Eine Brille, die gleichzeitig auch ein smartes Device ist: Diese Idee hatte vor einigen Jahren ein nicht ganz unbekanntes Unternehmen namens Google. Wie die Geschichte ausgegangen ist, dürfte bekannt sein. Auf einen veritablen Backlash folgte der baldige Tod von Google Glass im Consumer-Markt und zuletzt auch die Einstellungen des Supports für Unternehmen.

Amazon hat aus diesem Vorfall gelernt und verzichtet für seine Echo Frames auf ein entscheidendes Hardware-Merkmal: Eine Kamera gibt es hier nicht. Stattdessen setzt man einerseits auf Sprachsteuerung, packt also quasi Alexa in die Brille. Klingt interessant, ist es auch, also hat sich DER STANDARD das Ganze am Rande der Vorstellung der neuesten Hardwaregeneration von Amazon gleich einmal näher angesehen.

Vieles neu

Die Voraussetzungen dafür sind schon mal gut: Amazon hat nämlich gerade eine neue Generation seiner Echo Frames vorgestellt, und es ist die mittlerweile bereits dritte. Warum von diesen Brillen in Europa relativ wenig zu hören ist, ist ebenfalls schnell erklärt: Derzeit sind sie nur in den USA erhältlich, technisch sind sie aber auch darüber hinaus interessant.

Echo Frames
Die Echo Frames gehen auf den ersten Blick als relativ normale Brillen durch.
Proschofsky / STANDARD

Auf den ersten Blick sieht das Ganze wie eine relativ normale Brille mit einem dickeren Rahmen aus. Bei der dritten Generation gibt es einige neue Designs, auch an der Verarbeitungsqualität wurde merklich geschraubt, beides geht gut auf. Vor allem jene Modelle, die etwas dicker auftragen – Paradebeispiele sind welche, die in Kooperation mit Carrera designt wurden –, passen gut zu dem Konzept. Bei Ausführungen mit sonst schlankem Rahmen wirkt die Verbreiterung durch die Elektronik hingegen deutlich störender.

Lautsprecher

Besagter Rahmen enthält vor allem Lautsprecher, die nahe am Ohr gehalten sind. Anders als man vielleicht erwarten könnte, nutzen die Echo Frames also keinen Knochenschall. Das heißt auch: Die Umgebung hört immer in einem gewissen Maß mit, vor allem wenn die Lautstärke höher gedreht wird. Umgekehrt hat das aber auch Vorteile, es isoliert weniger von der Umwelt als etwa Earbuds.

Dass Amazon die Echo Frames auch zum Musikhören bewirbt – die neue Generation soll sogar dreimal so viel Bass haben wie ihre Vorgänger – darf trotzdem als gewagt bezeichnet werden. Im kurzen Test war die Audioqualität wenig überraschend überschaubar, da ist jeder auch noch mit den billigsten Earbuds besser dran. Das laute Umfeld eines solchen Events hilft auch nicht bei der Verständlichkeit.

Echo Frames
Bei näherer Betrachtung ist der dickere Rahmen deutlich zu sehen
Proschofsky / STANDARD

Alexa

Die Steuerung erfolgt wie gesagt vor allem per Sprache, das ging im Test durchaus gut, vergleichbar ist das vom Niveau her wieder mit dem, was manche Earbuds schon jetzt bieten. Voraussetzung ist die Anbindung an ein Smartphone mit Alexa-App.

Zusätzlich gibt es am Rahmen der Brille aber auch einige Knöpfe, etwa um die Lautstärke zu regeln, Musik abzuspielen und zu pausieren oder Anrufe anzunehmen. Letzteres erscheint übrigens noch als eines der realistischeren Einsatzszenarien für diese Brillen. Für Hintergrundbeschallung ohne Qualitätsansprüche reicht das Ganze natürlich auch.

All-new Echo Frames (3rd Gen, 2023 release) | Amazon Alexa
In einem Werbevideo zeigt Amazon, wie man sich die Nutzung der Echo Frames vorstellt.
Amazon Alexa

Mehr Akku

In Hinblick auf die Akkulaufzeit verspricht Amazon sechs Stunden aktive Nutzung. Das wäre recht ordentlich und vor allem viel besser als bei den Vorgängern, die mit drei bis vier Stunden auskommen mussten. Überprüfen ließ sich das in dem Rahmen eines solchen kurzen Hands-on nicht.

An sich waren die genutzten Rahmen durchaus gut designt, trotzdem: Wie immer bei Brillen mit höherem Gewicht ist der Tragekomfort auf Dauer überschaubar. Wobei so etwas oftmals eine sehr subjektive Angelegenheit ist und auch genauerer Anpassung bedürfe. Uneingeschränkt erfreulich ist hingegen, dass sich die Echo Frames auch mit optischen Brillengläsern bestücken lassen.

Fazit

In Summe wirkt das Ganze wie ein nettes Experiment, aber ehrlich gesagt auch nicht mehr. Es mag durchaus interessante Anwendungsszenarien geben – etwa für Menschen mit Hörproblemen, die die Echo Frames leicht mit ihrem Hörgerät kombinieren können –, für die breite Masse erschließt sich die Sinnhaftigkeit aber kaum. Für diese sind Earbuds fast immer die bessere Lösung für einen ähnlichen Aufgabenbereich.

Echo Frames
Es gibt die Echo Frames in sehr unterschiedlichen Stilen
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Wer sich davon nicht abhalten lässt, der kann beim nächsten US-Trip die Echo Frames um 269,99 US-Dollar erwerben. Vorausgesetzt, es gibt sie bis dahin schon, einen fixen Liefertermin für die neue Gerätegeneration nennt Amazon nämlich noch nicht. (Andreas Proschofsky, 21.9.2023)