. Der hat in einem Interview mit der "Thüringer Allgemeinen" gesagt: "Niemand sollte sich davon abhängig machen, wie die AfD abstimmt."

Rechts-außen Björn Höcke, der in Thüringen AfD-Partei- und -Fraktionschef ist, meint über die Zusammenarbeit mit der CDU: "Das ist pragmatische Politik."

Höcke muss sich demnächst vor Gericht verantworten. Ihm wird vorgeworfen, NS-Vokabular verwendet zu haben. 2021 erklärte er auf einer Wahlkampfveranstaltung: "Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland." (Birgit Baumann aus Berlin, 15.9.2023)