Ein Schriftstück wird unterzeichnet.
Wenn kein Testament vorliegt, könnte gerade bei alten Menschen eine Verfügung auftauchen, die unter fragwürdigen Umständen entstanden ist.
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Es gibt sie noch, die ganz traditionelle Familie mit einer intakten ersten Ehe, zwei Kindern, die von den Eltern gleichermaßen geliebt werden und sich auch untereinander gut verstehen. Gibt es hier einen Bedarf für ein Testament, wenn die gesetzliche Erbfolge, die beim Tod eines Elternteils ohne letztwillige Verfügung zur Geltung kommt, ohnehin zu einem befriedigenden Ergebnis führt? Die sieht bekanntlich vor, dass der Ehepartner ein Drittel und die Kinder zwei Drittel erben – also in diesem Fall alle das Gleiche.

Noch einfacher ist es bei geschiedenen, nicht wieder verheirateten Eltern mit einem einzigen Kind, die diesem alles vermachen wollen. Das würde auch die gesetzliche Erbfolge vorsehen. Kann man in diesen Fällen auf ein Testament verzichten?

Besser nicht, sagt der Wiener Notar Georg Schreiber. Auch bei unkomplizierten Familienverhältnissen und moderaten Vermögen sei ein Testament ratsam. Wenn keines vorliegt, könnte gerade bei alten Menschen eine Verfügung auftauchen, die unter fragwürdigen Umständen entstanden ist. Und dann sei es in einem Verfahren schwer zu beweisen, dass dies nicht dem Willen des Verstorbenen entspreche.

"In einem Testament soll der Wille des Erblassers wiedergegeben werden, dass dieser im Verlassenschaftsverfahren wirklich umgesetzt werden kann", sagt Schreiber. So könne man weiters festlegen, dass einzelne Gegenstände oder Beträge an dritte Personen gehen. Werde ein solcher Wunsch dem gesetzlichen Erben nur informell mitgeteilt, fehle die Rechtssicherheit.

Ersatzerben für den Notfall

Ein weiterer Aspekt, der in einem Testament geregelt werden sollte, sind Ersatzerben für den tragischen Fall, dass mehrere Familienmitglieder gleichzeitig sterben, etwa ein Ehepaar bei einem Verkehrsunfall. Die logischen Ersatzerben wären dann die Kinder, die alles erben würden. Auch das gehöre im Testament vermerkt, sagt Schreiber.

Aber was geschieht, wenn die gesamte Familie bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt? So unwahrscheinlich ein solches Szenario auch ist, sollten in einem Testament für diesen außergewöhnlichen Fall weitere Ersatzerben angegeben werden. Diese sind oft im weiteren Familienkreis in der nächsten Generation zu finden, etwa Neffen und Nichten, wobei ein Teil auch karitativen Zwecken gewidmet werden könnte. Fehlen solche Angaben, dann droht das Vermögen über die gesetzliche Erbfolge an entfernte Verwandte zu gehen, die man gar nicht als Erben will, warnt Schreiber.

Weitere Ersatzerben sind im Normalfall überflüssig. Dass eine ganze Großfamilie wie die britischen Royals im Film König Ralph ausgelöscht wird, gehört doch eher in die Welt der Hollywood-Fantasien. (Eric Frey, 22.9.2023)