Der Salat mit roten Rüben landete am häufigsten vom Teller in der Tonne. Daran änderten auch bessere Rezepturen nichts. Das Orthopädische Spital Speising der Vinzenz-Gruppe verköstigt daher nur noch jene Patienten mit der säuerlich-bitteren Bete, denen diese als Diätkost vorgeschrieben ist.

Krankenhäuser unterziehen ihre Küchen einem schärferen Monitoring. Es geht um viel Geld.
Christian Fischer

Karin Wohlfarter arbeitet für den Gemeinschaftsverpfleger Kulinario, der für die Ordensspitäler täglich an die 1300 Essensportionen kocht. Sie erzählt von Analysen der Restln, die retour in die Küche kommen und die dabei helfen sollen, die Verschwendung von Nahrungsmitteln in Österreichs Krankenhäusern zu bremsen.

Spitäler entsorgen im Schnitt ein Drittel der ausgegebenen Speisen im Müll, errechnete die Initiative United Against Waste gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur. Die Reste, die bei der Zubereitung anfallen, sind darin noch nicht enthalten.

In Wiener Krankenanstalten liegt der Anteil an weggeworfenem Essen zwischen 14 und 46 Prozent, berichten Experten. Österreichweit enden an einzelnen Standorten teils mehr als die Hälfte der servierten Gerichte im Abfall, zieht Franz Tragner von United Against Waste Bilanz.

110 Millionen Euro im Müll

Er beziffert die Summe an unverdorbenem Spitalsessen im Müll mit jährlich 20.000 Tonnen – was einem Warenwert von 110 Millionen Euro entspreche. Eine Stadt wie Tulln ließe sich damit zwei Jahre lang ernähren. Auf mehr als 320 Millionen Euro erhöht sich dieser Wert, fließen vermeidbare Lebensmittelabfälle der Wirte und Hoteliers mit ein.

Es ist eine Vergeudung von Rohstoffen, Energie, Arbeitszeit und Logistik, die letztlich die Preise für Lebensmittel mit antreibt. Im Schnitt verlor ein Krankenhaus dadurch im Vorjahr Tragner zufolge 421.000 Euro – Geld, das dem finanziell angespannten Gesundheitssystem fehlt.

Es ist vor allem die fehlende Planung der Krankenhäuser, die Großküchen, die Vorlaufzeiten brauchen, ungenau disponieren lässt. Spitäler selbst sind Orte des Kommens und Gehens, mit Patienten, die operiert werden, in oft nicht vorhersehbarer gesundheitlicher Verfassung. Strenge Hygienerichtlinien fordern Verpfleger ebenso heraus wie diätologische Vorgaben. Essen ist hoch zu erhitzen, gehört warmgehalten oder aufgewärmt, was den Appetit ebenso wenig anregt wie sparsam gewürzte Schonkost. Schmerzen und andere Unannehmlichkeiten im Zuge eines Spitalsaufenthalts tragen zusätzlich dazu bei, dass auf den Tellern vieles unangetastet bleibt.

Halbierung der Abfälle

Umweltministerin Leonore Gewessler von den Grünen ortet in Gesundheitseinrichtungen ein riesiges Potenzial im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. Sie erinnert daran, dass sich Österreich gemäß dem Uno-Nachhaltigkeitsziel dazu verpflichtet hat, vermeidbare Essensabfälle bis 2030 zu halbieren.

Das Spital Speising sieht sich auf gutem Weg dorthin. Seit 2018 sei dank Monitorings der Verlust an Lebensmitteln um ein Viertel gesunken, sagt Wohlfarter. So wurde etwa der Anteil an Fleisch in den Menüs, das Patienten oft links liegen lassen, reduziert. Übermengen würden vermehrt weiterverarbeitet. Geschicktere Planung erleichtere es, Lebensmittel als Gesamtes zu verwerten.

Der Wiener Gesundheitsverbund hebt die Kliniken Hietzing und Favoriten als Vorreiter hervor.

Einst hatte jedes Wiener Spital eigene Küchen. Bis aus Kostengründen neue Modelle gesucht wurden. Eine klare Entscheidung darüber, ob zentral gekocht werden soll, fiel bis heute nicht, sagen Branchenkenner. In der Praxis versorge nun ein Krankenhaus sich und ein weiteres oder beauftrage externe Dienstleister. Doch je weiter eine Krankenstation von der Küche entfernt sei, desto komplexer werde die Planung.

Große Unterschiede bei Bio

Geht es um schonenden Umgang mit Ressourcen, spielt auch Bio eine gewichtige Rolle. Knapp 40 Prozent der in Spitälern des Wiener Gesundheitsverbunds verarbeiteten Lebensmittel haben Bioqualität. Niederösterreich übt sich in ebenso hohen Bio-Anteilen. In den Landeskrankenhäusern Burgenlands sind diese mit rund 70 Prozent noch deutlich höher. Private Träger sehen sich freilich an keine Bio-Quoten gebunden. Auch Kulinario, die Tochter der Vinzenz-Gruppe, ist nicht biozertifiziert. (Verena Kainrath, 26.9.2023)