Die Siegerinnen und Sieger beim King of the Lake: Anna Kofler (Frauen), Adrian Stieger (U23-Männer), Moran Vermeulen (Elite), Daniel Szalay (Männer) und Elisa Winter (U23-Frauen).
Martin Granadia

Es ist Europas größtes Zeitfahrrennen im Amateurbereich. 1400 Radfahrerinnen und Radfahrer aus 26 Nationen gingen vergangenen Sonntag beim King of the Lake am Attersee an den Start. Die Strecke ist 47,2 Kilometer lang, die Straßen rund um den See werden eigens für das Rennen gesperrt. Bei den Männern gab es eine Eliteklasse, also eine Wertung für Profis. Hier gewann der Steirer Moran Vermeulen mit einer Zeit von 56:53,94 Minuten und einem Schnitt von 49,8 km/h. Und bekam dafür 1000 Euro Preisgeld. Bei den Frauen gab es keine Eliteklasse, lediglich eine Wertung für Amateurinnen, die schnellste Fahrerin erhielt kein Preisgeld.

"Das ist eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen. Ich würde mir wünschen, dass wir hier schon weiter wären", sagt Magdalena Bernhard zum STANDARD. Die 27-Jährige aus Niederösterreich fuhr auf Platz acht im Einzelzeitfahren in der Kategorie Queen, also der Frauenamateure. Und sie schrieb noch am selben Tag eine E-Mail an den Veranstalter, den Radsportverein Atterbiker, in der sie sich einerseits für das tolle Rennen bedankte, aber auch Kritik an fehlender Gender-Equality äußerte.

Einen Tag später erhielt die 27-jährige Niederösterreicherin auf Instagram vom Veranstalter folgende Nachricht: "Hallo Magdalena, wir würden uns freuen, wenn du dich nächstes Jahr bei uns nicht mehr anmelden würdest. Bei uns wirst du nicht glücklich. Viel Erfolg in der Damen-Elite."

Erwin Mayer ist Obmann des Ausrichtervereins Atterbiker. Für den Oberösterreicher ist der King of the Lake ein Hobbyrennen für Amateure. Zwecks Leistungsvergleichs für ambitionierte Hobbyfahrer, aber auch für mehr Medienpräsenz wurden vor einigen Jahren bei den Männern auch Radprofis zugelassen. "Wir haben den Elitebewerb ins Leben gerufen, um die Amateure nicht zu konterkarieren", sagt Mayer zum STANDARD. "Das Thema ist uns ein Anliegen. Ein eigener Elite-Queen-Bewerb wäre schön, scheitert derzeit aber an den Gegebenheiten im Frauenradsport. Es starten trotz Einladung kaum Teilnehmerinnen aus Profilizenzteams, weil die an diesem Wochenende meist andere Rennen fahren. Wir haben Christina Schweinberger (WM- und EM-Dritte im Zeitfahren, Anm.) ebenso angefragt wie Carina Schrempf (Staatsmeisterin auf der Straße). Sie haben abgesagt, wären unsere Aushängeschilder gewesen. Es gibt zu wenige Elitefahrerinnen in Österreich", sagt Mayer.

Magdalena Bernhard kann Mayers Beweggründe nicht nachvollziehen. "Das Argument mit dem schlechten Niveau ist ein Blödsinn. Es waren dieses Jahr wieder viele starke Fahrerinnen dabei. Das Team Maxx-Solar aus Deutschland hat eine Profilizenz beim Radsportweltverband (UCI). Siegerin Anna Kofler wurde bei den Staatsmeisterschaften im Juni Dritte im Zeitfahren hinter Olympiasiegerin Anna Kiesenhofer und Schweinberger. Wenn kein Elitebewerb ausgeschrieben wird, kommen auch keine Topfahrerinnen. Da beißt sich die Katze in den Schwanz", sagt Bernhard.

Magdalena Bernhard wünscht sich Equal Pay beim King of the Lake.
Franz Unterberger

Auf Instagram entschuldigte sich der "King of the Lake" in einem Antwort-Posting bei Bernhard. "Nach den letzten harten Tagen, die großteils mit Freude und Erleichterung gefüllt waren, ist man nun mit Vorwürfen auf Social Media konfrontiert, die uns als Veranstalter nur den Kopf schütteln lassen. Und dies hat dazu geführt, dass auch uns der Kragen geplatzt ist - dafür möchten wir uns offiziell entschuldigen!" Am Donnerstag folgte auch ein persönliches Telefonat mit Bernhard, in dem sich der Veranstalter nochmals bei ihr entschuldigte.

Bernhard ist von Beruf Bratschistin, spielt in diversen Orchestern und unterrichtet. 20 bis 25 Stunden pro Woche Radtraining organisiert sie rund um ihren Job. Sie fährt für Pbike Racing Team, der Wiener Radverein zahlt ihr Startgebühren für Rennen und die Bekleidung, ihre Karriere als Radsportlerin finanziert sich die 27-Jährige selbst. "Ich habe keinen Maulkorb umgehängt. Profis trauen sich aus Rücksicht auf ihre Sponsoren oft nicht, heikle Themen im Radsport anzusprechen."

Auch Sieger Vermeulen hat sich zur Thematik geäußert. Der 26-jährige Steirer ist Profi beim Team Vorarlberg, das mit einer Continental-Lizenz in der dritthöchsten von drei Leistungsklassen im Weltradsporverband (UCI) geführt wird. Vermeulen macht sich dafür stark, dass Frauen beim King of the Lake Preisgeld erhalten sollen.

Gehört zu Österreichs besten Zeitfahrerinnen: Anna Kofler.
Sportograf

"Ich vergönne ihm seinen Erfolg, er ist ein toller Fahrer. Ich wünsche mir auch keine Teilung des Preisgeldes. Es sollte genug Geld für einen Sieger und eine Siegerin da sein", sagt Bernhard. Erwin Mayer betont, dass es in den Hauptkategorien für Männer und Frauen gleiche Sachpreise gab, "mit gleicher Wertigkeit zum Elite-Sieger". Die schnellste Amateurin und der schnellste Amateur bekamen eine Smartwatch im Wert von 600 Euro.

"Für eine eigene Elite-Wertung bei den Frauen fehle eine sinnvolle nationale und internationale Lizenzzuordnung", heißt es vom Veranstalter. Ein Großteil der österreichischen Starterinnen im vorderen Drittel habe eine Elite-Lizenz. Teilweise kommen Fahrerinnen wie die mehrmalige Gesamtsiegerin Adelheid Schütz aus Deutschland mit einer ausländischen Masters-Lizenz an den Start und gälten somit als Amateurinnen. "Es gibt auch viele Starterinnen, die ohne Lizenz unterwegs sind, dazu zählen auch Triathletinnen, die ebenfalls gut Zeitfahren können. Eine Aufsplittung in Elite und alle anderen Teilnehmerinnen wäre daher willkürlich". Für Bernhard ist das ein Verstecken hinter der Bürokratie: "Die Lizenzbedingungen für die Elite kann man klar regeln. Diese Erklärung ist eine zu einfache Ausrede." (Florian Vetter, 22.9.2023)