Nicht nur Meere und Seen erwärmen sich durch die Klimaerhitzung immer stärker und haben einen immer geringeren Sauerstoffgehalt. Auch bei Fließgewässern ist das der Fall, wie ein Forschungsteam mit österreichischer Beteiligung im Fachjournal "Nature Climate Change" berichtet. Für die Studie wurden 580 Flüsse in den USA und 216 Flüsse in Europa (152 davon in Österreich) untersucht. Von 1981 bis 2019 wurde bei 87 Prozent davon eine Erwärmung und bei 70 Prozent ein Sauerstoffverlust verzeichnet.

"Wir wissen, dass die Erwärmung des Klimas zu einer Erwärmung und einem Sauerstoffverlust in den Ozeanen geführt hat, aber wir haben nicht erwartet, dass dies auch in fließenden, flachen Gewässern passiert", sagte Studienautorin Li Li von der Pennsylvania State University. Schließlich erleichtere das fließende Wasser in Flüssen und Bächen den Gasaustausch zwischen Luft und Wasser, Licht fördere die Photosynthese und damit die Sauerstoffproduktion, schreiben die Forschenden. Doch die Ergebnisse der aktuellen Studie würden "erhebliche Auswirkungen auf die Wasserqualität sowie die Gesundheit der aquatischen Ökosysteme zeigen".

Loire Fluss Frankreich Trockenheit Dürre Klimawandel
Die Loire in Frankreich erlebte diesen Dürresommer dramatische Tiefstände. Die Wassertemperatur vieler Fließgewässer steigt rapide, der Sauerstoffgehalt sinkt.
AFP/GUILLAUME SOUVANT

Fische in Bedrängnis

Das Team hat für die Studie ein Deep-Learning-Modell trainiert, das aus Daten unter anderem über Wetter, Wasserqualität, Topografie, Landnutzung die tägliche Wassertemperatur und Sauerstoffgehalt der untersuchten Flüsse rekonstruiert und für die Zukunft prognostiziert hat. Demzufolge nimmt die Wassertemperatur von Flüssen schneller zu als jene von Ozeanen, aber langsamer als jene von Seen. Die mittlere Erwärmungsrate des Flusswassers pro Jahrzehnt betrug 0,16 Grad Celsius in den USA und 0,27 Grad Celsius in Mitteleuropa, was bei 85 Prozent der Flüsse auf den Anstieg der Lufttemperatur zurückzuführen ist.

Der Studie zufolge erwärmten sich städtisch geprägte Flüsse in der jüngeren Vergangenheit am schnellsten. Hauptursachen dürften Hitzeinseln und warme Abwasser sein. Die Wassertemperatur von Flüssen, die vorwiegend durch landwirtschaftlich genutzte Regionen fließen, stieg hingegen am langsamsten, gleichzeitig wiesen diese Gewässer aber die schnellste Sauerstoffabnahme auf. Für die Zukunft prognostiziert das Modell, dass sich bis 2100 die Änderungsraten bei der Wassertemperatur und der Sauerstoffabnahme noch erhöhen werden. In den nächsten 70 Jahren könnten speziell in den USA bestimmte Fischarten aufgrund längerer Perioden mit sehr geringen Sauerstoffkonzentrationen vollständig aussterben.

Flächendeckender Temperaturanstieg

Im Gegensatz zu den Fließgewässern in den USA sei in den untersuchten österreichischen Bächen und Flüssen die Gefahr für sehr geringe Sauerstoffkonzentrationen kaum gegeben. "Dennoch ist in Österreich im gegenwärtigen Jahrhundert, unter den Vorzeichen der untersuchten Klimaszenarien, mit einem nahezu flächendeckenden Temperaturanstieg und einer Abnahme der Sauerstoffkonzentrationen in den Fließgewässern zu rechnen", sagte Christoph Klingler vom Institut für Hydrologie und Wasserwirtschaft der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. Dabei sei ein vollständiger Gletscherschwund, der in einigen Gewässern noch zu einer weiteren Verschärfung zumindest hinsichtlich der Temperaturerhöhung führen würde, in den Studienergebnissen noch gar nicht berücksichtigt.

Die im Wasser lebenden Tiere würden dadurch weiter beeinträchtigt, da deren Sauerstoffbedarf mit steigender Wassertemperatur meist ebenfalls ansteigt. Eine Konsequenz daraus sei zum Beispiel die Verschiebung von Lebensräumen in Richtung Quelle, "wodurch vor allem die Forellenregion eine Verkleinerung erfahren wird", sagte Klingler. Insgesamt sei die Entwicklung alarmierend und würde die aquatische Vielfalt bedrohen, wie die Studienautoren festhalten. (red, APA, 25.9.2023)