"Carbfix" betreibt Projekte in Island, die Kohlendioxid aus der Luft filtern und in Gestein einschließen.
Arno Melicharek

Seit dem Jahr 2011 ist es in Österreich verboten, CO2 im Boden zu speichern. Geht es nach Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), der auch für Bergbau zuständig ist, soll dieses Verbot bald fallen. Ein Evaluierungsbericht des Finanzministeriums zum Gesetz empfehle die Aufhebung des Verbots, erklärte der Minister vergangene Woche.

Das Speichern von CO2 – auf Englisch Carbon Capture and Storage (CCS) – gilt unter Klimaexpertinnen als zweischneidiges Schwert: Einerseits wird es als weithin als unumgänglich erachtet, will man die Klimaziele noch erreichen; andererseits besteht die Sorge, das Vertrauen auf Technologien wie CCS könne die Bemühungen untergraben, weniger CO2 auszustoßen.

CCS ist derzeit zwar technisch möglich, aber wirtschaftlich teuer und unrentabel. Aus dem Finanzministerium jedenfalls heißt es, dass es abseits konventioneller CO2-Einsparungen zusätzliche Strategien zur Bindung von Treibhausgasen brauche, um die österreichischen Klimaziele noch zu erreichen. "Ich bin dafür, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um CO2 transportieren, speichern und nutzen zu können", sagte Brunner im Gespräch vergangene Woche. Nach internen Analysen des Finanzministeriums müssten jährlich fünf bis zehn Millionen Tonnen CO2 gespeichert werden, um das österreichische Ziel der Klimaneutralität bis 2040 kosteneffektiv zu erreichen. Brunner betonte, dass im Vordergrund nach wie vor die Vermeidung und Einsparung von CO2-Emissionen stehe.

Dass ebendies nicht der Fall sei, befürchten Umweltschutzorganisationen. "Um die bisherige Untätigkeit des Finanzministeriums in Sachen Klimaschutz unter den Teppich zu kehren, wird jetzt mit dieser Hochrisikotechnologie in die Trickkiste gegriffen", kritisiert etwa Greenpeace-Expertin Lisa Tamina Panhuber. "CCS ist teuer, ineffizient und lenkt von der eigentlichen Sache ab."

Grüne nicht grundsätzlich abgeneigt

Der grüne Koalitionspartner hingegen sieht Brunners Ankündigung grundsätzlich positiv, allerdings habe das Finanzministerium den konkreten Vorschlag noch nicht übermittelt, erklärt der grüne Energiesprecher Lukas Hammer. "Die Grundvoraussetzung ist die Einbettung in eine breitere Strategie wie das Klimaschutzgesetz." Dieses müsse darauf abzielen, dass insgesamt möglich wenig CO2 im Boden verbuddelt werden muss.

"Wir brauchen Rahmenregeln für das Abscheiden von CO2", meint auch der Klimawissenschafter Karl Steiniger vom Wegener Center an der Universität Graz. Global sei die Technologie wichtig, um das CO2 besonders schwer dekarbonisierbarer Industrien aufzufangen. Die Entwicklung werde jedoch noch zehn bis zwanzig Jahre dauern, daher müsse schnell begonnen werden. "Allerdings muss unbedingt sichergestellt sein, dass der Ausstieg aus der Nutzung von fossilen Brennstoffen dadurch um keine Sekunde verlangsamt wird", erklärt Steininger. Die Vermeidung des Ausstoßes müsse klar Vorrang haben.

Laut Brunner jedenfalls soll Anfang bis Mitte 2024 soll eine sogenannte Carbon-Management-Strategie stehen, die auch konkrete Maßnahmen Richtung CCS beinhalten soll. Der Finanzminister ist diesbezüglich allerdings an die Zustimmung seiner Kollegin, der Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) gebunden.

Wärme-Gesetz wackelt

Als Stolperstein könnte sich dabei erweisen, dass in der ÖVP Stimmen lauter werden, die fordern, das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG), das den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen regeln soll, noch einmal aufzuschnüren. ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf hatte vergangene Woche im "Kurier" erklärt, dass das Gesetz, auf das sich die Regierungsparteien eigentlich schon vor Monaten geeinigt hatten, "von der Struktur her falsch aufgebaut wurde, da hat man nicht alles mitgedacht".

Die Klubobleute von ÖVP und Grünen bemühten sich rasch zu versichern, dass das EWG sehr wohl auf Schiene sei. "Die Verhandlungen zum EWG gehen zügig weiter", betonten August Wöginger und Sigrid Maurer umgehend in einer gemeinsamen Stellungnahme gegenüber der Austria Presseagentur. "Beiden Regierungspartnern ist bewusst, dass der Ausstieg aus Öl und Gas in der Raumwärme notwendig ist. Auch Kanzler Nehammer und Vizekanzler Kogler haben den Ausstieg aus der Abhängigkeit von Putin als gemeinsames Ziel formuliert", ließen die beiden wissen.

Was Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) betrifft, so erklärt dieser allerdings nun im Interview mit der "Kleinen Zeitung", dass er ebenfalls noch Handlungsbedarf sieht. Auf die Frage, ob das Gesetz am Ende sei, erklärt Nehammer es bedürfe der Adaptierungen. "Die Debatte in Deutschland war ein Weckruf, dass wir nichts tun, was die Menschen nicht mittragen. Wir wollen mit Fördermodellen arbeiten, die Grünen mit Ver- und Geboten. Es wird verhandelt, ich mache mir hier keine Sorgen." (Joseph Gepp, Alicia Prager, Regina Bruckner, 17.9.2023)