Huawei spricht in diesen Tagen über die Zukunft von KI: von schnellerer Datenverarbeitung und baldigen Einsatzmöglichkeiten.
IMAGO/Chen Zeguo

Wenn man beim chinesischen Tech-Riese Huawei von künstlicher Intelligenz spricht, lässt man das Wort "künstlich" neuerdings gerne weg. Bestes Beispiel sind Vorträge auf der gerade stattfindenden Huawei Connect in Schanghai. Hier reden die Speaker von "beschleunigter Intelligenz" oder einfach nur "Intelligenz”.

Im Fokus steht allerdings nicht die Bezeichnung dieser gerade so umstrittenen und heißumkämpften Technologie, sondern die Lösung von damit verbundenen Problemen. Huawei prescht damit in einem Feld vor, das aktuell tatsächlich eines jener Dinge ist, die nach einer Lösung rufen: die Übertragung riesiger Datenmengen und deren Verarbeitung. Zum Training von KIs ist nämlich ein möglichst großer Pool an Daten nötig. Rechenleistung ist ein weiterer limitierender Faktor, der KI-Systeme derzeit langsam und teuer macht.

KI soll Leben retten

Am Mittwoch präsentierte das Unternehmen in Schanghai während der Keynote die eigene Lösung für diese Probleme. Laut David Wang, Executive Director of the Board, ist es Zeit, spezialisierte kleinere Modelle wie ChatGPT durch größere sogenannte Foundation Models abzulösen. Diese Systeme sind in der Lage, mehrere Aufgaben zu übernehmen, und nicht nur dafür geeignet, Texte oder Bilder zu generieren.

Derartige Modelle will Huawei zu Industrieanwendungen machen. So gibt es etwa ein Verkehrsmodell, das Verkehrsstörungen und Unfälle automatisch erkennt und dank mit der KI verknüpfter Ampeln automatisch Umleitungen einrichtet und Rettungskräfte oder die Feuerwehr verständigt. In Europa wäre ein solches System undenkbar, in China mit der nahezu lückenlosen Überwachung durch KI-gestützte Kameras jedoch schon.

Die KI-Revolution brauche vor allem Fachkräfte, die Modelle warten und anlernen, sagt Wang. Deshalb bildet Huawei laut eigenen Angaben aktuell 500.000 Studenten in KI-nahen Bereichen aus. "In den nächsten zwei Jahren wird künstliche Intelligenz jede einzelne Industrie durchdringen", ist sich Wang sicher. Als Beispiel, wie die Zukunft nach Vorstellungen von Huawei aussehen könnte, diente die Autofabrik in Yubei. Hier sind 12.000 Maschinen in einem Zehn-Gigabit-Netzwerk miteinander verbunden. Die Einführung KI-gestützter Fertigungssysteme soll die Steh- und Wartezeiten der Maschinen um 20 Prozent reduziert haben.

Schneller und effizienter

Ein weiterer Fokus auf der Huawei Connect war die Vorstellung von Superclustern für KI-Berechnungen. Der Atlas 900 verfügt über insgesamt 32 Kunpeng-920-Prozessoren und 64 Ascend-910-Prozessoren für die KI-Berechnung. Der wassergekühlte Cluster soll laut Angaben von Huawei der leistungsfähigste seiner Art weltweit sein. "Dauerte es früher Wochen, eine KI zu trainieren, können wir das jetzt in Tagen erledigen", so Wang. Die zugrunde liegende Architektur wurde ebenfalls deutlich vereinfacht, so soll es laut Wang möglich sein, ein neues Foundation Model einer KI mit nur zehn Codezeilen zu generieren.

Mögliche Anwendungsfälle wären die eingangs erwähnte Verkehrssteuerung oder auch die Bedarfsermittlung und Vorhersage der Produktion von neuer Energie. Huawei verwies auf Effizienzsteigerungen von fünf bis sechs Prozent, wenn eine KI etwa Windräder fernsteuert.

Bereits im Einsatz ist ein Wettermodell namens Pangu. Dieses wurde mit Daten aus 43 Jahren Wetterforschung trainiert. Die Wettervorhersagen sollen jetzt um den Faktor 10.000 schneller erstellt werden können – sagt man bei Huawei. Im Vergleich zum weltweit besten numerischen Wettervorhersagesystem, dem operationellen integrierten Vorhersagesystem des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage, zeigt Pangu bessere deterministische Vorhersageergebnisse. Das System eignet sich besonders für die Warnung vor Extremwetterereignissen, an denen es künftig wohl nicht mangeln wird.

Die Neuvorstellung von Huaweis KI-Plänen kommt mitten in einer heftigen politischen Debatte vor allem in der Auseinandersetzung mit den USA. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, hat erst am Dienstag US-Handelsministerin Gina Raimondo erklärt, dass die USA alles unternehmen würden, um den Chinesen die Möglichkeit zu nehmen, ihre Technologie in einer Weise weiterzuentwickeln, die den USA schaden könnte. (Peter Zellinger aus Schanghai, 20.9.2023)