Das Bild zeigt Schnurlostelefone von Gigaset
Die Zeit der Schnurlostelefone ist (weitgehend) passé – und Gigaset konnte das offenbar nicht kompensieren.
Gigaset

Der deutsche Festnetztelefon- und Smartphone-Hersteller Gigaset ist pleite. Das Unternehmen aus Bocholt mit 850 Mitarbeitern kündigte am Dienstag einen Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit für die börsennotierte Muttergesellschaft an und will die operative Tochter Gigaset Communications GmbH in Eigenregie sanieren. Grund für die Pleite sei "ein unerwarteter und erheblicher Umsatzrückgang im zweiten Halbjahr".

Die Nachfrage habe sich weiter abgeschwächt, Gigaset sei daher das Geld ausgegangen. Die Verhandlungen mit Geld- und Kreditgebern hätten sich "nicht ausreichend konkretisiert, um den notwendigen Finanzmittelzufluss zur Fortführung der Gigaset außerhalb eines Insolvenzverfahrens abzusichern", hieß es.

Managementfehler

Der zu Jahresbeginn von Bosch gekommene Vorstandschef Magnus Ekerot machte das ehemalige Management für die Schieflage verantwortlich: "Gigaset ist es während der letzten Jahre nicht gelungen, den Rückgang im Kerngeschäft mit Schnurlostelefonen (...) zu kompensieren." Diese "ungesunde und einseitige Geschäftsausrichtung" habe zu der misslichen Lage beigetragen. Nun gehe es darum, Gigaset auf eine solide wirtschaftliche Basis zu stellen. Neben Telefonen stellt Gigaset auch Rauchmelder und Alarmanlagen her.

Gigaset gehört seit 2014 mehrheitlich dem chinesischen Investor Sutong Pan über seine Investmentfirma Goldin Financial Holdings. Nach Angaben des Datendienstleisters LSEG hielt er zuletzt 72 Prozent der Anteile. An der Börse war das Unternehmen zuletzt noch 42 Millionen Euro wert. Die ehemalige Siemens-Tochter war 2008 an einen Finanzinvestor verkauft worden.

Vor zwei Wochen hatte Gigaset seine Prognosen deutlich nach unten korrigiert. Umsatz und operatives Ergebnis (Ebitda) sollten im laufenden Jahr anders als erwartet deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen. (APA, 20.9.2023)

Update, 21.9.: die österreichische Gigaset Communications Austria GmbH hat einen derartigen Insolvenzantrag nicht gestellt, wie das Unternehmen dem STANDARD schriftlich mitteilt:

„Die Gigaset AG mit Sitz in Bocholt (Deutschland) sowie deren mittelbare Tochtergesellschaft, die Gigaset Communications GmbH, haben Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens am zuständigen Amtsgericht Münster gestellt. Als operatives Herzstück der Gigaset hat die Gigaset Communications GmbH hierbei einen Antrag auf ein sogenanntes Eigenverwaltungsverfahren unter Fortführung des Geschäftsbetriebs gestellt. Damit verfolgt Gigaset einen geordneten Restrukturierungsprozess in Eigenverwaltung, mit dem Ziel, die operativen Geschäftstätigkeiten zukunftsfähig fortzuführen. Die Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebstätigkeiten von Europas Marktführer für DECT-Schnurlostelefone werden damit unverändert fortgeführt.

Die Tochtergesellschaft Gigaset Communications Austria GmbH mit Sitz in Wien hat keinen Insolvenzantrag gestellt. Damit bleiben die betrieblichen Abläufe in Österreich uneingeschränkt bestehen und alle Dienstleistungen von Gigaset werden unverändert fortgesetzt.“