Ein Zehn-Euro-Schein auf einer Pinnwand. 
Nirgendwo sind variabel verzinste Kredite so weit verbreitet wie in Österreich, kritisiert die FMA. Sie will nun mehr darüber wissen
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Geht es nach der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA, so soll an den Vorschriften für die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten nicht gerüttelt werden. Diese sind ja in der KIM-Verordnung (KIM-VO) geregelt, die FMA hat sich diesbezüglich an die entsprechenden Empfehlungen des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) zu halten. Das Gremium ist derzeit allerdings nicht voll besetzt und daher nicht beschlussfähig.

Die Banken fordern die Aufhebung der Verordnung, diverse Politikerinnen und Politiker wie Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) plädieren bekanntermaßen für weitere Lockerungen. Der Vorstand der FMA, Helmut Ettl und Eduard Müller, sieht dafür keine Notwendigkeit.

"Nur Minimum-Standards"

Im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien erklärten sie am Montag, sie sähen keine Argumente, die eine weitere Aufweichung rechtfertigen würden. Die KIM-VO sieht vor, dass die Rückzahlungsrate für Immokredite an Private maximal 40 Prozent des verfügbaren Nettohaushaltseinkommens ausmachen darf, der Eigenmittelanteil muss mindestens 20 Prozent betragen, und die Maximallaufzeit liegt bei 35 Jahren. Im Frühling wurden Erleichterungen eingeführt, etwa im Zusammenhang mit Zwischenfinanzierungen.

In den Augen von Ettl erfüllt Österreich mit diesen Kreditvergabevorschriften für die Banken im europäischen Vergleich die "MinimumStandards, die gerade noch vertretbar sind". Er verwies einmal mehr auf die Preisentwicklung von Wohnimmobilien im Lande: Zwischen 2010 und Anfang 2022 seien die Preise um 115 Prozent gestiegen, die verfügbaren Einkommen um 55 Prozent. In der Eurozone dagegen seien Preise und Einkommen "im Gleichschritt" um jeweils rund 40 Prozent gestiegen. Um bis zu 40 Prozent seien Wohnimmobilien in Österreich überbewertet gewesen (Eurozone: rund 18 Prozent), inzwischen sind es gemäß Zahlen der Notenbank noch 25 bis 29 Prozent (Eurozone: 13 Prozent).

Aufsicht prüft Kreditvergabe

Wie es kommt, dass der Anteil an variabel verzinsten Wohnbaukrediten in Österreich so hoch ist (rund 50 Prozent) und warum es vor Einführung der KIM-VO im Juli 2022, als sich die Zinserhöhungen längst abzeichneten (die EZB setzte ihren ersten Zinsschritt am 21. Juli 2022; Anm.), trotzdem noch zu einem "massiven" Anstieg der Neukreditvergabe gekommen ist, das wollen die Bankenaufseher nun genau ergründen: Einer der Prüfungsschwerpunkte der FMA werden die Standards der Banken bei der Kreditvergabe sein, kündigte Ettl an. Die FMA selbst habe ja schon seit Jahren vor den Folgen von Zinserhöhungen gewarnt, nun werde man sich auch genau anschauen, "wie die Aufklärungsgespräche in den Banken ausgesehen haben".

Die Gefahr, dass nun viele Kredite notleidend werden, sieht die FMA derzeit aber nicht, die entsprechende Rate liege bei unter 1,8 Prozent, bei Wohnimmokrediten noch darunter. Zudem verdienten die Banken gut und hätten hohe Eigenmittelquoten, seien also auch für etwaige Stressfälle gut gerüstet.

Anlagebetrug explodiert

Was den Aufsehern aber sehr wohl Bauchweh bereitet, ist der "extrem angestiegene" Anlagebetrug, der "global geworden" sei, wie Müller sagte. Im Vorjahr gab es rund 2200 Meldungen an die FMA, heuer bereits 765 – und man sehe damit ja nur die Spitze des Eisbergs. Der Gesamtverlust habe 3,5 Millionen Euro betragen, in einem Fall habe ein Opfer allein 660.000 Euro verloren. Derzeit seien "authority scams" in Mode, bei denen sich die Betrüger als Mitarbeiter von Behörden ausgeben, oder die Netzwerkmarketing-Masche, bei der Opfern etwa vorgegaukelt wird, mit dem Verkauf von Unterrichtsmaterial für Finanzschulungen viel Geld machen zu können – dahinter stecken aber nur Pyramidenspiele. (Renate Graber, 18.9.2023)