Das Bild zeigt ein T-Shirt mit dem Fahndungsplakat eines Hackers
Mikhail Matveev macht sich offenbar einen Spaß draus, dass er vom FBI gesucht wird.
Screenshot/X

Kurzes Gedankenspiel: Was würden Sie machen, wenn Sie auf der Most-Wanted-Liste des FBI stünden? Würden Sie eher versuchen, sich unauffällig zu verhalten, öffentliche Auftritte zu meiden, also auch einer Festnahme aus dem Weg zu gehen, oder würden Sie sich gleich den Behörden stellen? Wie auch immer Sie sich entscheiden würden: Nicht viele kommen auf die Idee, sich über die Fahndung auch noch lustig zu machen. Mikhail Matveev, ein berüchtigter russischer Hacker, der auch unter den Namen "Wazawaka" und "Boriselcin" bekannt ist, scheint da keinen Genierer zu haben. In einem provokanten Tweet auf X (ehemals Twitter) hat er seinen Followern unter dem zynischen Handle @ransomboris nun T-Shirts mit seinem eigenen FBI-Suchplakat angeboten.

Keine Scheu vor Anfragen

Matveev ist alles andere als ein unbedeutender Akteur im digitalen Untergrund: Er wurde von der US-Regierung wegen angeblicher Beteiligung an "bedeutenden Angriffen" gegen Unternehmen und kritische Infrastrukturen angeklagt. In der Anklageschrift wird ihm vorgeworfen, eine "zentrale Figur" bei der Entwicklung und dem Einsatz von berüchtigten Ransomware-Programmen wie Hive, LockBit und Babuk zu sein. Aufgrund der Schwere dieser Vorwürfe steht er auch auf der Liste der meistgesuchten Personen des FBI.

Doch Matveev ist weit davon entfernt, sich zu verstecken, sondern scheint seine zweifelhafte Berühmtheit zu genießen. Er ging sogar so weit, seine Identität öffentlich zu bestätigen, als er von einem TechCrunch-Journalisten angesprochen wurde, und zeigte dabei seine vierfingrige linke Hand – ein Detail, das mit seinem FBI-Profil übereinstimmt. Er erklärte sich auch zu einem Interview bereit, wich aber inhaltlichen Fragen aus und wehrte sich dagegen, als "Hacker" bezeichnet zu werden.

Keine Handhabe

Sein Verhalten findet vor einem geopolitischen Hintergrund statt, der die Bemühungen erschwert, ihn vor Gericht zu bringen. Zwischen Russland und den USA gibt es kein Auslieferungsabkommen, und in der Vergangenheit hat sich Russland bei der Verfolgung von Cyberkriminellen, die innerhalb seiner Grenzen operieren, auffallend zurückhaltend gezeigt – natürlich nur solange durch sie keine russischen Interessen gefährdet sind.

So konnte Matveev sein Leben im Prinzip so weiterführen wie vor der Anklageerhebung. Er hat sogar ein Gefühl des Wohlbefindens und der Zufriedenheit zum Ausdruck gebracht, indem er in einem – inzwischen gelöschten Video – erklärte, dass "alles gut ist" und dass ihn sogar die Sanktionen gegen Russland glücklich machen.

Der Fall Matveev ist somit auch ein gutes Beispiel für die Hürden, gegen die Regierungen und Unternehmen bei der wirksamen Bekämpfung der Cyberkriminalität ankämpfen. So befremdlich seine öffentlichen Eskapaden sein mögen, verdeutlichen sie aber auch die Grenzen des bestehenden Rechtsrahmens und der internationalen Zusammenarbeit im Umgang mit kriminellen Aktivitäten. Sein Fall stellt eine Herausforderung dar, die über seine eigenen Handlungen hinausgeht und auf umfassendere systemische Probleme hinweist, die die internationale Gemeinschaft im laufenden Kampf gegen die Cyberkriminalität eigentlich angehen sollte. (bbr, 20.9.2023)